Politik

China will keinen Frieden zwischen USA und Nordkorea

Nordkorea dient China als Pufferzone, um US-Truppen vom chinesischen Festland fernzuhalten. Eine Aussöhnung zwischen Pjöngjang und Washington stellt eine Gefahr für das Reich der Mitte dar.
01.03.2019 14:50
Aktualisiert: 01.03.2019 14:50
Lesezeit: 2 min

Eine vollständige Verständigung und Aussöhnung zwischen den USA und Nordkorea könnte der US-Regierung die Möglichkeit geben, in Nordkorea sowohl wirtschaftlich als auch sicherheitspolitisch aktiv zu werden. Der Schlüssel für dieses Ziel ist ein erfolgreicher Aussöhnungsprozess zwischen Nord- und Südkorea. Die Stationierung von US-Truppen in Nordkorea wäre dann nicht mehr auszuschließen.

In unmittelbarer Nähe Chinas befinden sich aktuell fünf US-Militärstützpunkte oder Raketenabwehrsysteme. Hinzu kommen Kriegsschiffe der US Navy, die im Südchinesischen Meer patrouillieren, um die Gebietsansprüche Chinas in den Gewässern einzudämmen. Im Gegenzug hat China im vergangenen Jahr in den Paracel- und Spratly-Inselketten mehrere Boden-Luft-Raketen (SAMs) und Anti-Cruise-Ballistic-Raketen (ACBMs) installiert, so die Washington Post.

Wenn es den USA gelingen sollte, in Nordkorea eine politische Wende herbeizuführen, würde das Land sich im Zusammenhang mit den USA dem Status Südkoreas angleichen. Folglich könnten Stützpunkte und Raketensysteme auf nordkoreanischem Boden installiert werden. Eine derartige Entwicklung würde dazu führen, dass die USA in ihrer Strategie der Einkreisung Chinas erstmals einen Zugang zum chinesischen Festland erhalten würden.

Nordkorea hat für China die Funktion einer Pufferzone, um zu verhindern, dass US-amerikanische Truppen bis an die Landesgrenze der Volksrepublik vorrücken. Eine Aussöhnung und Einigung zwischen den USA und Nordkorea liegt deshalb nicht im Interesse Pekings.

Die Pufferzonen-Politik Chinas hat sich seit dem Jahr 1953 nicht geändert. Aus einem Papier der Kommunistischen Partei Chinas (CCP) aus dem Jahr 1953 geht hervor: “Die amerikanischen Imperialisten kämpften bis zum Fluss Yalu. Wenn sie nicht zurückgedrängt worden wären, hätte es keine Garantie für Chinas Wiederaufbau gegeben. Wenn die aggressiven Pläne des Feindes nicht gebremst worden wären, wäre der Frieden im Fernen Osten und auf der ganzen Welt nicht gewährleistet gewesen (...) Weil die Trennlinie am 38. Breitengrad eine gemeinsame Verteidigungslinie für die Chinesen und Koreaner ist, ist es auch die gemeinsame Verteidigungslinie bei der Verteidigung des Friedens im Fernen Osten und in der ganzen Welt (...) Im Kampf um diese gemeinsame Verteidigungslinie befindet sich Korea auf der ersten Linie und China auf der zweiten Linie. Die starke Konsolidierung der ersten Linie hat direkte und große Bedeutung für die zweite Linie.”

Das Carnegie Moscow Center führt aus: “China ist daran interessiert, Nordkorea als Pufferzone zu erhalten, und ist nicht geneigt, die Einigung der koreanischen Halbinsel unter Seouls Hegemonie zu begrüßen - denn genau dies ist die Art der Vereinigung, die eine politische Krise in Nordkorea und den Sturz seines Regimes zur Folge haben könnte.”

Diese Interessen hätten China dazu veranlasst, internationale Sanktionen zu unterstützen, die speziell darauf abzielten, die Entwicklung der nordkoreanischen Nuklearkapazitäten zu behindern und dem Land den Zugang zu den für die Entwicklung seiner Nuklear- und Raketenprogramme erforderlichen Technologien zu verbieten, berichtet das Council on Foreign Relations (CFR). Denn der Nachweis, dass ein Land Massenvernichtungswaffen erworben hat, würde der internationalen Gemeinschaft gemäß der UN-Charta das Recht einräumen, eine Militärintervention gegen das betroffene Land durchzuführen.

"Während die Chinesen es sicherlich vorziehen würden, dass Nordkorea keine Atomwaffen hat, ist ihre größte Angst der Zusammenbruch des Regimes", schreibt Jennifer Lind, Professorin an der Dartmouth University, in einem Gastbeitrag für CNN. Lind unterstreicht die Funktion Nordkoreas als Pufferzone Chinas, um eine US-Truppenpräsenz von der chinesischen Grenze fernzuhalten.

Die Regierung in Peking geht davon aus, dass ein Kollaps der Regierung in Pjöngjang eine Flüchtlingswelle in Richtung China auslösen würde. Im Rahmen eines derartigen Szenarios wäre auch eine militärische Intervention Südkoreas und der USA, um die humanitäre Situation in Nordkorea zu verbessern, sehr wahrscheinlich.

Hinzu kommt, dass in die Provinz Jilin in der autonomen Präfektur Yanbian, in der ein erheblicher Teil der Bevölkerung ethnisch koreanisch ist, vor einem potenziellen demografischen Problem steht. Viele Nordkoreaner flohen in den Jahren der Hungersnot dorthin. Peking macht sich Sorgen, dass die Region ethnisch zu koreanisch wird, weil dadurch das Potenzial einer möglichen Sezession erhöht werden könnte. In Tibet, Xinjiang und Taiwan ist dies bereits der Fall, wobei es sich bei Tibet und Xinjiang um Regionen handelt, die in den Jahren 1950 und 1949 von den Chinesen völkerrechtswidrig besetzt wurden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Cüneyt Yilmaz

                                                                                ***

Cüneyt Yilmaz ist Absolvent der oberfränkischen Universität Bayreuth. Er lebt und arbeitet in Berlin.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Schutzzölle: Protektionismus mit Bumerang-Effekt – Warum Amerikas Wirtschaft mehr verliert als gewinnt
16.04.2025

Mit dem Versprechen, amerikanische Arbeitsplätze zu schützen, setzt Trump auf neue Zölle – doch Experten warnen vor langfristigen...

DWN
Politik
Politik Ukraine Krieg: Trump macht Selenskyj für Eskalation mitverantwortlich - bröckelt die westliche Unterstützung für Kiew?
16.04.2025

Inmitten der Eskalation des Ukraine-Krieges meldet Russland einen massiven ukrainischen Angriff auf die Region Kursk – nach dem...

DWN
Politik
Politik Digitalministerium: Verpflichtende digitale Identität in Koalitionsvertrag – Hacker kritisieren Überwachung
16.04.2025

Im Koalitionsvertrags setzen CDU, CSU und SPD auf eine konsequente Digitalisierung, eine neue Behörde und eine verpflichtende digitale...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Ökonom warnt: Ab diesem Zinsniveau wird die Fed eingreifen
16.04.2025

Trotz der jüngsten Zollsenkungen bleiben die von den USA verhängten Handelsbarrieren ein massiver wirtschaftlicher Schock. Das sagt der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Goldman Sachs: Goldpreis auf dem Weg zu 4.000 Dollar – Zentralbanken treiben Rekordrally
16.04.2025

Goldman Sachs erwartet einen historischen Anstieg des Goldpreises: Bis Ende 2025 könnte die Unze 3.700 Dollar kosten, 2026 sogar 4.000....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wie Apple Donald Trumps Zölle umgehen kann
16.04.2025

Der Technologieriese Apple plant, mehr iPhones aus Indien in die USA zu liefern, um den Schaden durch mögliche Zölle zu mildern. Dies...

DWN
Politik
Politik Ministerposten: Spahn statt Linnemann? CDU-Politiker Linnemann wird nicht Wirtschaftsminister
15.04.2025

Nachdem Union und SPD ihren Koalitionsvertrag vereinbart haben, geht das Geschachere um die Ministerposten los: CDU-Politiker Carsten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steuerfreie Überstunden ab 2025? – Das plant die neue Koalition
15.04.2025

Überstunden steuerfrei ab 2025? Wenn diese Pläne Wirklichkeit werden, könnten Arbeitnehmer von einer höheren Auszahlung ihrer...