Politik

Boris Johnson tritt zurück, Pfund sackt ab

Lesezeit: 2 min
09.07.2018 17:10
Der Brexit-Hardliner Boris Johnson ist zurückgetreten. Es ist unklar, ob er nun gegen Theresa May antreten wird.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der überraschende Rücktritt des britischen Außenministers Boris Johnson hat am Montagnachmittag beim Pfund Sterling für Verkäufe gesorgt. Die britische Währung gab zum Dollar 0,4 Prozent auf 1,3240 Dollar nach. Entsprechend zog der Euro auf 0,8874 Pfund an. "Also wir denken, dass das Pfund den Rücktritt von Ministern verkraften kann", sagte Währungsstratege Viraj Patel von der Bank ING. Das gelte aber nur, wenn Johnsons Entscheidung nur eine Folge des Rücktritts von Brexit-Minister David Davis wäre und nicht mehr. Sollte Johnson aber Premierministerin Theresa May herausfordern, würde die Unsicherheit zunehmen.

Zuvor hatte das Pfund noch 0,5 Prozent auf 1,3363 Dollar zugelegt. Anleger sahen den Abschied des Brexit-Hardliners Davis positiv, da eine harte Scheidung Großbritanniens von der EU wirtschaftlich belastender als ein sogenannter weicher Brexit wäre.

Am Aktienmarkt setzten die Anleger dagegen auf höhere Exporte der vielen international tätigen Firmen, die im Leitindex der Londoner Börse gelistet sind. Daher weitete der "Footsie" seine Gewinne aus und stieg um 0,6 Prozent auf ein Tageshoch von 7662 Punkten.

Der britische Außenminister Boris Johnson nimmt wegen des Streits über den Brexit-Kurs der Regierung überraschend seinen Hut. Premierministerin Theresa May akzeptierte die Demission, wie ihr Büro in London in einer E-Mail am Montag mitteilte. Die Nachfolge werde in Kürze bekanntgegeben. Damit scheidet mitten in einer heiklen Phase der Verhandlungen mit der EU über den Austritt des Königreichs aus der Staatengemeinschaft ein weiteres zentrales Kabinettsmitglied aus der Regierung aus. Erst am Sonntag war Brexit-Minister David Davis wegen des Kurswechsels der Regierung bei den Austrittsgesprächen zurückgetreten.

Anlass war Davis zufolge eine von May erzielte Einigung im Kabinett, nach der die Insel nach dem Austritt teilweise in der EU-Zollunion verbleiben soll. Mit der Festlegung habe May der EU "zu einfach zu große" Zugeständnisse gemacht, sagte der 69-Jährige im BBC Radio. May hatte ihr Kabinett am Freitag auf dem Landsitz im englischen Chequers auf einen weichen Brexit-Kurs eingeschworen. Der Plan sieht die Schaffung einer Freihandelszone mit der EU für Güter sowie weitere enge Beziehungen zur EU vor. Zeitungsberichten zufolge stimmten einige Regierungsmitglieder erst nach langem Zögern zu - angeblich auch Johnson.

Für May kommen die Rücktritte von Johnson und Davis nicht ungelegen, denn Johnson war ein Verfechter eines harten Brexit. Die britische Regierung lag zuletzt wegen eines Dauer-Clinchs über die Brexit-Strategie über Kreuz. Durch die Uneinigkeit kamen auch die Scheidungsverhandlungen mit der Brüsseler Kommission nahezu zum Stillstand. Großbritannien soll in knapp neun Monaten aus der EU austreten. Die Zeit für eine Vereinbarung wird knapp, da die Einigung wegen der komplizierten EU-Regeln bis Herbst stehen muss.

Ob und wieweit Spekulanten mit Insider-Informationen von den Turbulenzen profitieren ist noch nicht abzusehen. Im Fall des Brexit selbst hatte Bloomberg enthüllt, dass es zu massiven Markt-Manipulationen nach dem Referendum gekommen war. Die Turbulenzen waren von britischen Politikern ausgelöst worden.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Startups: Die Perspektiven fehlen
12.10.2024

Auch für innovative Startups hat Deutschland ein Standortproblem, immer häufiger wird im Ausland gegründet oder ins Ausland abgewandert....

DWN
Panorama
Panorama Tagebuch des Untergangs: Autor Glukhovsky rechnet mit seiner russischen Heimat und Putin ab
12.10.2024

Der russische Kultautor Dmitry Glukhovsky hat im Exil ein "Tagebuch des Untergangs" verfasst, das eine düstere Bilanz seiner Heimat zieht....

DWN
Politik
Politik US-Wahlkampf: Haben Expats in Deutschland entscheidenden Einfluss?
12.10.2024

Zehntausende wahlberechtigte US-Amerikaner leben in Deutschland. Weltweit gibt es Millionen von ihnen. Besonders die Demokraten glauben,...

DWN
Politik
Politik Aufrüstung oder Sozialstaat? Aufrüstung könnte den Sozialstaat bedrohen
12.10.2024

Die Welt rüstet auf. Deutschland, einer der größten Waffenexporteure und Hegemon Europas, hinkt beim Ausbau seiner...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kochroboter und KI: Gastronomie der Zukunft?
12.10.2024

Gastronomiebetriebe in Deutschland setzen zunehmend Roboter ein, um Personalengpässe zu kompensieren – von Küchenaufgaben bis zur...

DWN
Finanzen
Finanzen Schulfach Finanzen: „Bester Hebel, um das Finanzwissen der Deutschen zu verbessern“
12.10.2024

Die Deutschen erzielen mit ihren Geldanlagen kaum Rendite und haben deutliche Wissensdefizite bei der Vermögensanlage. Experten fordern...

DWN
Panorama
Panorama Körpereigener Alarm: Was bei einer Panikattacke passiert
12.10.2024

Panikattacken sind heftige körperliche Reaktionen auf Angst, die Betroffene oft überwältigen. Am Welttag für seelische Gesundheit zeigt...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview zu Argentinien: Javier Milei - was plant der Anarchokapitalist?
12.10.2024

Philipp Bagus, Autor des Buches „Die Ära Milei“, erklärt im Interview mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten, warum der libertäre...