Politik

Italien kündigt Schließung der Häfen für Schiffe mit Flüchtlingen an

Lesezeit: 2 min
22.06.2018 15:04
Italien verschärft seinen Kurs gegen Deutschland in der Flüchtlingspolitik.
Italien kündigt Schließung der Häfen für Schiffe mit Flüchtlingen an

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Kurz vor dem EU-Sondergipfel zur Flüchtlingspolitik hat Italien seine harte Haltung bekräftigt. "Die italienischen Häfen stehen den Schleppern nicht mehr zur Verfügung, öffnet die maltesischen und französischen Häfen", sagte Innenminister Matteo Salvini am Freitag bei einer Wahlkampfveranstaltung in Siena mit Blick auf seine Ankündigung, Flüchtlings-Hilfsschiffe privater Organisationen nicht mehr in italienische Häfen einlaufen zu lassen. Die Regierung in Rom will zwei Schiffe deutscher Flüchtlingshelfer im Mittelmeer beschlagnahmen lassen.

Mit Blick auf Schiffe deutscher Hilfsorganisationen erklärte Salvini am Freitag, das "illegale Schiff 'Lifeline'" mit seiner "Ladung von 239 Einwanderern" befinde sich in maltesischen Gewässern. Italien habe Malta aufgefordert, es in einen Hafen einlaufen zu lassen. "Natürlich muss das Boot anschließend beschlagnahmt und die Besatzung festgenommen werden", schrieb der italienische Innenminister im Kurzmitteilungsdienst Twitter.

Aus maltesischen Regierungskreisen hieß es dagegen, es liege keine offizielle Aufforderung mit Blick auf die "Lifeline" vor. Bereits am Donnerstag hatte der italienische Verkehrsminister Danilo Toninelli angekündigt, die "Lifeline" und das Schiff "Seefuchs" der privaten deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye beschlagnahmen zu lassen. Er warf ihnen vor, auf illegaler Grundlage unterwegs zu sein. Die Organisationen weisen dies zurück.

Die Schiffe seien nach Angaben der Regierung in Den Haag "illegitim und illegal" unter niederländischer Flagge gefahren, sagte Toninelli. Die Vertretung Den Haags bei der Europäischen Union erklärte im Kurzbotschaftendienst Twitter, die beiden Schiffe seien nicht in den niederländischen Registern verzeichnet. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte mit Blick auf die beiden Schiffe, Deutschland stehe mit allen Beteiligten in Kontakt und setze sich für rasche Lösungen ein.

In Italien regiert seit drei Wochen eine Koalition aus Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung. Italien habe "noch nie so im Zentrum gestanden", freute sich Salvini am Freitag bei seinem Wahlkampfauftritt vor der zweiten Runde der Kommunalwahlen. Salvini hatte in der vergangenen Woche bereits mit der Abweisung des Flüchtlingshilfsschiffs "Aquarius" mit 630 Menschen an Bord Schlagzeilen gemacht. Das Schiff irrte daraufhin eine Woche über das Mittelmeer, bevor es schließlich in Spanien anlegen konnte.

Am Donnerstag hatte Salvini mit einem Boykott des EU-Sondergipfels zur Einwanderungspolitik gedroht: Wenn es nur darum gehe, dort "von den Franzosen und den Deutschen vorbereitete Hausaufgaben zu bekommen, sollten wir uns das Reisegeld besser sparen", erklärte er. Italiens Regierungschef Giuseppe Conte sagte schließlich aber doch zu, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CSU) nach seinen Worten einen Textentwurf für eine Gipfelerklärung zurückgezogen und von einem "Missverständnis" gesprochen hatte.

Erneut lieferte sich Italiens Innenminister ein Fernduell mit Frankreich. Nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron die nationalistische Stimmung in Teilen Europas als neue "Lepra" bezeichnet hatte, sagte Salvini: "Wir sind vielleicht leprakranke Populisten, aber Lektionen lasse ich mir nur von jemandem erteilen, der seine Häfen öffnet. Nehmen Sie die tausenden Einwanderer auf, und wir können nochmal darüber reden!", erklärte er an Macrons Adresse gewandt.

Frankreich hat die von der EU vorgegeben Quote für die Aufnahme von Flüchtlingen bis heute nicht erfüllt. Erst vor wenigen Tagen hatten französische Behörden Migranten und Flüchtlinge mit Gewalteinsatz daran gehindert, die Grenze zu überschreiten.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Handel warnt vor „Geisterstädten“ - tausende Geschäftsschließungen
23.04.2024

Seit Jahren sinkt die Zahl der Geschäfte in Deutschlands Innenstädten - auch weitere Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof müssen bald...

DWN
Technologie
Technologie Ocean Cleanup fischt 10.000 Tonnen Plastikmüll aus Ozeanen und Flüssen
23.04.2024

Ein Projekt fischt Tausende Tonnen Plastik aus dem Meer und aus Flüssen. Eine winzige Menge, weltweit betrachtet. Doch es gibt global...