Politik

Straße von Hormus: Irans Asset gegen den Petro-Dollar

Lesezeit: 5 min
05.08.2018 00:54
Der Iran kann von den USA wegen der strategisch wichtige Straße von Hormus nicht so leicht unter Druck gesetzt werden wie andere Staaten.

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Bei Unruhen im Iran hat es den ersten Todesfall gegeben. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars am Samstag, kam ein Demonstrant in Karadsch westlich der Hauptstadt Teheran ums Leben. Auf ihn sei am Freitagabend aus einem fahrenden Auto heraus geschossen worden. Ein Anlass der Kundgebungen ist die Wirtschaftskrise, die durch die angekündigten US-Sanktionen gegen den Iran verstärkt wird.

Der Schütze sei weder ein Polizist noch ein Sicherheitsbeamter gewesen, hieß es. Die Behörden bestätigten den Fars-Bericht zunächst nicht. Über den getöteten Demonstranten gab es keine Informationen.

Fars berichtete weiter, dass in Karadsch und Umgebung mindestens 20 Demonstranten verhaftet worden seien. Die Kundgebungen seien diesmal mehr von Frauen als von Männern angeführt worden.

Am Vormittag hatte es laut dpa Berichte gegeben, dass rund 500 Regimegegner eine Koranschule in der Nähe der Hauptstadt Teheran angegriffen hätten. Sie hätten die Schule verwüsten wollen und «sehr schlimme Slogans» gegen den Iran skandiert, berichtete die Nachrichtenagentur Tasnim am Samstag unter Berufung auf den Schuldirektor Ali Hendiani.

Demnach konnten die Kleriker die Türen rechtzeitig verbarrikadieren. Es habe keine Verletzten, aber Schäden am Gebäude gegeben. Die Polizei habe einige Angreifer festgenommen. Der Vorfall ereignete sich in der Koranschule Amir-Al-Momenin in der Kleinstadt Ischthtahard.

Wegen der akuten Wirtschaftskrise kommt es Berichten zufolge seit einigen Tagen in iranischen Städten zu Unruhen. Nach den Protesten zur Jahreswende und im Juni ist dies bereits die dritte Protestwelle. Sie richtet sich nicht nur gegen die Wirtschaftspolitik, sondern teilweise auch gegen den regierenden Klerus.

Das Innenministerium bestätigte Berichte in sozialen Netzwerken über die Unruhen, sprach aber von kleineren Versammlungen. Auf Bildern und Videos sind auch heftige Zusammenstöße von Hunderten Demonstranten mit Ordnungskräften zu sehen. Eine unabhängige Überprüfung von Datum, Ort und Herkunft der Internetberichte ist jedoch nicht möglich.

Die Unruhen stehen möglicherweise im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und dem Iran. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte vor einigen Tagen an das iranische Volk appelliert, gegen seine Regierung aufzustehen. US-Präsident Donald Trump hat allerdings bei einer Veranstaltung in Tampa, Florida, durchklingen lassen, dass der Iran schon bald Gespräche mit der US-Regierung führen könnte, um die Lage zu deeskalieren.

Trump hatte im Mai den einseitigen Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran verkündet und neue Sanktionen für den 6. August und den 4. November angekündigt. Die europäischen Vertragspartner zeigen sich zwar entschlossen, das Abkommen von 2015 zu erhalten, das verhindern soll, dass Teheran die Fähigkeiten zur Entwicklung von Atomwaffen erlangt.

Konzerne wie Total, Peugeot und Renault, die nach dem Abkommen in den Iran zurückgekehrt waren, kündigten bereits ihren Rückzug an, um den US-Sanktionen zu entgehen. Internationale Banken scheuen sich ohnehin, in das Iran-Geschäft einzusteigen. Zwar sind kleinere Firmen entschlossen zu bleiben, doch die von Präsident Hassan Ruhani versprochene Öffnung zur Welt wird mit den neuen US-Sanktionen nicht mehr zu realisieren sein.

Geopolitische Bedeutung

Doch nicht nur für den Iran selbst und die EU steht in dem Konflikt viel auf dem Spiel. Die US-Regierung ist gegenüber dem Iran in einer viel schwächeren Position als gegenüber anderen Staaten wie Libyen oder Syrien. Dies liegt an der geografischen Bedeutung des Iran für die internationale Energieversorgung.

Für die USA und die globale Öl-Industrie spielt der Iran wegen der Straße von Hormus eine zentrale Rolle. Der Iran kontrolliert diesen wichtigen Seeweg und könnte mit einer Blockade die US-Regierung unter Druck setzen.

Der Kommandant der iranischen Marine, Konteradmiral Hossein Khanzadi, sagte am Mittwochabend, dass die iranische Marine und das die Islamische Revolutionsgarde (IRGC) für die Sicherheit in der Straße von Hormus verantwortlich sei. “Die Sicherheit der Straße von Hormus wird diejenigen beeinflussen, die den Iran mit ihren Petrodollars bedrohen. Wenn irgendein Ölhahn in der Region abgeschaltet wird und die Petrodollars in die Tasche derer, die den Iran bedrohen, gehen, hat das definitiv Auswirkungen auf die Sicherheit der Straße”, zitiert Eurasia Review Khanzadi.

Khanzadi sagte, dass die Funktionstüchtigkeit der Straße von Hormus von den Maßnahmen abhängt, die die internationale Gemeinschaft aufgrund ihrer Zusagen beim Abkommen mit dem Iran und der Erfüllung der nationalen Interessen des Iran unternimmt: “Wir bewerten die US-Maßnahmen, aber sie beeinflussen unsere Entscheidungen nicht, und unsere Entscheidungen basieren auf den Befehlen des Oberbefehlshabers der Streitkräfte (Obersten geistigen Führer Ali Khamanei, Anm. d. Red.).

Mohammed Ali Jafari, Chef der IRGC, hatte nach Angaben des Guardians Anfang Juli gesagt: “Wir werden den Feind verstehen lassen, dass entweder jeder die Straße von Hormus benutzen kann oder niemand.”

Der Sprecher des US-Zentralkommandos (CENTCOM), Bill Urban, sagte auf Nachfrage der Deutschen Wirtschaftsnachrichten, ob der Iran ein Militärmanöver im Persischen Golf durchführen will: „Wir sind uns der Zunahme der iranischen Marineoperationen innerhalb des Arabischen Golfs, der Straße von Hormus und dem Golf von Oman bewusst. Wir beobachten es genau und werden weiterhin mit unseren Partnern zusammenarbeiten, um die Freiheit der Schifffahrt und den freien Verkehr auf internationalen Wasserstraßen zu gewährleisten (…) Wir setzen uns auch weiterhin dafür ein, dass alle Seestreitkräfte den internationalen maritimen Gepflogenheiten, Standards und Gesetzen entsprechen.”

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu warnte am 1. August 2018 den Iran davor, die Bab al-Mandeb-Straße am Roten Meer zu blockieren. Er sprach auf einer Veranstaltung israelischer Kapitäne in Haifa: „Anfang dieser Woche waren wir Zeuge eines iranischen ’Proxies’ (die Houti-Rebellen, Anm. d. Red.), der versuchte, die Schifffahrt durch die Straße von Bab al-Mandeb zu stören. Ich bin überzeugt, dass eine internationale Koalition, die entschlossen ist, dies zu verhindern, den Iran erwartet. Und diese Koalition wird den Staat Israel mit all seinen militärischen Waffen einschließen”. DEBKAfile zufolge bezog sich Netanyahu bei seiner Erwähnung der „internationalen Koalition” auf Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Ägypten und Israel. Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman ergänzte: „In letzter Zeit hören wir Drohungen gegen die israelische Schifffahrt im Roten Meer. Die IDF (israelische Armee, Anm. d. Red.) ist bereit an zwei Fronten und auch im Roten Meer auf diese Bedrohung zu antworten.”

Am 26. Juli hatte der Außenminister der VAE, Anwar Gargash, in London folgende Bemerkung getätigt: „Die Vereinigten Arabischen Emirate sind bereit, mehr Truppen im Nahen Osten einzusetzen, da sie sich in der Region nicht auf westliche Verbündete, einschließlich Großbritanniens und der USA, verlassen können.”

Die iranische Marine hatte im Februar 2017 eine Militärübung unter dem Namen „Velayat 95“ durchgeführt, berichtet die türkische Zeitung Yeni Şafak. Bei der Übung kamen U-Boote, Kriegsschiffe und Helikopter zum Einsatz. Sie fand exakt in den Gewässern von Bab al-Mandab bis zur Straße von Hormus statt. Durch diese Meerenge verläuft die weltweit wichtigste Seestraße für den internationalen Öl- und Containerhandel. Die iranische Marine testete auch ihre Unterschall-Seezielflugraketen „Nasr“ und „Dehlaviyeh“. Das sagte der iranische Verteidigungsminister Hossein Dehghan am Sonntag.

Der Iran hatte bereits in der Vergangenheit gedroht, die Straße von Hormus zu kappen, falls das Land einem Angriff ausgesetzt wird, so Geopolitical Futures (GF). Innerhalb eines derartigen Szenarios würde dies die Ölexporte im Nahen Osten beeinträchtigen. Allerdings würde die US-Navy einen derartigen Schritt nicht akzeptieren. Eine Reaktion in der Straße von Hormus würde folgen.

Die Straße von Hormus ist nicht der einzige Weg, durch den Saudi-Arabien Öl exportiert. Riad kann auch Öl über das Rote Meer durch die Bab al-Mandab-Straße in den Süden oder über den Suezkanal im Norden exportieren. Die Blockade der Straße von Hormuz würde allerdings zu einem drastischen Anstieg der Ölpreise führen.

GF zufolge könnte der Iran auch zeitgleich die pro-iranischen schiitischen Gruppen in der Region aktivieren. Der Iran verfüge über kampfstarke schiitische Milizen im Irak. Sollten diese aktiviert werden, um beispielsweise auch Basra, die die wichtigste Hafenstadt des Irak ist, zu blockieren, würde dies ebenfalls zu einem Anstieg der Ölpreise führen.

Die Nachrichtenagentur Anadolu führt aus: „Die Straße von Hormus und die Bab al-Mandeb Straße haben eine herausgehobene Stellung beim weltweiten Ölhandel. Die Straße von Hormus befindet sich zwischen dem Golf von Oman und dem Persischen Golf. Die ölproduzierenden Staaten im Nahen Osten nutzen diesen Seeweg, um die Märkte im Pazifik, Asien, Europa und Nordamerika zu erreichen. 40 Prozent des weltweiten Öls wird auf diesem Wege transportiert. Saudi-Arabien verschifft 88 Prozent seines Öls, die VAE, Kuwait und Katar jeweils 100 Prozent und der Irak 99 Prozent über die Straße von Hormus. Aber auch der Iran selbst nutzt die Straße für seinen Öltransport. Eine Blockade der Straße von Hormus würde sich insbesondere negativ auf die Wirtschaften Chinas, der restlichen asiatischen Importeure und Europa auswirken.”

Abzug aus Syrien?

Der Iran versucht unterdessen, an einer anderen Front Konzilianz zu zeigen und hat einen vollständigen Abzug aus Syrien nicht ausgeschlossen. "Sobald wir das Gefühl haben, dass Syrien sich einer Stabilität nähert, können auch wir definitiv unsere militärischen Beratungen reduzieren — oder ganz abziehen", sagte Irans Außenamtssprecher Bahram Ghassemi am Samstag laut dpa.

Einen Abzug aus Syrien machte der Sprecher aber alleine von der syrischen Seite abhängig. Demnach ist der Iran auf Wunsch der Regierung in Damaskus überhaupt in den Konflikt hereingezogen worden. Deswegen müsse auch die syrische und keine andere Regierung über einen Abzug des Irans entscheiden, so der Sprecher in einem Interview mit dem Nachrichtenportal Pana.

Die Äußerungen des Außenamtssprechers reflektieren den wachsenden Druck, der auf der iranischen Führung lastet. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte vorgeschlagen, dass nach den Erfolgen gegen den Terrorismus und mit Beginn des politischen Prozesses in Syrien, alle ausländischen Truppen sich aus Syrien zurückziehen.

 


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