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Schwenk mit Risiken: Bosch sieht seine Zukunft in neuen Technologien

Der Industriekonzern Bosch sieht seine Zukunft im Bereich selbstfahrender Autos, künstlicher Intelligenz und Elektroautos. Der Schwenk birgt einige Risiken.
03.02.2019 21:16
Lesezeit: 2 min

Der Autozulieferer Bosch plant weitere milliardenschwere Investitionen in das autonome Fahren und strebt dazu ein breites Bündnis mit den Autobauern und anderen Zulieferern an, berichtet AFP. Autos ohne Lenkrad und Pedal würden demnach im kommenden Jahrzehnt nach den Worten von Bosch-Chef Volkmar Denner zum "Game Changer für die individuelle Mobilität". Damit wären neue Geschäftsmodelle wie Robotaxis oder Shuttle-Dienste mit riesigem Marktpotenzial möglich, erklärte er am Dienstagabend in Stuttgart. Dieses Feld werde deshalb zum Investitionsschwerpunkt für Bosch. "Allein bis 2022 rechnen wir mit Vorleistungen in Höhe von vier Milliarden Euro", sagte Denner.

Es sei ein Gebot der Wirtschaftlichkeit, die immensen Entwicklungskosten auf mehrere Schultern zu verteilen, sagte Denner. Deshalb hätten Bosch und der Autobauer Daimler zum Start ihrer Zusammenarbeit vor knapp zwei Jahren schon erklärt, offen für weitere Partner zu sein. "Insofern laufen solche Gespräche. Wir sprechen mit mehreren im Moment."

Die Fokussierung auf die Elektromobilität und selbstfahrende Autos birgt jedoch auch Risiken. So haben Elektroautos weltweit bis heute keinen nennenswerten Marktanteil, weil die Technologie noch nicht ausgereift und sehr teuer ist. Von selbstfahrenden Autos existieren bislang nur Konzeptautos. Fraglich ist zudem, wie viele Menschen überhaupt ein selbstfahrendes Auto wollen beziehungsweise sich dieses angesichts der zu erwartenden Altersarmut in Zukunft leisten werden können. Die Frage nach dem Spaß am Fahren ist bei dem derzeit zu beobachtenden Hype um das selbstfahrende Auto nirgends aufgeworfen worden.

Noch vor dem Stuttgarter Duo hatte BMW begonnen, im Verbund mit Zulieferern am hoch und völlig automatisierten Fahren zu arbeiten. Volkswagen, wo die Premiumtochter Audi die fahrerlose Technologie vorantreiben soll, kam unterdessen nicht voran. Jetzt ist die deutsche Autoindustrie über ein ganz großes Entwicklungsbündnis im Gespräch, wie mehrere Medien berichteten.

In die Vollen will Bosch auch beim Erforschen und Entwickeln von Künstlicher Intelligenz gehen. Sämtliche Bosch-Produkte von Autoteilen über Industrie- und Gebäudetechnik bis hin zu Elektrowerkzeugen und Hausgeräten sollen mit KI ausgestattet und damit zum Lernen befähigt werden. Der Stiftungskonzern will hier Denner zufolge zur Weltspitze gehören. Die Zahl der KI-Experten im Unternehmen sollen von derzeit rund 1000 bis 2021 auf 4000 steigen. In den kommenden fünf Jahren wolle der Stiftungskonzern weitere 25.000 Experten für Software einstellen, erklärte Personalchef Christoph Kübel. Die Belegschaft zählt weltweit mittlerweile 410.000 Köpfe.

Unterdessen soll die Beschäftigung in der Diesel- und Benzinmotorentechnik weiter schrumpfen. Im vergangenen Jahr seien 600 Stellen im Dieselgeschäft über Altersteilzeit und Auslaufen befristeter Jobs abgebaut worden. So lange die Nachfrage nach Verbrennungsmotoren nur langsam sinke, lasse sich der Wandel über die Alterfluktuation auffangen. "Bei abruptem Wandel wird es schwierig", ergänzte Bosch-Chef Denner.

Um weiterhin die milliardenhohen Vorleistungen für neue Technologien - also Elektroautos, Digitalisierung und Mobilitätsdienste - stemmen zu können, will Bosch auch künftig stärker wachsen als seine einschlägigen Märkte, allen voran die Automobilproduktion. Die Abkühlung am weltweiten Automarkt, Handelsstreitigkeiten und ungünstige Wechselkurse belasteten die Bilanz im vergangenen Jahr. So verringerte sich der Umsatz durch die Währungsumrechnung allein um zwei Milliarden Euro, bereinigt um Sondereinflüsse stieg er um 1,5 Prozent auf knapp 78 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen lag mit 5,3 Milliarden Euro oder 6,9 Prozent vom Umsatz auf Vorjahresniveau. Die größte Sparte, die Autozulieferung Mobility Solutions erlöste mit 47 Milliarden Euro 2,3 Prozent mehr.

Für 2019 rechnet Bosch abermals mit einer rückläufigen Fahrzeugproduktion weltweit. Konsum- und Investitionsfreude litten unter dem Handelsstreit der USA mit China und der Unsicherheit über den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union, erklärte Finanzchef Stefan Asenkerschbaumer. Immer mehr mache sich ein Muster breit: "ein zunehmender, teils aggressiver Nationalismus, der sich in der Wirtschaftspolitik in Form von Protektionismus, Strafzöllen und aufgekündigtem Freihandelsabkommen zeigt." Bei einem harten Brexit, auf den sich Bosch mit seinen Werken in Großbritannien vorbereitet, rechnet Asenkerschbaumer allein mit einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag an Zöllen. Für 2019 hat sich der Konzern vorgenommen, einen operativen Gewinn von mehr als fünf Milliarden Euro zu erwirtschaften.

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