Die vom World Gold Council am Donnerstag veröffentlichten Daten zeigen, dass die Zentralbanken im ersten Halbjahr netto insgesamt 374,1 Tonnen Gold gekauft haben. Das ist der größte Nettoanstieg der globalen Goldreserven in einem ersten Halbjahr seit Beginn der Datenerhebung vor 19 Jahren.
Zentralbanken machten in der ersten Jahreshälfte fast ein Sechstel der gesamten globalen Goldnachfrage aus. Die Käufe verteilten sich erneut auf eine Vielzahl von Ländern, darunter vor allem Schwellenländer. Die größten Goldkäufer waren Polen, China und Russland.
Die Veränderung der Einstellung zu Gold seit der Finanzkrise zeigte sich auch in der letzten Woche, als 21 Zentralbanken Europas mitteilten, dass sie ihr Goldabkommen zum 26. September auslaufen lassen werden. Dessen offizieller Zweck war die Koordinierung ihrer Goldverkäufe, die jedoch in den letzten Jahren kaum noch stattfanden.
Insgesamt stieg die globale Nachfrage nach Gold im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 8 Prozent auf 1.123 Tonnen. Neben den Zentralbanken trugen dazu vor allem private Anleger bei, die verstärkt in goldbesicherte börsengehandelte Fonds (ETFs) investierten.
Die von den Zentralbanken weltweit angekündigte lockere Geldpolitik, geopolitische Instabilität und steigende Goldpreise haben die Anleger offenbar zu einer Aufstockung veranlagt. In der Folge stiegen die Bestände der Gold-ETFs im zweiten Quartal um 67,2 Tonnen auf einen Sechsjahreshöchststand von 2.548 Tonnen.
Die Nachfrage im zweiten Quartal wurde durch die Erholung im indischen Schmuckmarkt gestützt, wo die Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent auf 168,6 Tonnen stieg. Der Technologiesektor hingegen reduzierte seinen Goldverbrauch aufgrund der schwierigen globalen Bedingungen.
In Großbritannien notierte Fonds machten drei Viertel des Umsatzes der Gold-ETFs aus. Anleger wollten sich offenbar gegen die Unsicherheit im Hinblick auf den Führungsstreit in der konservativen Partei, gegen die möglichen Folgen eines ungeordneten EU-Austritt und gegen einen Wertverlust des Pfunds absichern.
Auch deutsche Privatanleger investierten nach Angaben des World Gold Council verstärkt in Gold-ETFs. Sie wollten sich möglicherweise neben anderen Faktoren auch gegen die möglichen negativen Folgen des Handelskriegs zwischen den USA und China für das verarbeitende Gewerbe absichern.
Laut Alistair Hewitt, dem Leiter der Marktforschung beim World Gold Council war die Wende der Fed zu einer lockereren Geldpolitik der wichtigste Treiber für den starken Anstieg des Goldpreises im Juni. Allerdings habe das erste Halbjahr den Grundstein dafür gelegt, da die Goldnachfrage ein Dreijahreshoch erreichte.
Die US-Notenbank Federal Reserve hat am Mittwoch ihre lockere Geldpolitik fortgesetzt und ihre erste Zinssenkung seit mehr als einem Jahrzehnt angekündigt. Sie begründete den Schritt mit einer unter dem Ziel liegenden Inflation.
Der World Gold Council erwartet eine Fortsetzung der lockeren Geldpolitik und der geopolitischen Unsicherheiten. Daher würden Zentralbanken ihre Goldreserven weiter aufbauen. Und auch Anleger würden laut WGC verstärkt in Gold-ETFs investieren, obwohl die höheren Preise die Nachfrage beeinträchtigen könnten.