Deutschland

Bayer baut 4.500 Stellen in Deutschland ab

Im Zuge des Konzernumbaus wird Bayer 4.500 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen. Die eigene IT-Tochter wird aufgelöst.
08.04.2019 16:48
Lesezeit: 2 min

Der Pharma- und Agrarchemie-Konzern Bayer zückt den Rotstift und streicht in Deutschland 4500 Stellen. Das ist etwa jede siebte Stelle, hierzulande hat der Konzern bisher noch 32 100 Stellen. Damit wolle man die "Wettbewerbsfähigkeit verbessern und die Profitabilität steigern", sagte ein Konzernsprecher am Dienstag in Leverkusen. Der Konzern wolle "schlanker, schneller und flexibler" werden. Die Stellen sollen unter anderem über Abfindungen abgebaut werden. Betriebsbedingte Kündigungen bei Bayer sind in Deutschland ohnehin bis Ende 2025 ausgeschlossen.

Der Hauptgrund für den Abbau der Arbeitsplätze stellt die Übernahme des US-Konkurrenten Monsanto dar, mit der sich Bayer finanziell schwer verschuldet hat.

Wo genau die Jobs gestrichen werden, ist noch weitgehend offen. Klar ist, dass am Pharmastandort Wuppertal 350 Stellen in der Produktion wegfallen - eine Anlage zur Herstellung eines sogenannten Faktor-8-Wirkstoffes, der die Blutgerinnung verstärkt, wurde noch vor dem Anlauf aufgegeben. Hinzu kommen noch Kürzungen in der Forschung und Entwicklung und in der Verwaltung - dazu macht Bayer keine Angaben. Laut dortigem Betriebsrat fallen insgesamt in Wuppertal mindestens 750 Stellen weg, wie der WDR berichtete.

Zweitgrößter Standort hinter der Zentrale in Leverkusen ist Berlin als Sitz des früheren Pharmaunternehmens Schering, das 2006 übernommen wurde. Zudem spielen Dormagen und Monheim als Agrarchemie-Anlagen noch eine große Rolle für den Konzern in Deutschland.

Die Sparpläne der Leverkusener sind nicht neu, sie wurden bereits im November vorgestellt - aber ohne eine Zahl für Deutschland. Damals wurde lediglich mitgeteilt, dass weltweit 12 000 Stellen wegfallen, ein Zehntel des globalen Bayer-Netzes. Nun wird deutlich, dass das Inland anteilig härter betroffen ist von der Umstrukturierung als das Ausland - weltweit sind es rund 10 Prozent und in Deutschland 14 Prozent der Stellen. Dass hierzulande 4500 Arbeitsplätze gestrichen werden, war bereits am Montag an die Öffentlichkeit durchgesickert.

Durch die Restrukturierung will der Konzern weltweit ab 2022 pro Jahr 2,6 Milliarden Euro einsparen. Die Einmalkosten - etwa für Abfindungen - beziffert der Konzern auf 4,4 Milliarden Euro.

Der Betriebsrat reagierte kritisch. In einem internen Schreiben des Gesamtbetriebsrats an die Belegschaft, aus der die "Rheinische Post" zitierte, heißt es: "Die Pläne des Unternehmens gehen an die Substanz. Die Betroffenheit ist allerorten im Unternehmen groß." Die Zentrale in Leverkusen werde es wohl am härtesten treffen, hieß es.

Die Konditionen, unter denen die Angestellten ausscheiden können, stehen bereits seit Januar fest. So bietet die Firma älteren Mitarbeitern "Flexi Aufhebungsverträge" an, die über sechs Jahre laufen. Sie ermöglichen, dass Mitarbeiter schon ab 57 Jahren vorzeitig in Ruhestand gehen können und maximal 7,2 Prozent Abschlag von der gesetzliche Rente verkraften müssen. Jüngere Bayer-Mitarbeiter können ferner hohe Abfindungen in Anspruch nehmen.

Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses an Bayer stehen derzeit die Gerichtsprozesse in den USA wegen angeblicher Krebsrisiken des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup. Konzernchef Werner Baumann hat jedoch auch an anderen Fronten zu kämpfen. So entwickelte sich das Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten träge. Im Pharmageschäft müssen neue Wachstumstreiber her, da in einigen Jahren der Patentschutz für wichtige Umsatzbringer wie den Gerinnungshemmer Xarelto oder das Augenmedikament Eylea wegfallen wird.

Erste Fortschritte beim Umbau gibt es aber schon. So dürfte der geplante Verkauf Tiergesundheitssparte mehrere Milliarden Euro in die Kassen spülen. Zudem ist die Veräußerung des 60-prozentigen Anteils am Chemiepark-Betreiber Currenta dem Vernehmen nach auf der Zielgeraden. Vom Hof sollen zudem die schwächelnden Marken Coppertone und Dr. Scholl's aus der Sparte für rezeptfreie Medikamente.

Fortschritte machte zuletzt das Pharmageschäft der Leverkusener. Bayer sicherte sich etwa die vollen Rechte an den erfolgversprechenden Anti-Krebs-Medikamenten Larotrectinib und Loxo-195, nachdem der Forschungspartner Loxo Oncology durch den US-Pharmarivalen Eli Lilly geschluckt worden war.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaspreise steigen wieder: Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet
04.07.2025

Nach einem deutlichen Preisrückgang ziehen die europäischen Gaspreise wieder an. Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet –...

DWN
Panorama
Panorama Schwerer Flixbus-Unfall auf der A19 bei Röbel: Was wir wissen und was nicht
04.07.2025

Ein Flixbus kippt mitten in der Nacht auf der A19 bei Röbel um. Dutzende Menschen sind betroffen, ein Mann kämpft ums Überleben. Noch...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Solarausbauziel in Deutschland bis 2030 zur Hälfte erfüllt
04.07.2025

Deutschland hat bereits einen großen Schritt in Richtung Solarenergie gemacht – doch der Weg ist noch weit. Trotz beachtlicher...

DWN
Politik
Politik One Big Beautiful Bill: Das steckt hinter Trumps Steuererleichterungen
04.07.2025

Am amerikanischen Unabhängigkeitstag setzt Donald Trump ein innenpolitisches Zeichen: Mit dem "One Big Beautiful Bill" will er seine...

DWN
Panorama
Panorama Waldbrand Sachsen: Gohrischheide - über 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz
04.07.2025

Hitze, Trockenheit und starker Wind: In Sachsen und Thüringen kämpfen Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände. Besonders die...

DWN
Politik
Politik Rentenkasse: Neue Mütterrente wohl erst ab 2028 umsetzbar
04.07.2025

Die Ausweitung der Mütterrente sorgt für Diskussionen: Einigkeit herrscht über das Ziel, Uneinigkeit über das Tempo. Millionen Mütter...

DWN
Finanzen
Finanzen Sparen für Kinder: Welche Anlagen sich wirklich lohnen
04.07.2025

Eltern wollen ihre Kinder finanziell absichern, doch viele verschenken Chancen. Statt renditestarker Anlagen dominiert Vorsicht, oft ohne...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...