Die aktuellen Spannungen im Asowschen Meer zwischen der Ukraine und Russland werden nach Angaben der Bundesregierung keinen Einfluss auf den Bau der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2 haben wird. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte zuvor gefordert, dass Deutschland sich dafür einsetzt, das Projekt Nord Stream 2 zu stoppen. „Wenn einige Politiker nicht aufhören, mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu kuscheln, sollte niemand ausschließen, dass das Ausmaß der russischen Aggression weiter zunimmt“, zitiert die dpa Poroschenko. Auch der ukrainische Botschafter in Deutschland hatte einen Annullierung des Projekts gefordert.
Der Sprecher des Kanzleramts, Steffen Seibert, sagte am Mittwoch nach Angaben des englischsprachigen Diensts von Reuters: "Ich habe die Kritik zur Kenntnis genommen. Aber an dem grundsätzlichen Blick auf dieses Wirtschaftsprojekt, wie es NordStream ist, hat sich nichts geändert". Er fügte hinzu, Deutschland wolle immer noch sicherstellen, dass die Ukraine ein Transitland für Gas von Russland nach Europa bleibt. Die Ukraine befürchtet, dass das Projekt Nord Stream 2, das die Ukraine als Transitland umgeht, die Position der Ukraine als Transitland schwächen wird. Nach Informationen von Geopolitical Futures profitiert die Ukraine vor allem von den Transitgebühren, die das Land für die Finanzierung seines Haushalts braucht.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagte am Donnerstag, dass Nord Stream 2 und die Spannungen im Asowschen Meer zwei verschiedene Angelegenheiten sind, die nicht miteinander vermengt werden dürfen. Altmaier wörtlich: "Das sind zwei unterschiedliche Bereiche (...) Deutschland hat die berechtigten Interessen der Ukraine immer vertreten. Und deshalb: In dieser Gasfrage verhandeln wir auch sehr konsequent, damit der Gastransit durch die Ukraine weitergeht 2020, auch dann wenn Nord Stream eines Tages fertiggestellt sein sollte."
Der Ansicht der Bundesregierung schließen sich die europäischen Firmen ENGIE, OMV, Shell, Uniper und Wintershall, die an Nord Stream 2 mitwirken, an. Mario Mehren, Vorstandsvorsitzender von Wintershall, sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Europa darf sich nicht zum Spielball der Geopolitik machen lassen! Die Rahmenbedingungen für die energiewirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Russland und Europa bestimmen die Länder Europas selbst – und nicht Drittstaaten. Die Energielieferungen aus Russland sind ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Energieversorgung. Jegliche Versuche, diese Lieferungen einzuschränken, sind eine Bedrohung für die Energiesicherheit und Wettbewerbsfähigkeit Europas.”
Poroschenko fordert auch die Entsendung von deutschen Kriegsschiffen ins Schwarze Meer als "Abschreckung" gegen Russland. Wenn Deutschland Kriegsschiffe ins Schwarze Meer entsenden sollte, um den Seehandel durch die Straße von Kertsch ins Asowsche Meer zu garantieren, könnten Provokationen, die sich negativ auf die deutsch-russischen Beziehungen auswirken, nicht ausgeschlossen werden.
Bloomberg argumentiert, dass die USA Sanktionen gegen europäische Unternehmen aufgrund ihrer Beteiligung am Projekt Nord Stream 2 ausschließen sollten. Das Blatt führt aus: "Die Trump-Regierung sollte sich darauf konzentrieren, die Europäer davon zu überzeugen, dass Nord Stream 2 ein Fehler ist. Die USA könnten europäische politische Parteien und Interessengruppen unterstützen, die sich bei Merkel für die Annullierung des Projekts einsetzen. Die US-Regierung sollte Dänemark dazu ermutigen, die Erteilung von Genehmigungen für den Bau der Pipeline in dänischen Gewässern zu verschieben. Sie sollte die Europäische Kommission auffordern, zu prüfen, ob die Pipeline die EU-Mitgliedstaaten für die russische Aggression anfällig macht und die Ziele der EU für die Diversifizierung der Energieversorgung untergräbt. Und sie sollte Alternativen zu russischem Gas fördern, einschließlich verstärkter Importe von Flüssigerdgas (LNG) aus den USA."
Die Gaspipeline mit einem Wert von elf Milliarden Dollar wird sich über 1.222 Kilometer erstrecken und auf dem Grund der Ostsee von russischen Gasfeldern nach Deutschland verlaufen, wobei bestehende Landwege über die Ukraine, Polen und Weißrussland umgangen werden. Sie würde die derzeitige jährliche Kapazität der Nord Stream 1-Pipeline von 55 Milliarden Kubikmeter verdoppeln und voraussichtlich Ende nächsten Jahres in Betrieb gehen.