Politik

Großbritannien meldet neuen Giftgas-Vorfall mit Nowitschok

In Großbritanniens soll sich ein neuer Zwischenfall mit dem Nervengas Nowitschok ereignet haben. Die britische Regierung hat noch keine These veröffentlicht, wer für den Zwischenfall höchstwahrscheinlich verantwortlich sein könnte.
05.07.2018 02:17
Lesezeit: 2 min

Bei zwei neuen Vergiftungsfällen in Großbritannien ist nach Angaben der Polizei angeblich das Nervengift Nowitschok nachgewiesen worden. Dies zeigten Untersuchungen des dem britischen Verteidigungsministerium unterstellten Chemiewaffen-Zentrums Porton Down, sagte der Leiter der britischen Anti-Terror-Behörde, Neil Basu, am späten Mittwochabend laut Reuters. Der Vorfall ereignete sich am Samstag nahe der Stadt Salisbury, wo im März der frühere britisch-russische Doppelagent Sergej Skripal und dessen Tochter vergiftet worden waren. Bei den beiden nun Betroffenen handelt es sich den Behörden zufolge um einen 45-jährigen Mann und eine 44-jährige Frau, die beide britische Staatsbürger seien. Sie würden im Krankenhaus behandelt.

Die Proben, die angeblich zur Vergiftung der Skripals geführt haben, wurden ebenfalls von Porton Down überprüft und später der OPCW zur weiteren Untersuchung zur Verfügung gestellt.

Ein Ergebnis der Untersuchungen liegt nicht vor. Eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls ist nicht erfolgt. Russland wurde nicht zur Untersuchung hinzugezogen, weil die britische Regierung zu der Auffassung gelangt war, dass Russland "mit hoher Wahrscheinlichkeit" hinter den Anschlägen gesteckt haben soll. Beweise für diese Behauptung hat die britische Regierung nicht vorgelegt. Die Bundesregierung hat sich die britische Position zu eigen gemacht und erklärt, es gäbe "keine andere plausible Erklärung" als die russische Urheberschaft.

"Wir sind nicht in der Lage zu sagen, ob das Nervenmittel aus derselben Charge stammt, der die Skripals ausgesetzt waren", sagte Basu. "Die Möglichkeit, dass diese beiden Fälle miteinander verbunden sein könnten, ist für uns eindeutig eine Frage, der wir nachgehen." Der Fall ereignete sich in Amesbury, das elf Kilometer nördlich von Salisbury liegt, wo die Skripals am 4. März bewusstlos auf einer Bank gefunden wurden. Es sei unklar, wie das Opfer mit dem Nervengift in Berührung kamen. "Ich habe keine Informationen oder Beweise, dass sie in irgendeiner Weise ins Visier genommen wurden", betonte Basu. "Es gibt nichts in ihrer Vorgeschichte, was darauf schließen lässt."

Das Paar wird im Salisbury District Hospital behandelt. Zunächst war angenommen worden, sie hätten Heroin oder Crack aus einer kontaminierten Charge genommen. Aber die Tests sollen nun zeigen, dass sie mit Nowitschok vergiftet wurden.

Trotz der angeblich verheerenden Wirkung von Nowitschok hatten sich die Skripals überraschend schnell von der Vergiftung erholt. Sie wurden von den britischen Behörden an einen unbekannten Ort verbracht. Russland hat dagegen protestiert, konsularisch nicht mir Julia Skripal in Kontakt treten zu dürfen, obwohl sie russische Staatsbürgerin ist.

Die Polizei hat vorsorglich mindestens fünf verschiedene Zonen abgesperrt, darunter einen Park und ein Grundstück in Salisbury, sowie eine Apotheke und ein Gemeindehaus der Baptistengemeinde in Amesbury. Mehr als 100 Anti-Terror-Spezialisten arbeiten an den Fall. Die Gesundheitsbehörden versicherten, dass das Risiko für die Öffentlichkeit gering sei. "Ich möchte der Öffentlichkeit versichern, dass das Risiko für die Allgemeinheit gering bleibt", sagte Chief Medical Officer Sally Davies zu Reportern laut Reuters.

Der Sprecher von Premierministerin Theresa May sagte, dass sich der Krisenstab der Regierung getroffen habe, um über den neuen Vorfall zu beraten. Innenminister Sajid Javid will am Donnerstag eine Sitzung des Krisenstabs leiten. "Die Arbeitstheorie ist derzeit, dass diese Einwirkung zufällig geschah und nicht ein zweiter Angriff ist nach dem Vorbild jenes auf Sergej und Julia Skripal in Salisbury Anfang dieses Jahres", sagte Javid.

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