Die deutsche Industrie knüpft eine Zustimmung zum von der Bundesregierung geplanten Ausstieg aus der Kohle an Entlastungen beim Strompreis. "Eine Kompensation der zu erwartenden Stromkostensteigerungen ist für uns Voraussetzung für die Zustimmung zu einem politischen Ausstieg aus der Kohleverstromung", erklärten am Dienstag gemeinsam die Spitzen der Verbände BDI, DIHK und BDA.
Eine Studie im Auftrag der drei Spitzen-Organisationen kommt zu dem Schluss, dass ein beschleunigter Ausstieg aus der Kohle bis 2030 zu Mehrkosten für Industrie und Verbraucher durch höhere Strompreise zwischen 14 und 54 Milliarden Euro führen würde. Die Industrie verlangt daher unter anderem eine jährliche Entlastung bei den Stromnetz-Gebühren von zwei Milliarden Euro. Wirtschaftsminister Peter Altmaier zeigte Verständnis für die Sorgen der Wirtschaft und stellte zumindest teilweise Entlastungen in Aussicht.
BDI-Präsident Dieter Kempf, DIHK-Chef Eric Schweitzer und Arbeitgeberpräsident (BDA) Steffen Kampeter sind alle Mitglieder der Kohlekommission. Das Gremium will am Freitag über Empfehlungen zu einem Ausstieg aus der Kohleverstromung einschließlich eines Enddatums für den letzten Meiler beraten. Zudem soll es für die besonders betroffenen Braunkohle-Regionen milliardenschwere Hilfen geben. Ohne eine Zustimmung der Industrievertreter würde der angestrebte Konsens mit Gewerkschaften, Wissenschaft und Umweltgruppen in der Kommission nicht zustande kommen.
Die Industrie-Verbände dringen zudem darauf, dass ein Kohle-Ausstieg im Jahr 2023 und 2026 noch einmal überprüft wird. Ab 2023 werden auch keine Atomkraftwerke mehr am Netz sein. Die Auswirkungen auf die Strompreise sind hier noch unklar. Die Verbände räumen ein, dass es eine enorme Bandbreite der in ihrer Studie genannten Strompreiseffekte gibt, da die Rohstoffpreise schwer vorherzusagen seien. "Mit der Festlegung eines starren Abschaltplans für Kohlekraftwerke würde die Politik die deutsche Wirtschaft einem massiven Risiko aussetzen", warnten die Verbände.
Altmaier sagte, er sehe die Gefahr für das Industrieland Deutschland durchaus. Großverbraucher der Industrie wolle man daher von Kosten der CO2-Verschmutzungsrechte im Strompreis auch nach 2020 entlasten, sagte der CDU-Politiker bei einer Energiekonferenz in Berlin. "Für mich ist klar, dass wir diese Strompreiskompensation fortführen müssen." Das hatten auch die Verbände verlangt, da die bisherigen Regelungen 2020 auslaufen. Altmaier sagte, man müsse auch darüber nachdenken, wie man auch kleinere Betriebe, die davon nicht profitieren, vor zu hohen Strompreiskosten schützen könne.
Zuletzt wurden knapp 300 Millionen Euro im Jahr im Zuge der Strompreis-Kompensation erstattet, mit denen energieintensive Betriebe im weltweiten Wettbewerb entlastet wurden. Da die CO2-Preise zuletzt aber drastisch gestiegen waren, wird künftig von weit höheren Beträgen ausgegangen. Eine Verlängerung der Kompensationen muss von der EU gebilligt werden, was in diesem Fall als wahrscheinlich gilt.