Spitzenvertreter der syrischen Kurden haben sich nach eigenen Angaben mit der Regierung auf die Aufnahme von Gesprächen über ein Ende der Gewalt in Syrien verständigt. Dazu sei die Einsetzung von Ausschüssen vereinbart worden, teilte der maßgeblich von Kurden getragene Demokratische Rat Syriens (SDC) am Samstag laut Reuters mit. In den neuen Gremien solle ein "Fahrplan für den Weg zu einem demokratischen, dezentralisierten Syrien" entworfen werden. Die Gespräche in Damaskus seien auf Initiative der Regierung zustandegekommen. Der SDC ist der politische Arm der von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF).
Die Kurden kontrollieren etwa ein Viertel des Landes. Das Gebiet umfasst weite Teile im Norden und Osten. Die in Syrien über Jahre hinweg systematisch verfolgten Kurden haben erklärt, keine Unabhängigkeit anzustreben, aber eine Vereinbarung, die ihnen ihre faktische Autonomie auch formell zusichert.
Laut AFP gibt es allerdings noch keine nachhaltige Einigung: Ein von den USA unterstütztes und von Kurden angeführtes Bündnis setzt demnach die in Damaskus geführten Gespräche mit syrischen Regierungsvertretern fort. Wie das Bündnis am Samstag mitteilte, werden "Komitees" gebildet, um sämtliche offenen Fragen im Zusammenhang mit den von ihm kontrollierten Gebieten in Syrien zu klären. Eine Delegation des Syrischen Demokratischen Rates Syriens (SDC) hatte auf Einladung der Regierung am Donnerstag erstmals Gespräche aufgenommen.
Die Komitees werden sich nach Angaben von Sihanouk Dibo, einem Berater der syrisch-kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), mit wirtschaftlichen, militärischen, juristischen und politischen Fragen befassen. Dabei solle ein "Fahrplan zur Dezentralisierung Syriens" ausgearbeitet werden, sagte Dibo der Nachrichtenagentur AFP.
Die PYD ist Teil des SDC. Dessen bewaffneter Arm, die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), werden von Washington unterstützt.
Von einer Vereinbarung könne derzeit nicht gesprochen werden, sagte Dibo. Es werde "lange und schwierige" Verhandlungen geben, denn die Regierung in Damaskus sei "sehr zentralisiert". Von Seiten der Regierung gab es zunächst keine Stellungnahme zu den Verhandlungen.
Ende des vergangenen Jahres hatte der syrische Außenminister Walid Muallem den Wunsch der Kurden nach einer "Form von Autonomie" anerkannt und diese Frage als "verhandelbar" bezeichnet.
SDF-Kämpfer kontrollieren weite Teile im Norden und Nordosten des seit mehr als sieben Jahren unter einem Gewaltkonflikt leidenden Landes, darunter auch Gebiete mit wichtigen Ölgeldern. Die kurdische Gemeinschaft, die syrienweit etwa 15 Prozent der Bevölkerung ausmacht, führte dort eine de-facto-Autonomie ein. Auf örtlicher Ebene finden Wahlen statt, Steuern werden erhoben, außerdem gibt es eigene Polizeikräfte und Schulen.
Im Mai hatte der syrische Staatschef Präsident Baschar al-Assad gedroht, die Kurdengebiete gewaltsam zurückzuobern, sollten Verhandlungen mit den SDF keinen Erfolg haben. Die USA reagierten ihrerseits mit einer Warnung an die Regierung in Damaskus: Ein Angriff auf die US-Streitkräfte oder ihre Verbündeten sei "eine schlechte Entscheidung", hieß es aus dem Pentagon.
Flüchtlinge kehren zurück
Hunderte syrische Flüchtlinge sind unterdessen am Samstag aus dem Libanon in ihre Heimat zurückgekehrt. Das staatliche syrische Fernsehen berichtete, rund 1200 Menschen würden in einem Buskonvoi über die Grenze gebracht. Auch der libanesische Fernsehsender Al-Dschadid zeigte Aufnahmen von den Bussen an der Grenze, die die Syrer in nicht mehr umkämpfte Gebiete bringen sollen. Die libanesischen Sicherheitskräfte erklärten, im Kürze würden Hunderttausende Syrer in ihr Land zurückkehren. Die Regierungen der beiden Nachbarstaaten hatten sich auf die Rückkehr der vor dem Bürgerkrieg geflohenen Menschen verständigt. Es gab bereits mehrere Konvois nach Syrien.
Die Vereinten Nationen (UN) sehen die Transporte kritisch und argumentieren, die Bedingungen für eine Rückkehr in ein Land, in dem nach sieben Jahren noch immer gekämpft wird, seien noch nicht alle erfüllt. In dem Konflikt wurden schätzungsweise eine halbe Million Menschen getötet, 5,6 Millionen Syrer sind ins Ausland geflohen, 6,6 Millionen wurden innerhalb des Landes durch die Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungstruppen vertrieben. Allein der Libanon hat nach eigenen Angaben 1,5 Million Flüchtlinge aufgenommen, gut ein Viertel seiner Bevölkerung. Viele Syrer sind in die Türkei und nach Jordanien geflohen oder sind in die EU gekommen.
Das Verteidigungsministerium in Russland hat nach Beratungen mit der libanesischen Führung vor wenigen Tagen erklärt, rund 1,7 Millionen Syrer könnten in naher Zukunft aus dem Ausland zurückkehren. Russland ist neben dem Iran der wichtigste Verbündete des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und unterstützt dessen Armee durch den Einsatz seiner Luftwaffe.