Die Sorge vor einer neuen Eskalation im Handelsstreit zwischen China und den USA hat den Dax am Donnerstag erstmals seit zwei Jahren unter die Marke von 11.000 Punkten gedrückt. Der deutsche Leitindex sackte am frühen Abend um bis zu 3,45 Prozent auf 10.813 Zähler ab. "Der Traum von einer Jahresendrallye könnte geplatzt sein", sagte Marktanalyst Salah Bouhmidi vom Brokerhaus DailyFX. "Die Risiken nehmen nicht ab, ganz im Gegenteil kommen immer mehr dazu. Die Angst im Markt ist wieder groß."
Aus Furcht vor einer Verschärfung des Zollstreits mit China ziehen sich Anleger auch aus US-Aktien zurück. Die Leitindizes Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 verzeichneten am Donnerstagabend deutscher Zeit Verluste zwischen 2 und 2, Prozent.
Als Grund für die neue Verunsicherung sehen Experten die Festnahme von Huawei-Finanzchefin Meng Wanzhou in Kanada. Der Managerin des chinesischen Netzwerkausrüsters und Smartphone-Herstellers wird einem Medienbericht zufolge vorgeworfen, gegen Sanktionen verstoßen zu haben, die die USA gegen den Iran verhängt hatten. Sie muss mit einer Auslieferung in die USA rechnen. Die USA und China hatten am Wochenende am Rande des G20-Gipfels in Argentinien eine 90-tägige Atempause in dem seit Monaten schwelenden Konflikt um höhere Zölle vereinbart. Die Festnahme der Huawei-Finanzchefin und eine mögliche Auslieferung in die USA könne von der Führung in Peking falsch verstanden werden und alle Vereinbarungen von Buenos Aires wieder hinfällig machen, sagte Marktanalyst Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets.
Der als "Angstbarometer" bezeichnete VDax, der die Nervosität der Anleger misst, stieg um knapp zehn Prozent auf 21,89 Punkte an. Das war der höchste Stand seit drei Wochen. Der europäische Volatilitätsindex VStoxx legte um 13,5 Prozent zu auf 21,67 Zähler.
Der Dax liegt seit Jahresbeginn mit über 16 Prozent im Minus, wie aus Daten von Tradingecenomics hervorgeht. Die Negativserie dürfte ein Anzeichen dafür sein, dass Investoren mit einem bevorstehenden Ausbruch einer Rezession in der Weltwirtschaft rechnen, weil die deutsche Volkswirtschaft sehr exportorientiert aufgestellt ist.