US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben sich bei ihrem Gespräch über die Handelspolitik überraschend angenähert. Beide Seiten wollten zunächst auf neue Zölle verzichten, so lange es Verhandlungen gebe, sagte Juncker am Mittwoch in Washington. Trump erklärte, die EU werde mehr Soja und Flüssiggas aus den USA importieren. Auch sei geplant, bei Industriegütern die Zölle ganz zu streichen. Einen intensiveren Handel soll es demnach auch in den Bereichen Dienstleistungen, Chemie, Pharma und Medizinprodukte geben. Die USA und die EU würden gemeinsam an einer Reform der Welthandelsorganisation WTO arbeiten.
Nach Trumps Angaben wird die EU mehr Flüssiggas (LNG) importieren. Der US-Präsident hatte Deutschland dafür kritisiert, vergleichsweise viel Erdgas von Russland zu kaufen und dafür die Pipeline Nord Stream 2 zu bauen. "Sie werden ein wichtiger Käufer von LNG", erklärte er mit Blick auf die EU.
DIHK-Chef Eric Schweitzer äußerte sich zurückhaltend. "Die in Aussicht gestellten Lösungen gehen in die richtige Richtung, aber eine gehörige Portion Skepsis bleibt." Von Verhandlungen auf Augenhöhe sei man noch entfernt. Zölle auf Autos seien noch nicht endgültig vom Tisch.
Der vereinbarte Kurs läuft auf eine mögliche "Light"-Version des vormals
angestrebten und dann nach Trumps Amtsantritt beerdigten Transatlantischen
Freihandelsabkommens (TTIP) hinaus. Trump und Juncker verständigten sich auf
vier Zielsetzungen:
1) Abbau von Zöllen
Im Handel mit traditionellen Industriegütern sollen sämtliche gegenseitigen Zölle und sonstigen Handelsbarrieren abgeschafft werden. Auch Subventionen für diese Produkte soll es nicht mehr geben.
Ausgenommen sind Autos, auf sie sollen also weiter Importabgaben erhoben werden. Die von Trump zuletzt angedrohten massiven Zusatzzölle auf europäische Autos sind nach EU-Angaben aber vom Tisch. Dies ist vor allem für die deutschen Hersteller eine hocherfreuliche Nachricht.
Vereinbart wurde ferner, Handelsbarrieren für Dienstleistungen sowie Produkte der Chemie-, Pharma- und Medizinbranche zu reduzieren. Das Gleiche gilt für Sojabohnen.
Die EU-Kommission sagte eine Steigerung der Soja-Importe aus den USA zu. Es ist ein Verhandlungsergebnis, das Trump besonders hochhalten wird. Denn die US-Sojafarmer haben derzeit mit von China erlassenen Vergeltungszöllen zu kämpfen.
Im Übrigen geht aus den Äußerungen von Trump und Juncker hervor, dass die Rücknahme der bislang im Handelsstreit erlassenen Strafzölle anvisiert ist. Dies sind die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium sowie die EU-Vergeltungstarife auf US-Waren im Gesamtwert von 2,8 Milliarden Euro - darunter Jeans, Harley-Davidson-Motorräder und Whiskey.
2) Zusammenarbeit im Energiesektor
Die "strategische Kooperation" in der Energieversorgung soll gestärkt werden. Konkret ins Auge gefasst ist allerdings nur eine Erhöhung der Flüssiggas-Importe aus den USA in die EU. Dies ist ein weiterer Punkt, den Trump als Erfolg verbuchen kann.
Denn die USA haben die Produktion von Schiefergas in den vergangenen Jahren massiv hochgefahren, finden dafür aber in Europa bislang nur schwachen Absatz. Das liegt unter anderem daran, dass es in Europa wenige Terminals zur Abnahme von Flüssiggas gibt - nur in dieser Form aber lässt sich das Schiefergas über den Atlantik transportieren.
Juncker sagte nun zu, dass in der EU mehr Flüssiggas-Terminals gebaut werden sollen. Mit diesem US-Gas wolle die Europäische Union ihre Energieversorgung "diversifizieren", hieß es in der schriftlichen Fassung des Trump-Juncker-Plans.
Bislang kommt die Hälfte der EU-Gasimporte aus Russland. Trump hatte zuletzt vor allem Deutschland wegen der Einfuhr von russischem Gas massiv kritisiert. Besonderen Anstoß nahm er an der geplanten Pipeline Nord Stream 2.
3) Angleichung von "Standards"
Als weitere mögliche Maßnahme zur Verbesserung der Handelsbeziehungen wird eine Anpassung der "Standards" angestrebt. Was darunter genau zu verstehen ist, führt der Trump-Juncker-Plan zwar nicht aus. Doch schon in den TTIP-Verhandlungen spielte die Anpassung etwa von Schutzvorschriften, Grenzwerten oder technischen Normen eine zentrale Rolle - es handelt sich um ein äußerst komplexes Unterfangen.
4) Vorgehen gegen "unfaire Praktiken"
Die EU und die USA wollen künftig verstärkt gemeinsam "unfaire globale Handelspraktiken" bekämpfen - dieses Vorhaben richtet sich offensichtlich vor allem gegen China. Als Beispiele für solche Praktiken genannt werden Diebstahl geistigen Eigentums, erzwungener Technologietransfer bei Investitionen, Wettbewerbsverzerrungen durch staatseigene Unternehmen und die Überproduktion bestimmter Güter.
Gemeinsam wollen sich die EU und die USA auch für die Reform der Welthandelsorganisation (WTO) einsetzten. Trump beschuldigt die WTO, China
eklatant gegenüber seinem Land zu bevorzugen.