Politik

Betriebsrat fürchtet Zerschlagung von Thyssenkrupp

Lesezeit: 1 min
05.07.2018 22:04
Thyssenkrupp-Chef Hiesinger tritt ab, der Betriebsrat hält eine Zerschlagung des Konzerns durch Finanzinvestoren.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Nach dem voraussichtlichen Abgang von Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger haben die Arbeitnehmervertreter vor einem Ausverkauf des Mischkonzerns gewarnt. "Ich sehe die Gefahr, dass der Rest des Konzerns heuschreckenartig zerschlagen wird", sagte Konzernbetriebsratschef Wilhelm Segerath am Donnerstagabend der Nachrichtenagentur Reuters. "Das darf nicht passieren." Er bedauere die Entscheidung Hiesingers. Dieser habe früh die finanzielle Situation des Konzerns erkannt. "Er war der Architekt des Stahl-Joint-Ventures."

Gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern habe Hiesinger bei dem Gemeinschaftsunternehmen mit Tata Steel erreicht, dass dies einer industriellen Logik folgt, Beschäftigung und Standorte sichert und die Stahlproduktion in Deutschland eine Zukunft habe. "Ich hätte mir gewünscht, dass Hiesinger auch die künftige Strategie des Konzerns anpackt."

Hiesinger wirft unter dem Druck einer wachsenden Kritik von Investoren das Handtuch. Er habe den Aufsichtsrat um Gespräche zur einvernehmlichen Auflösung seines Mandats als Vorsitzender des Vorstands gebeten, teilte der Essener Konzern am Donnerstagabend mit. Das Kontrollgremium werde am Freitag zusammenkommen, um darüber zu entscheiden. Der 58-Jährige steht seit Anfang 2011 an der Spitze des Konzerns und hat noch einen Vetrag bis 2020. Großaktionär Cevian, der US-Hedgefonds Elliott und weitere Investoren hatten den Manager vorgeworfen, den Umbau des Konzerns nur unzureichend voranzutreiben.

"Ich gehe diesen Schritt bewusst, um eine grundsätzliche Diskussion im Aufsichtsrat über die Zukunft von Thyssenkrupp zu ermöglichen", erklärte Hiesinger. "Ein gemeinsames Verständnis von Vorstand und Aufsichtsrat über die strategische Ausrichtung des Unternehmens ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensführung", fügte er hinzu. Insidern zufolge stand zuletzt auch der Aufsichtsrat nicht mehr geschlossen hinter ihm. Eine für kommende Woche geplante Strategieschärfung drohte zum Rohrkrepierer zu werden.

"Ohne Heinrich Hiesinger würde es Thyssenkrupp nicht mehr geben", erklärte Aufsichtsratschef Ulrich Lehner, der bis zuletzt als eine Art Schutzpatron von Hiesinger galt. Hiesinger war 2010 von Siemens zu dem Mischkonzern ins Ruhrgebiet gewechselt. Unter seiner Führung schaffte der Konzern es, nach dem milliardenschweren Desaster im amerikanischen Stahlgeschäft wieder in ruhiges Fahrwasser zu kommen. Zuletzt hatte der aus einer Bauernfamilie stammende Manager wenig Fortune. Sein als Befreiungsschlag gedachtes Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel dauerte über zwei Jahre, ehe es zustande vor wenigen Tagen zustande kam. Am Markt löste dies keine Begeisterung aus. Die Gespräche am Freitag im Aufsichtsrat dürften daher reine Formsache sein.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratie in Deutschland kostet jährlich 146 Milliarden Euro
14.11.2024

Bürokratie-Abbau soll Kosten sparen. Durch die überbordende Bürokratie entgehen Deutschland bis zu 146 Milliarden Euro pro Jahr an...

DWN
Politik
Politik BSW: Regierungsbeteiligung nicht ausgeschlossen
14.11.2024

Das Bündnis Sahra Wagenknecht begrüßt die vorgezogene Neuwahl des Bundestages. Logistisch ist das für die junge Partei aber eine...

DWN
Panorama
Panorama Zufriedenheit mit der Demokratie nimmt stark ab, Ausländerfeindlichkeit steigt
14.11.2024

Eine Studienreihe der Universität Leipzig untersucht seit 2002, wie verbreitet rechtsextreme Einstellungen in der Gesellschaft sind. Vor...

DWN
Politik
Politik Nato-Raketenabwehrschirm: Polen verstärkt seine Sicherheitsmaßnahmen - und Russland droht
14.11.2024

In einer klaren Reaktion auf die anhaltende Bedrohung aus Russland wurde in Polen kürzlich ein Stützpunkt für den...

DWN
Politik
Politik Ukraine unter Druck, Nato-Chef Rutte fordert mehr Hilfe
13.11.2024

Nato-Generalsekretär Mark Rutte zufolge müssen die westlichen Partner jetzt fest „zusammenstehen.“ Er fordert mehr Unterstützung...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konjunktur-Jahresbericht: Wirtschaftsweise senken Wachstumsprognose - und warnen vor Trump-Politik
13.11.2024

Angesichts der politischen Unsicherheiten und der anhaltenden Konjunkturflaute haben die Wirtschaftsweisen ihr Jahresgutachten vorgestellt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ford: Stellenabbau droht - Kurzarbeit für 2.000 Beschäftigte in Köln
13.11.2024

Über Jahrzehnte hinweg konnte Ford auf dem europäischen Automarkt punkten, etwa mit dem beliebten Kleinwagen Fiesta. Inzwischen setzt das...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Berlin erreicht Talsohle - was jetzt für Immobilienbesitzer wichtig wird
13.11.2024

Im Jahr 2023 gab es eine seltene Korrektur auf dem Berliner Immobilienmarkt nach rasant steigenden Preisen. Aktuell stabilisieren sich die...