Politik

Facebook liefert Informationen über Demonstranten an die US-Regierung

Die Online-Dienste Facebook und Twitter haben der US-Regierung offenbar in großem Stil Daten ihrer Kunden weitergegeben. Auf Basis der Daten seien dann Bewegungsprofile von Demonstranten und politischen Aktivisten erstellt worden. Auch die Bundesregierung fordert von Facebook eine enge Kooperation.
13.10.2016 02:22
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Online-Firmen Facebook und Twitter haben Daten ihrer Kunden in großem Stil an die US-Regierung weitergegeben. Der Datenaustausch fand über die Internet-Analysefirma Geofeedia statt, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet.

Laut der Bürgerrechtsorganisation ACLU belegen Dokumente, dass Twitter, Facebook und dessen Tochter, der Bilderdienst Instagram, Geofeedia Zugang zu Daten ihrer Nutzer gewährten. Geofeedia, das die Auswertung sozialer Online-Netzwerke als Dienstleistung anbietet, habe den Sicherheitsbehörden auf Grundlage dieser Daten Informationen zur Überwachung politischer Aktivisten und Demonstranten verkauft.

ACLU erklärte, es sei eine gesicherte Tatsache, dass die Ordnungskräfte im kalifornischen Oakland und in der Großstadt Baltimore im Bundesstaat Maryland Geofeedia-Analysen genutzt hätten, „um Protestbewegungen zu überwachen“. In von ACLI veröffentlichten internen Dokumenten brüstete sich Geofeedia damit, „Ferguson/Mike Brown auf nationaler Ebene mit sehr großem Erfolg abgedeckt“ zu haben.

In Ferguson im Bundesstaat Missouri war im August 2014 der unbewaffnete 18-jährige Schwarze Michael Brown von einem weißen Polizisten erschossen worden. Der Fall hatte landesweite Proteste gegen Rassismus und exzessive Polizeigewalt ausgelöst.

Geofeedia rudert in einer Mitteilung an AFP zurück. Ihre Plattform nutze der Öffentlichkeit und schütze dabei „Bürgerrechte und -freiheiten“. Die Analysen des Unternehmens hätten bereits bei der Bewältigung von Notsituationen geholfen, etwa nach dem Hurrikan „Matthew“ in der vergangenen Woche, versicherte Firmenchef Phil Harris.

Geofeedia habe „klare Grundsätze und Richtlinien, um die unangemessene Nutzung unserer Software zu verhindern“. So dürften die Kunden „nicht versuchen, Einzelpersonen unangemessen auf Grundlage der Rasse, Ethnie, Religion, sexuellen Orientierung oder politischen Überzeugungen und anderer Faktoren zu identifizieren“, erklärte Harris. Er räumte gleichzeitig ein, angesichts der ständigen Veränderungen der digitalen Technologie müsse Geofeedia weiterhin an Vorkehrungen zum Schutz der Bürgerrechte arbeiten und wolle dabei auch ACLU einbeziehen.

Auch die Online-Netzwerke Facebook und Twitter versuchen, die Stimmung mit Stellungnahmen zu beruhigen. Sie hätten ihre Zusammenarbeit mit der Internet-Analysefirma eingeschränkt. Als Konsequenz aus Vorwürfen der einflussreichen US-Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) werde der kommerzielle Zugang von Geofeedia zu Twitter-Daten sofort gesperrt, teilte der Kurzmitteilungsdienst am Dienstag (Ortszeit) mit. Facebook erklärte, es habe Geofeedia den Zugang zu seiner Entwicklerplattform gesperrt. Geofeedia habe mit seinem Vorgehen die Nutzungsbedingungen von Facebook verletzt, erklärte ein Sprecher des Online-Netzwerks.

Bundesjustizminister Heiko Maas setzt sozialen Netzwerken eine Frist bis März, um ihr Vorgehen gegen Hassbotschaften im Internet zu verbessern. Andernfalls schließe er rechtliche Maßnahmen nicht aus, sagte der SPD-Politiker in Berlin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der EU-Kommissarin für Justiz und Verbraucherschutz, Vera Jourova. Zwar gingen Konzerne wie Facebook oder Google verstärkt gegen die Verbreitung von Hass, Rassismus, Antisemitismus oder islamistischen "Terrorphantasien" vor. Insgesamt geschehe aber noch zu wenig. Die EU-Kommissarin erklärte, sie setze auf freiwillige Maßnahmen. Das Setzen von Fristen wolle sie vermeiden.

Im März wird die staatlich geförderte Organisation jugendschutz.net die Überprüfung des Umgangs mit Hassbotschaften abschließen, von der Mass sein weiteres Vorgehen abhängig macht. Er zog eine zwiespältige Zwischenbilanz: "Strafbare Inhalte werden häufiger gelöscht, und es wird schneller gelöscht als noch im Frühjahr." Das gelte vor allem, wenn jugendschutz.net sich an die Anbieter wende. Anders sehe es aus, wenn Privatpersonen Hassbotschaften meldeten. "Die Beschwerden von Nutzerinnen und Nutzern werden nicht ernstgenommen", sagte der Minister. "Von den strafbaren Inhalten, die User melden, löschte Twitter gerade einmal ein Prozent, Youtube nur zehn Prozent und Facebook 46 Prozent." Das sei zu wenig.

Maas monierte auch fehlende Transparenz der Konzerne: "Wir sollten daher prüfen, ob wir soziale Netzwerke verpflichten offenzulegen, wie viele Beschwerden wegen illegaler Hass-Kommentare sie bekommen haben, und wie sie damit umgegangen sind." Das wäre eine Möglichkeit, um die Unternehmen stärker in die Pflicht zu nehmen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump plant Milliardeninvestition in Bitcoin und andere Kryptowährungen
31.05.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsangelegenheit machen – mit Milliarden-Investitionen seiner Mediengruppe. Während der Markt jubelt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Monopol auf Seltene Erden wankt – doch der Westen zahlt den Preis
31.05.2025

China kontrolliert die Welt der Seltenen Erden – und lässt Konkurrenz nur zu ihren Bedingungen zu. Neue Minen entstehen, doch ihre...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fetter Profit in Sicht – oder frisst Trump Novo Nordisk auf?
30.05.2025

Novo Nordisk träumt von einer Gewinnverdopplung mit Abnehmspritzen – doch Billigkopien, Trump-Zölle und eine wacklige Pipeline könnten...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Urlauber auf Platz eins in Griechenland
30.05.2025

Sonne satt, blauer Himmel, Strand und Meer - deutsche Touristen lieben Griechenland. Für Hellas sind sie die größte und wichtigste...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Osttechnik unter Westregie: Wie Multicar im Hako-Verbund zur Hightech-Marke wurde
30.05.2025

Sie fegen, sie wischen, sie räumen: Die orangefarbenen Mini-Lkw von Multicar sind aus deutschen Kommunen kaum wegzudenken. Dass sie heute...

DWN
Politik
Politik Deutschland vor dem Absturz – Kann Merz die Wirtschaft noch retten?
30.05.2025

Die deutsche Wirtschaft taumelt – Investitionen versanden in Bürokratie, Fachkräfte fehlen, die Industrie verliert an Schlagkraft....