Politik

Deutsche Rentner müssen Lebensstandard deutlich senken

Einer Studie zufolge werden rund 60 Prozent der angehenden Rentner ihren Lebensstandard nicht halten können.
15.09.2018 01:07
Lesezeit: 2 min

Künftige Rentner müssen sich auf sinkenden Lebensstandard im Ruhestand einstellen. Etwa 58 Prozent der heute 55- bis 64-jährigen Erwerbstätigen können mit ihren derzeitigen Rentenanwartschaften ihren aktuellen Lebens-Standard nicht vollständig decken. Ihnen fehlten im Schnitt 700 Euro, wenn sie jetzt in den Ruhestand gingen, wie eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt.

Private Versicherungen wie die Riester- und Rürup-Rente würden den Anteil der 55- bis 64-Jährigen mit einer potenziellen Versorgungslücke lediglich um zwei Prozentpunkte senken. Auch wenn diese zusätzlich ihr privates Vermögen einsetzten, könnten immer noch mehr als 40 Prozent ihren aktuellen Konsum nicht decken. Die Studie wurde von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung finanziert.

Demnach reichen auch alle drei Säulen der Alterssicherung zusammen - also gesetzliche, betriebliche und private Vorsorge - nicht aus, ohne dass sich die Betroffenen im privaten Konsum einschränken müssen.

„Eine potenzielle Versorgungslücke haben vor allem diejenigen, die nur Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben“, sagte Studienautorin Anita Tiefensee. 69 Prozent von ihnen wären nicht in der Lage, ihren aktuellen Konsum vollständig zu decken. Bestehen auch Ansprüche aus Betriebsrenten, so sinke der Anteil auf 50 Prozent. Bei Beamten fällt der Anteil mit weniger als einem Fünftel deutlich geringer aus. Private Versicherungen wie Lebens- und Rentenversicherungen reduzierten die Lücke auf durchschnittlich 650 Euro im Monat.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hob hervor, dass die Menschen die Renten-Lücke nicht privat füllen könnten, die das sinkende Rentenniveau reiße. „Statt auf privat zu setzen, brauchen wir mehr Solidarität in der gesetzlichen Rente“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Das Rentenniveau müsse langfristig stabilisiert und angehoben werden.

Die Präsidentin des Sozialverbands Deutschland, Verena Bentele, sagte: „Obwohl die Menschen hart arbeiten und für die wirtschaftlich gute Lage in Deutschland verantwortlich sind, können sie kaum von ihrem Lohn leben, geschweige denn Ersparnisse anlegen.“ Der Linken-Rentenexperte Matthias Birkwald sagte: „Man kann die Studien gar nicht mehr zählen, die das Versagen der Riesterrente belegen.“

Die Versicherungswirtschaft wies dies zurück. „Die Kritik an der Wirksamkeit der privaten Altersvorsorge ist nicht haltbar“, sagte das Mitglied der Geschäftsführung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Peter Schwark. Die Riester-Rente könne ein Absinken des Rentenniveaus kompensieren, sagte er unter Berufung auf eine Prognos-Studie im Auftrag seines Verbands. Oft reichten die Anstrengungen zur Vorsorge aber schlicht nicht aus. „Viele Menschen müssen mehr sparen oder Abstriche bei ihrem Konsumniveau machen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Steuerlast: Wie Deutschland Durchschnittsverdiener abzockt und Spitzenverdiener entlastet
09.08.2025

Deutschland hat die zweithöchste Abgabenlast weltweit – aber nur für Normal- und Geringverdiener. Ein OECD-Vergleich zeigt, dass...

DWN
Technologie
Technologie Zwei Jahre für einen neuen Funkmast: Warum Deutschland beim Netzausbau hinten liegt
09.08.2025

Trotz hoher Netzabdeckung kämpfen Unternehmen hierzulande mit Funklöchern und hohen Kosten. Eine Ericsson-Studie zeigt, wie stark...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Milliardenpläne in der Arktis: Konkurrenz für Suez- und Panamakanal
09.08.2025

China und Russland treiben gemeinsam ein Milliardenprojekt in der Arktis voran, das den Suez- und Panamakanal umgehen könnte. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen So werden Sie reich mit Autos: Warum Oldtimer besser sind als Aktien
09.08.2025

Oldtimer als Kapitalanlage? Zwei Autoprofis erklären, warum Klassiker und Supersportwagen echte Geldmaschinen sind – und welche Modelle...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle treiben Afrika in Chinas Einflusszone
09.08.2025

Afrikas Exporte geraten ins Fadenkreuz von Trumps Zollhammer – doch für China öffnet sich ein geopolitisches Zeitfenster. Wie der...

DWN
Politik
Politik Haushaltsplan: Sondervermögen Infrastruktur – wohin fließt das Geld eigentlich?
09.08.2025

Nach viel Hin und Her haben sich Union und SPD auf einen Haushaltsplan 2025 und folgend bis 2029 geeinigt. Neben hohen Investitionen in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Umbau der US-Verteidigung stellt Milliardenprojekte infrage
09.08.2025

Donald Trump krempelt die US-Verteidigung radikal um: Alte Kampfjets werden verschrottet, Milliarden in neue Tarnkappenbomber investiert....

DWN
Politik
Politik 50 Jahre Abkommen von Helsinki – ein Pakt ohne Erbe
09.08.2025

Vor 50 Jahren versprach das Abkommen von Helsinki eine neue Weltordnung aus Kooperation und Respekt. Heute, im Zeitalter hybrider Kriege,...