Finanzen

Erdogan legt sich mit US-Bank JPMorgan an

Die türkische Banken-Aufsichtsbehörde hat eine Untersuchung gegen JPMorgan wegen Devisen-Manipulation eingeleitet. Erdoğan droht damit, internationale Spekulanten aus dem Land zu jagen.
25.03.2019 15:43
Lesezeit: 3 min

Die türkische Bankenregulierungs- und Aufsichtsbehörde (BDDK) hat Bloomberg zufolge eine Untersuchung gegen die US-Investmentbank JPMorgan und weitere nicht näher spezifizierte Banken eingeleitet. JPMorgan und den anderen Banken wird vorgeworfen, gezielt gegen die Türkische Lira spekuliert zu haben, um sie zum Absturz zu bringen.

Zwei Analysten von JPMorgan hätten einen Research-Bericht in Umlauf gebracht, der “einen irreführenden und manipulativen” Inhalt hatte und einer der Auslöser des starken Wertverfalls der Türkischen Lira am Freitag gewesen sein soll.

Zuvor hatte Bloomberg berichtet, dass die Deutsche Bank und die HSBC Bank durch Spekulationen gegen die Türkische Lira an einem einzigen Tag etwa 155 Millionen US-Dollar verdient hatten. Wie viel die beiden Banken über den gesamten Zeitraum des Währungsverfalls verdient haben, bleibt unbekannt.

Die Zeitung Sabah führt aus: “Als die Devisenbewegungen anfingen, haben JPMorgan, die Citibank, die Deutsche Bank, Credit Suisse und weitere US-Banken und Banken mit Sitz in London damit begonnen, sich von der Borsa Istanbul (türkische Börse, Anm. d. Red.) und aus den staatlichen Schuldverschreibungen zurückzuziehen, um in Devisen zu investieren.”

JPMorgan wickelt ein Viertel aller Devisen-Swaps in der Türkei ab und nutzt offenbar sein Insider-Wissen, um Berichte zum Zwecke der Devisenspekulation zu veröffentlichen.

Erdoğan droht Spekulanten und JPMorgan

Diejenigen in der Finanzbranche, die Devisen kaufen und auf einen Kursverfall der Türkischen Lira setzen, werden dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zufolge einen hohen Preis bezahlen. “In diesen Tagen versuchen sie, den Devisenkurs zu manipulieren. Ich richte meine Worte an diejenigen in der Finanzbranche. Wenn ihr glaubt, dass ihr die Devisen auf dem Markt aufkaufen könnt, um dann anschließend Drohungen über den Devisenkurs auszusprechen, so liegt ihr mit dieser Provokation falsch. Der Preis für diese Handlung wird hoch sein”, zitiert die türkische Wirtschaftszeitung Dünya Gazetesi Erdoğan.

Anfang März 2019 hatte Erdoğan nach Angaben von Halk TV gesagt: “Ein Teil der Spekulanten agieren ausschließlich mit dem Ziel, Gewinne zu erzielen. Ein anderer Teil hat eine noch weitergehende Motivation. Wir werden die Pläne dieser Spekulanten weiterhin durchkreuzen. Ich richte meine Worte an mein Volk im Auftrag meiner Freunde aus der Landwirtschaft: Wir werden es nicht zulassen, dass unsere Produzenten und Konsumenten diesen Plänen unterworfen werden. Die Spekulanten, die es auf den Agrarsektor abgesehen haben, sind gleichzusetzen mit Terroristen, die sich an unseren Landesgrenzen befinden.”

Türkei erlässt Dekret gegen Spekulanten

Die US-Finanzzeitung Barron's, die von der Dow Jones & Company herausgegeben wird, berichtet: "Seit dem 26. Januar hat der ETF (börsengehandelter Indexfonds, Anm. d. Red.) in der Türkei 54 Prozent seines Wertes eingebüßt, da die steigende Inflation und die schlechten geldpolitischen Maßnahmen die Anleger erschreckten. Ebenso sind die Spekulanten aus der Lira geflohen und haben sie seit Ende Januar um mehr als 40 Prozent zum Verfall gebracht."

JC Parets, Gründer von AllStarCharts.com, ist jedoch der Meinung, dass die Währungen der Schwellenländer sich erholen werden. Die türkische Währung werde eine der Nutznießer sein. Denn Devisen-Spekulanten gehen dazu über, auf eine Stabilisierung der Währungen der Schwellenländer zu wetten. Am Mittwochnachmittag kostete ein US-Dollar 6,100 Türkische Lira (TL). Am 18. September 2018 lag dieser Wert noch bei 6,389 TL. Das Finanzrecherche-Portal Market Realist führt in einem Artikel unter der Überschrift "Könnte der Währungskrieg einen Handelskrieg entzünden?" aus, dass im Verlauf des aktuellen Jahres ein Ausverkauf der Schwellenländerwährungen zu beobachten gewesen sei.

Um die Türkische Lira zu stützen hatte der türkische Präsident zuvor ein Dekret erlassen, wonach alle Vermietungen von Fahrzeugen, Wohnungen und Häusern künftig in der Landeswährung erfolgen müssen, berichtet die Zeitung T24. Alle Arbeits- und Dienstleistungsverträge seien in der Landeswährung abzuwickeln. Dies umfasse auch die Spielerverträge von Fußballern. Aktuell werden 78 Prozent aller Fahrzeugvermietungen in der Türkei in Devisen abgewickelt. Händler und Arbeitgeber müssen künftig ihre Devisen gegen Türkische Lira umtauschen, um weiterhin geschäftstätig zu bleiben.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte zuvor gesagt, dass die türkische Währung "Spekulanten-Attacken" ausgesetzt sei. “Sie haben nur ein Problem. Sie wollen sich Tayyip Erdoğan entledigen (...) Doch nicht Soros hat Tayyip Erdoğan an die Macht gebracht, sondern mein Volk, und nur mein Volk”, zitiert die Pressestelle des türkischen Präsidialamts Erdoğan.

Forbes führt aus, dass Spekulanten eine wichtige Rolle beim Verfall der Türkischen Lira spielen. Allerdings sei die türkische Wirtschaft im Vergleich zur argentinischen Wirtschaft weitaus stabiler, was die Auswirkungen von “Spekulanten-Angriffen” gegen die Türkische Lira beschränke. Ein Experte der Rabobank bestätigt eine gezielte Attacke auf die Türkische Lira.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Werbungskosten: Das alles können Sie von der Steuer absetzen
27.04.2025

Werbungskosten sind ein großer Hebel, um bei der Steuererklärung richtig Geld zu sparen. Erfahren Sie in diesem Ratgeber, was alles...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Handelskrieg vertreibt Bitcoin-Miner aus Asien – Kryptoindustrie unter Schock
27.04.2025

Mit Strafzöllen auf Importe aus Südostasien erschüttert Trump die globale Krypto-Lieferkette. Die Folgen: Chaos, Millionenverluste und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fachkräftemangel 2025: Wenn Freelancer retten – aber selbst untergehen
27.04.2025

Freelancer halten den deutschen Arbeitsmarkt am Laufen – und geraten dabei selbst unter die Räder. Eine neue Studie zeigt: Sie sind...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Scheitern als Strategie: Wie ein US-Forscher Unternehmer lehrt, aus Fehlern Kapital zu schlagen
27.04.2025

US-Professor Dean Shepherd zeigt, wie Misserfolg zum unternehmerischen Wendepunkt wird – und warum nur wer fällt, wirklich wachsen kann.

DWN
Politik
Politik TAURUS für die Ukraine? Hoher Aufwand, fraglicher Nutzen
27.04.2025

Die Lieferung des TAURUS-Lenkflugkörpers an die Ukraine ist technisch derzeit problematisch, da ukrainische Flugzeuge das System weder...

DWN
Politik
Politik Waffenruhe Ukrainekrieg: Bringt der Tod von Papst Franziskus Frieden?
26.04.2025

Historisches Treffen bietet Chance für Durchbruch bei Friedensverhandlungen: Neben dem US-Präsidenten hat sich auch Frankreichs...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
26.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Technologie
Technologie Mit KI zum Durchbruch: Wie die Wellenkraft zur nächsten Energie-Revolution werden soll
26.04.2025

Europa steht vor der nächsten Energie-Revolution: Mit Hilfe künstlicher Intelligenz könnte die bislang unterschätzte Wellenkraft zur...