Technologie

Palantir verkauft Software an deutsche Polizei

Die US-Sicherheits- und Softwarefirma Palantir verteidigt ihre Kooperation mit den deutschen Sicherheitsbehörden. Hessen hatte als erstes Bundesland Software von Palantir eingekauft.
28.01.2019 17:21
Lesezeit: 4 min

Der Mitgründer und Chef der Datenanalyse-Firma Palantir, Alexander Karp, hat die Arbeit des Unternehmens mit deutschen Sicherheitsbehörden verteidigt.

In einem Interview des Podcasts inside.pod des Medienkonzerns Axel Springer verwies Karp, der im Springer-Aufsichtsrat sitzt, unter anderem darauf, dass die hessische Polizei nach eigenen Angaben mit Hilfe der Software des Unternehmens einen Terroranschlag vereitelt habe.

“Ich erfahre von einer verhinderten Terrorattacke in Europa ungefähr ein Mal pro Woche”, sagte Karp weiter in dem veröffentlichten Gespräch mit Springer-Konzernchef Mathias Döpfner. “Ich denke, dass wenn diese Anschläge passiert wären, Sie eine ganz andere politische Realität hätten.” Palantir könne über solche Fälle aber nicht von sich aus sprechen.

Der Fall in Hessen war im Sommer bekanntgeworden, kurz bevor der Zuschlag für Palantir zum Thema für einen Untersuchungsausschuss des Landtags wurde. Er ging monatelang der Frage nach, ob die Vergabe des Auftrags rechtens war. Hessen hatte als erstes Bundesland Software von Palantir eingekauft.

Palantir gilt als eines der am höchsten bewerteten, aber auch besonders geheimniskrämerischen Start-ups. Die Software der Firma, die diverse Arten von Daten miteinander verknüpfen kann, soll unter anderem bei US-Geheimdiensten wie CIA und NSA sowie der Bundespolizei FBI im Einsatz sein. Auf die Frage, ob Palantir tatsächlich auch dabei geholfen habe, Al-Kaida-Anführer Osama bin Laden aufzuspüren, sagte Karp, er dürfe das nicht kommentieren.

Karp ging zugleich auf Distanz zu Unternehmen wie Facebook. “Die verbraucherorientierten Internet-Firmen haben nicht erklärt, wie sie der Gesellschaft helfen”, während sie zugleich demografische Blasen bildeten, in denen Leute nur mit denjenigen zu tun hätten, die genauso denken, wie sie selbst.

Der 51-jährige Karp führte einen Teil des Gesprächs auf Deutsch und sagte unter anderem, wenn Palantir nicht erfolgreich geworden wäre, würde er jetzt bestimmt im Berliner Stadtbezirk Charlottenburg leben. Er habe sich in Deutschland stets sehr wohlgefühlt, auch als “armer Student”.

Palantir wird aktuell als einer der heißen Börsenkandidaten gehandelt. Das Wall Street Journal berichtete im Oktober, das Start-up könne dabei eine Bewertung von gut 40 Milliarden Dollar anstreben - die Pläne seien aber noch im Fluss. Damals hieß es auch unter Berufung auf informierte Personen, Palantir erwartete für 2018 einen Umsatz von 750 Millionen Dollar nach 600 Millionen Dollar ein Jahr zuvor. Karp dürfte mit einem Börsengang auf jeden Fall offiziell zum Milliardär werden.

Übersicht Palantir

Die Firma Palantir wurde im Jahr 2004 gegründet. Palantir hat seitdem ein Data-Mining-System geschaffen, das von Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitsfirmen intensiv genutzt wird.

Techcrunch hat im Jahr 2013 ein privates Dokument erhalten, in dem die umfangreichen Datenanalyse-Tools des Unternehmens und einige seiner wichtigsten Kunden aufgeführt sind.

Die Datenanalyse-Lösungen von Palantir bedienen insbesondere drei Branchen: Die US-Regierung, den Finanzsektor und die Rechtsforschung. Jede dieser Branchen muss mit massiven Datensätzen kämpfen. Um dies zu erreichen, zielen Palantirs Toolsets auf massive Daten-Caches ab, die es Prozessanwälten und der Polizei ermöglichen, Verbindungen herzustellen, die sonst unsichtbar wären. Zum Beispiel hat eine Firma, die von der Securities Investment Protection Corporation angeheuert wurde, die Software von Palantir benutzt, um die Massen von Daten, die über einen Zeitraum von 40 Jahren aufgezeichnet wurden, zu sortieren. Dadurch konnte der Anlagebetrüger Bernie Madoff überführt werden.

Kunden von Palantir

Zu den Kunden gehört auch die Polizei von Los Angeles (LAPD), die US-Steuerbehörde IRS, die CIA, die NSA, das FBI, das Center for Disease Control and Prevention (CDC), das United States Marine Corps, die US-Luftwaffe, das Department of Homeland Security (DHS), das Special Operations Command, die Militärakademie West Point, das Joint Improvised-Threat Defeat Organization und das National Center for Missing and Exploited Children.

Ab 2013 gingen einige Teile der US-Militärs dazu über, ein eigenes Datenanalyse-Tool mit dem Namen “Distributed Common Ground System” zu nutzen. Die Schaffung des Datenanalyse-Tools betrug 2,3 Milliarden Dollar. Doch das Datenanalyse-Tool des US-Militärs soll nach Angaben von Techcrunch nicht sehr beliebt gewesen sein. Das Dokument, das Techcrunch vorliegt, zitiert eine Studie aus dem Jahr 2012, in der 96 Prozent der befragten Kriegsteilnehmer in Afghanistan Palantir empfahlen.

Das Pentagon verwendete die Software, um Muster bei der Bomben-Entfaltung an Straßenrändern zu verfolgen, und konnte feststellen, dass Garagentoröffner als Fernzünder verwendet wurden. Mit Palantir sind die US-Marines mittlerweile in der Lage, DNA-Proben von entfernten Standorten hochzuladen und Informationen aus jahrelanger Sammlung von Fingerabdrücken und DNA-Beweisen zu nutzen.

Die US-Geheimdienste beschäftigten auch Palantir, um Datenbanken über Abteilungen hinweg zu verbinden. Davor wurden die meisten von CIA und FBI verwendeten Datenbanken isoliert genutzt. Die Benutzer der Datenbanken waren dazu gezwungen, jede Datenbank einzeln zu durchsuchen. Mittlerweile ist alles mit Palantir verbunden. Cyber-Analysten nutzten das System von Palantir, um Daten über die in China ansässigen Cyber-Gruppen GhostNet und The Shadow Network zu sammeln.

Das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) nutzt Palantir, um Einblicke in den weltweiten Handel und illegalen Handel mit menschlichen Organen zu gewinnen.

Techcrunch führt aus, dass der Großteil der Kunden und Aktivitäten von Palantir trotz einiger Einblicke weitgehend unbekannt bleibt.

CNBC berichtet: “US-Regierungsbehörden sind Großkunden der Technologie. Das FBI, CIA, Verteidigungsministerium und IRS waren alle Kunden. Zwischen 30 und 50 Prozent der Geschäfte von Palantir sind nach Angaben der mit den Finanzen vertrauten Personen mit dem öffentlichen Sektor verbunden. In-Q-Tel, der Investitions-Arm der CIA, war ein früher Investor (bei Palantir, Anm. d. Red.)”.

Eines der wichtigsten Hauptprodukte, auf die die US-Behörden und US-Geheimdienst zurückgreifen, ist “Palantir Gotham”. Das Produkt wird vor allem im Anti-Terror-Kampf genutzt.

Details zu Regierungsaufträgen

Aus der Webseite usaspending.gov, die alle Ausgaben der US-Regierung darstellt, geht hervor, dass vor allem das Pentagon ein wichtiger Auftraggeber von Palantir ist. Zwischen 2008 und Ende 2017 vergab das Pentagon Aufträge im Wert von 85.140.595 Dollar an Palantir. An zweiter Stelle stand das US-Justizministerium mit 25.766.916, an dritter Stelle das US-Heimatschutzministerium mit 10.301.396 Dollar, an vierter Stelle die US-Börsenaufsichtsbehörde für die Kontrolle des Wertpapierhandels (SEC) mit 6.047.060 Dollar und an fünfter Stelle das US-Ministerium für Gesundheitspflege und Soziale Dienste (HHS) mit 3.449.066 Dollar.

Im Jahr 2008 erhielt Palantir Regierungsaufträge im Wert von 119.784 Dollar. Im Jahr 2009 stieg der Auftragswert auf 4.368.697 Dollar. Im Jahr 2010 lag der Wert bei 5.791.568 Dollar, im Jahr 2011 bei 20.893.478, im Jahr 2012 bei 39.889.372 Dollar, im Jahr 2013 bei 32.585.816 Dollar, im Jahr 2014 bei 74.014.407 Dollar, im Jahr 2015 bei 94.032.637 Dollar, im Jahr 2016 bei 131.712.688 Dollar, im Jahr 2017 bei 126.602.833 Dollar und im aktuellen Jahr bisher 8.267.177 Dollar.

Aus den einzelnen Auftrags-Dokumenten geht nicht hervor, für welche Dienste Palantir im Detail bezahlt wurde.

Die Regierungsaufträge für Palantir konzentrieren sich auf die US-Bundesstaaten Kalifornien, Arizona, Virginia, Washington D.C., Georgia, Maryland, North Carolina und auf einen namentlich nicht genannten weiteren US-Bundesstaat.

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