Inmitten der Spannungen um die Förderung der unterseeischen Erdgasvorkommen bei Zypern baut Frankreich seine militärische Zusammenarbeit mit dem griechischen Teil von Zypern aus. In der vergangenen Woche hatten der zyprische Verteidigungsminister Savvas Angelides und seine französische Amtskollegin Florence Parly ein Abkommen unterzeichnet, wonach das französische Militär den militärischen Teil des Flughafens der westzyprischen Stadt Paphos sowie einen Marinestützpunkt nahe Larnaka nutzen wird.
“Frankreich betritt einen Bereich mit traditionellem britischen Einfluss, der viel über die Ablenkung Großbritanniens aufgrund des Brexits aussagt - Großbritannien war einst eine führende Stimme in Europa und ist es nicht mehr”, zitiert die Cyprus Mail Angelos Chryssogelos vom Chatham House.
Als Grund für die erhöhte französische Militärpräsenz im östlichen Mittelmeer gilt - neben der Krise im Nahen Osten - die Entdeckung unterseeischer Erdgasvorkommen südlich von Zypern. Französische Unternehmen sind an den Bohrungen beteiligt. Diese Erdgasvorkommen haben zu Spannungen zwischen Ankara und Nikosia geführt. Auch Großbritannien hat zwei große Militärstützpunkte auf der Insel.
Der britische Außenminister Sir Alan Duncan hatte in der vergangenen Woche gesagt, dass Großbritannien die Bohrungsarbeiten der Türkei unterstütze. Allerdings nicht in den umstrittenen Gewässerzonen der Insel. Die Aussagen Duncans lösten in Nikosia eine Welle der Empörung aus. Griechisch-Zyperns Präsident Nicos Anastasiades nannte die Erklärung von Sir Alan “inakzeptabel, insbesondere angesichts der starken Unterstützung, die Zypern Großbritannien bei den Brexit-Gesprächen gewährte”.
Hintergrund zum Konflikt - Worum es wirklich geht
Nach einem Bericht der türkischen Zeitung Birgün gibt es direkt vor den südlichen Gewässern von Zypern zwölf Gas-Blöcke, die ausgebeutet werden können. Die Gas-Blöcke 2, 3, 8, 9, 13 und 12 seien komplett zwischen der Türkei und Zypern umstritten. Die Gas-Blöcke 1, 7 und 11 seien teilweise umstritten. Obwohl der Gas-Block 12 umstritten ist, betreibt dort der US-Energiekonzern Noble Energy bereits Bohrarbeiten. Noble Energy bohrt auch gemeinsam mit der israelischen Energie-Firma Delek Energy am Gas-Feld Leviathan nach Gas. Weitere potenzielle Gas-Felder befinden sich direkt vor der türkischen Küste, auf die die Türkei ein Anrecht hat.
Birgün argumentiert, dass der aktuelle Streit zwischen der Türkei auf der einen Seite und Zypern und Griechenland auf der anderen Seite eine internationale Dimension habe. Der eigentliche Kampf tobe zwischen internationalen Energie-Konzernen: “Die Energiekartelle aus Italien, Frankreich und Russland haben ein großes Interesse daran, die Gas-Ressourcen im östlichen Mittelmeer auszubeuten. Der internationale Verteilungskampf lässt sich daran sehen, dass Eni, Total, Novatek und Noble Energy jeweils verschiedene Verträge mit Zypern, dem Libanon, Israel und Ägypten geschlossen haben. Neben der EU seien auch die USA und Russland an den Ressourcen im östlichen Mittelmeer interessiert.
Es gibt zwar viele Diskussionen darüber, wie die Ressourcen ausgebeutet und exportiert werden sollen. Doch die verschiedenen Seiten sind bisher noch zu keiner Einigung gekommen. Die EU hat bereits begonnen, einen Energiekorridor vom östlichen Mittelmeer nach Südosteuropa zu schaffen. Die EU hat mit der Aufnahme Süd-Zyperns in die EU einen erheblichen Einfluss im östlichen Mittelmeer gewonnen und ist zu einem Akteur geworden. Da die EU ihre Energieabhängigkeit von Russland reduzieren möchte, unterstützen sie die Regierung in Nikosia (...) Die Türkei beharrt darauf, dass die südzypriotische Regierung keine Bohrungen vornehmen könne, ohne das Einverständnis der Regierung der Türkischen Republik Nordzypern einzuholen”.
Zypern ist seit 1974 in einen international nicht anerkannten türkischen Nordteil und die griechisch-zyprisch geprägte Republik Zypern mit Nikosia als Hauptstadt geteilt. Die Republik Zypern ist EU-Mitglied, wird aber von der Türkei nicht anerkannt. Ankara lehnt die Ausbeutung der Erdgasvorkommen vor einer Lösung der Zypernfrage und ohne die Zustimmung der türkischen Zyprer ab, so die dpa.