Finanzen
„Aufrüstung“ des Yuan

Wird aus dem Handelskrieg ein internationaler Währungskrieg?

Nach der deutlichen Abwertung der chinesischen Landeswährung könnte eine internationale Abwertungsspirale in Gang kommen.
06.08.2019 11:30
Lesezeit: 3 min

Die weltgrößten Wirtschaftsmächte USA und China verschärfen ihren Kurs im Handelsstreit: Die Vereinigten Staaten stuften die Volksrepublik erstmals seit 25 Jahren wieder als Währungsmanipulator ein. China setzte fast parallel den Kauf von US-Agrarprodukten aus.

Die Öffnung ausländischer Agrarmärkte war für US-Präsident Donald Trump zuletzt besonders wichtig und eine Möglichkeit, in den Verhandlungen mit China und der EU schnell Ergebnisse zu erzielen. Der Handelsstreit belastet die Weltwirtschaft immer mehr und setzt auch in den USA die Notenbank unter Druck, ihre Geldpolitik weiter zu lockern.

US-Finanzminister Steven Mnuchin sagte am Montag in Washington, China verschaffe sich mit einer bewussten Abwertung der Landeswährung Yuan unfaire Vorteile im Welthandel und verstoße gegen Verpflichtungen als Mitglied der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20). Die US-Regierung werde sich an den Internationalen Währungsfonds wenden, um gemeinsam gegen diesen unlauteren Wettbewerb vorzugehen. Der IWF wird gerade kommissarisch von einem Amerikaner geleitet, weil die bisherige Chefin Christine Lagarde an die Spitze der Europäischen Zentralbank wechselt.

Der Yuan notiert derzeit auf dem tiefsten Stand seit mehr als elf Jahren. Das verbessert die Chancen chinesischer Firmen auf dem Weltmarkt und federt die Folgen der US-Strafzölle im Handelskonflikt ab. Trump hatte China schon im US-Wahlkampf 2016 der Währungsmanipulation bezichtigt, als Präsident dann aber zunächst nichts dagegen getan. Die jetzige Entscheidung kann zu Strafmaßnahmen führen, etwa dem Ausschluss von staatlichen Aufträgen in den USA. "Die Entscheidung ist ein Schocker", sagte Tim Duy, Wirtschaftsprofessor an der Universität von Oregon.

China wies die US-Vorwürfe zurück. Die Volksrepublik habe und werde den Yuan nicht als Waffe im Handelsstreit einsetzen, erklärte die Zentralbank des Landes. China als Währungsmanipulator einzustufen, stelle eine ernste Verletzung internationaler Regeln dar. Ein Berater der Regierung in Peking sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Auslöser der Yuan-Abwertung sei die unerwartete Ankündigung neuer US-Strafzölle durch Trump in der vorigen Woche gewesen. "Die Verantwortlichkeit liegt auf der Seite der USA."

Chinesische Staatsmedien warfen den USA vor, absichtlich die internationale Ordnung zu zerstören. Die großen Staaten seien dafür verantwortlich, in der Welt für Stabilität zu sorgen, hieß es in einem Leitartikel der Zeitung der Kommunistischen Partei. "Aber einige Leute in den Vereinigten Staaten machen genau das Gegenteil." Trump sprach mit Blick auf die Yuan-Entwicklung von einem schwerwiegenden Verstoß Chinas, der das Land im Laufe der Zeit erheblich schwächen werde. Der US-Präsident hat angekündigt, ab dem 1. September Sonderzölle auch auf bisher davon verschonte chinesische Waren im Wert von 300 Milliarden Dollar zu verhängen.

China plant Gegenmaßnahmen und reagierte bereits. Das Handelsministerium erklärte, chinesische Unternehmen hätten den Kauf von US-Agrarprodukten eingestellt. Zudem würden nachträgliche Zölle auf seit dem 3. August erworbene Erzeugnisse erwogen. Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners sagte dazu: "China trifft genau die Stelle, an der Trump besonders verwundbar ist. Bisher hat er sich als Schutzpatron der US-Agrarindustrie präsentiert." In Verhandlungen mit der EU etwa hat Trump durchgesetzt, mehr US-Rindfleisch nach Europa zu exportieren.

An den Finanzmärkten rechnen viele Händler mit einer weiteren Lockerung der US-Geldpolitik. Die Notenbank Fed hat den Leitzins gerade zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren gesenkt - auch als Reaktion auf den Handelsstreit. Zins-Futures zeigen, dass momentan fast 40 Prozent der Wertpapierhändler mit einer Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte im September rechnen, nachdem es am Freitag erst 0,25 Prozent waren. Eine deutliche Zinssenkung dürfte den Dollar schwächen.

Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar sagte Reuters, China mache ironischerweise genau das, was Trump seit langem von der Fed verlange, aber nicht bekomme, nämlich eine Schwächung der eigenen Währung. "Es bleibt abzuwarten, wie die Fed darauf reagiert. Europa sollte sich in der jetzigen Situation auf keinen Fall auf einen Abwertungswettlauf der Währungen einlassen."

Anlagestratege Ulrich Stephan von der Deutschen Bank sagte, die chinesische Zentralbank habe zuletzt bei Eskalationen stets interveniert, auch um die Handelsgespräche nicht zu gefährden. "Diesmal ließ die People’s Bank of China den Markt gewähren - vielleicht ein Zeichen, dass Peking kaum noch Hoffnung auf eine baldige Einigung mit den USA hat." Ähnlich äußerte sich die US-Investmentbank Goldman Sachs, die nicht mehr mit einer Lösung des Handelsstreits vor der US-Präsidentschaftswahl im November 2020 rechnet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Münchener Rück-Aktie: Neue Strategie setzt deutliche Gewinneffekte frei
11.12.2025

Die Münchener Rück-Aktie gewinnt an Tempo – und das aus gutem Grund. Die neue Strategie Ambition 2030 verspricht höhere Gewinne,...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putin und Trump spielen im selben Team gegen Europa
11.12.2025

Putin und Trump sprechen plötzlich dieselbe Sprache. Europas Zukunft steht auf dem Spiel, während Washington und Moskau ein gemeinsames...

DWN
Technologie
Technologie Halbleiter-Förderung: Dresden und Erfurt erhalten grünes Licht
11.12.2025

Europa hängt bei Chips weiter an Asien – nun greift die EU zu einem Milliardenhebel. Deutschland darf zwei neue Werke in Dresden und...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB erhöht Druck: Vereinfachte Regeln für Europas Banken
11.12.2025

Die EZB drängt auf einfachere EU-Bankenvorschriften und will kleinere Institute entlasten. Doch wie weit darf eine Reform gehen, ohne...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Institut korrigiert Wirtschaftsprognose: Deutschlands Aufschwung bleibt schwach
11.12.2025

Die neue Wirtschaftsprognose des Ifo-Instituts dämpft Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung. Trotz Milliardeninvestitionen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimarisiken: Unternehmen gefährden ihre Umsätze durch schwaches Risikomanagement
11.12.2025

Unternehmen geraten weltweit unter Druck, ihre Klimarisiken präziser zu bewerten und belastbare Strategien für den Übergang in eine...

DWN
Politik
Politik Trump warnt die Ukraine und verspottet Europa. „Am Ende gewinnt der Stärkere“
11.12.2025

US-Präsident Donald Trump erhöht den Druck auf die Ukraine und attackiert gleichzeitig europäische Staatschefs. Seine Aussagen im...

DWN
Politik
Politik EU erzielt Kompromiss über Nachhaltigkeitsberichterstattung - was das konkret bedeutet
11.12.2025

Nach zähen Verhandlungen einigt sich die EU auf weitreichende Entlastungen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Doch der Kompromiss...