Finanzen

Altersarmut wächst: Jede sechste Rentnerin in Deutschland lebt in Altersarmut

Die neuen Zahlen zur Altersarmut in Deutschland sind alarmierend: 2,1 Millionen Rentnerinnen und 1,3 Millionen Rentner leben unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze. Wie die Politik gegensteuern will.
05.06.2025 18:22
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Altersarmut wächst: Jede sechste Rentnerin in Deutschland lebt in Altersarmut
„Unser Rentensystem ist frauenfeindlich“, kritisierte BSW-Chefin Sahra Wagenknecht und sprach sich für die Einführung eines Rentenmodells nach dem Vorbild Österreichs aus. (Foto: dpa) Foto: Martin Schutt

Die Zahlen beziehen sich auf eine Sonderauswertung des Statistisches Bundesamtes in Wiesbaden, die das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) angefragt hatte.

Altersarmut wächst: Jede sechste Rentnerin lebt in Altersarmut

Laut Statistischem Bundesamt gelten Rentner und Rentnerinnen derzeit als armutsgefährdet, wenn sie als Alleinstehende weniger als 1378 Euro netto pro Monat zur Verfügung haben. Frauen haben ein höheres Risiko, weil sie im Schnitt häufiger in Teilzeit arbeiten, längere Pausen bei der Erwerbstätigkeit haben und oft in schlechter bezahlten Berufen tätig sind.

Altersarmut: Zahl der Betroffenen steigt seit 20 Jahren

Immer mehr Menschen in Deutschland können nicht von ihrer eigenen Rente leben: Knapp 660.000 Personen waren im Jahr 2022 auf die Grundsicherung im Alter angewiesen, so viele wie nie zuvor. 17,5 Prozent der Menschen ab 65 Jahren gelten in Deutschland als armutsgefährdet.

Dem Bericht zufolge ist die Zahl der von Altersarmut gefährdeten Menschen in den vergangenen 20 Jahren stark gestiegen – von 2,0 auf 3,4 Millionen. Die Gesamtzahl der Rentnerinnen und Rentner stieg im selben Zeitraum von 19,8 auf 21,4 Millionen.

Laut Aktuellen Daten der Deutschen Rentenversicherung sind rund 12,2 Millionen Rentnerinnen und etwa 9,2 Millionen Rentner betroffen. Das heißt, dass rund jede sechste Rentnerin in Deutschland in Altersarmut lebt. Insgesamt ist es mehr als jeder Siebte.

„Unser Rentensystem ist frauenfeindlich“, kritisierte BSW-Chefin Sahra Wagenknecht und sprach sich für die Einführung eines Rentenmodells nach dem Vorbild Österreichs aus: Dort zahlen fast alle in die gesetzliche Rente ein, auch Beamte. Die Durchschnittsrente liegt deutlich höher als in Deutschland. Konkret fordert das BSW eine Mindestrente von 1500 Euro nach 40 Versicherungsjahren.

Renten-Vorbild Österreich: Warum nicht in Deutschland?

Auch die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Gewerkschaftsbund fordern schon länger, sich bei der Rente an Österreich ein Vorbild zu nehmen. Allerdings unterscheiden sich beide Systeme in mehreren Punkten. In Österreich erwirbt man zum Beispiel nach frühestens 15 Jahren Beitragszahlung Anspruch auf eine Altersrente, in Deutschland bereits nach fünf Jahren.

Das Bundesarbeitsministerium wie auch die Deutsche Rentenversicherung haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass die Rentensysteme nicht vergleichbar seien. Die Begründung: Ein Renten-Umstieg in Deutschland würde sehr teuer werden.

Kanzler Merz forderte, die Bürger müssten mehr arbeiten

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas pocht dabei auf die Schaffung besserer Arbeitsbedingungen für Frauen, um ihre Erwerbstätigkeit zu steigern. „Die Arbeitgeber müssen die Arbeitswelt so gestalten, dass mehr Mütter in Vollzeit arbeiten können“, sagte die SPD-Politikerin der Bild am Sonntag.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte vergangene Woche in seiner ersten Regierungserklärung die Bürger auf eine „gewaltige Kraftanstrengung“ eingeschworen, um das Land wieder wettbewerbsfähiger zu machen. „Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, betonte er.

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht: „Unser Rentensystem ist frauenfeindlich“

Bas sagte der Zeitung, eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen „schaffen wir nur, wenn alle mitziehen“. Doch in Deutschland gebe es Frauen, die unfreiwillig in der Teilzeitfalle säßen. Sie wollten mehr arbeiten, könnten es aber nicht wegen fehlender Kinderbetreuung oder familienfeindlicher Arbeitsmodelle. „Insbesondere Frauen arbeiten dann oft weniger, verdienen schlechter und am Ende droht Altersarmut. Das ist ungerecht und da müssen wir ran.“

Die Regierung plane zwei Maßnahmen für mehr Erwerbstätigkeit von Frauen: „Wir setzen in der Koalition auf den Ausbau der Kinderbetreuung. Prämien für den Wechsel in Vollzeit vom Arbeitgeber fördern wir steuerlich.“

Nach Angaben des Arbeitsministeriums arbeiten nur 11 Prozent der berufstätigen Männer in Teilzeit, aber knapp 49 Prozent der berufstätigen Frauen, wie die Zeitung berichtet. Wenn die 9,3 Millionen Frauen in Teilzeit ihre Arbeitszeit um 10 Prozent steigern würden (rund zwei Stunden mehr pro Woche und Frau) entspräche dies laut Ministeriumsberechnungen einer halben Million zusätzlicher Vollzeitstellen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...

DWN
Panorama
Panorama Datenschutz und Oktoberfest - was sich im September ändert
16.08.2025

Die Tage werden kürzer und der Herbst naht im September. Welche Neuerungen bringt der neue Monat für Verbraucherinnen und Verbraucher?...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Business Angels sind keine Almosen-Geber: So knackt man sie trotzdem
16.08.2025

Sie heißen Engel, aber verschenken nichts: Warum Business Angels für Start-ups goldwert sind – und wieso Gründer trotzdem mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 150 Jahre ohne Steuerprüfung? Personalmangel bremst Steuerkontrollen in Deutschland aus
16.08.2025

In Deutschland können Kleinstbetriebe statistisch gesehen 150 Jahre lang einer Steuerprüfung entgehen – während dem Staat Milliarden...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bahn: Vor diesen Herausforderungen steht der künftige Bahn-Chef
16.08.2025

Richard Lutz muss seinen Posten als Bahnchef räumen - und übergibt dabei zahlreiche Probleme an seinen Nachfolger. Kann der erfolgreicher...

DWN
Technologie
Technologie Laser gegen Putins Drohnen: Europas Hightech-Antwort auf den Krieg
16.08.2025

Während russische Drohnen den Himmel über Europa testen, setzen die Ukraine und die EU auf eine futuristische Waffe: Laser, die für...

DWN
Finanzen
Finanzen Europas Bankenaufsicht warnt: Drei Risiken können das Finanzsystem erschüttern
16.08.2025

Er führt Europas Bankenaufsicht – und sieht drei Gefahren, die selbst starke Institute ins Wanken bringen könnten: geopolitische...

DWN
Politik
Politik Spitzbergen: Russland hat 100 Jahre nach dem Spitzbergen-Vertrag die Arktis genau im Blick
15.08.2025

Vor 100 Jahren wurde der Spitzbergen-Vertrag unterzeichnet – ein Abkommen mit besonderer geopolitischer Brisanz. Heute sorgen Norwegen...