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Griechenland soll eine weitere Chance bekommen, die bislang für die Rettungsaktion ausgehandelten Strukturreformen umsetzen zu können. In den vergangenen Monaten ist im Grunde nichts geschehen. Um diesem Zustand des fortgesetzten Scheiterns nun auch einen offiziellen Anstrich zu verleihen, haben die Vertreter des IWF, der EZB und der EU (genannt Troika) beschlossen, sechs Monate keine neuen Sparmaßnahmen von der Regierung Samaras zu fordern.
Offiziell hat die Troika das Spar-Moratorium erlaubt, um den Griechen eine Chance zu geben, die bisher beschlossenen Maßnahmen einhalten zu können. So schreibt es jedenfalls die griechische Zeitung Kathimerini. Besonders unglücklich sind die internationalen Gläubiger mit dem Steuersystem in Griechenland. Die Behörden konnten letztes Jahr gerade mal 30 Prozent der fälligen Steuern einsammeln (hier). Während der Sparpause soll die griechische Regierung eine Lösung für dieses Problem ausarbeiten.
Tatsächlich möchte die EU jedoch die Entwicklung in Deutschland beeinflussen: In Brüssel fürchtet man, dass die Deutschen noch vor der Bundestagswahl draufkommen könnten, dass die griechische "Rettung" nicht einmal ansatzweise so funktioniert wie erwartet. Um die griechischen Staatsfinanzen zu sanieren, müssten entweder noch drastischere Sparprogramme aufgelegt oder aber neue Milliarden nach Athen gepumpt werden, damit die griechische Regierung ihre Schulden bedienen kann. Kürzlich ist bekannt geworden, dass Griechenland weitere Milliardenhilfen sowie einen Schuldenschnitte in Höhe von 25 Prozent benötigt, um die geforderten Sparziele einhalten zu können (mehr hier).
Im Falle von neuen Spar-Plänen würden die extremen politischen Kräfte in Griechenland gestärkt. Dies wird in Brüssel am meisten gefürchtet, da diese Entwicklung nicht kontrollierbar ist.
Vor allem aber will man bei der Troika verhindern, dass in Deutschland der Unmut über nicht enden wollende Zahlungen an Schuldenstaaten zu einer euro-skeptischen Bewegung anschwellen könnte. Angela Merkel ist für Brüssel zwar kein ganz angenehmer, aber doch ein kalkulierbarer Faktor. Denn die Kanzlerin ist dafür bekannt, sehr flexibel auf Entwicklungen zu reagieren. Das kann für viele Spin-Doktoren in Brüssel von Vorteil sein, weil Merkel eben auch offen für fachkundige Beratung ist. So zählt der Deutschland-Chef von Goldman Sachs, Alexander Dibelius, zu ihren Ratgebern.
In internationalen Kreisen fürchtet man, dass die SPD einen ähnlichen Kurs einschlagen könnte wie Francois Hollande und mit harten Bandagen gegen Banken und Millionäre eine neue klassenkämferische Note in die europäische Landschaft bringen könnte. Bei den Franzosen ist das nicht so schlimm, weil ihre Wirtschaft ohnehin über weite Strecken im festen Zugriff des Staates ist und Hollandes Konzept ganz klar der Blaupause einer europäischen Schuldengemeinschaft. Von Deutschland erwartet man sich in Brüssel jedoch solides Wirtschaften.
Wenn auch die Sorgen wegen des Klassenkampfs angesichts der Millionen-Honorare von Peer Steinbrück unbegründet erscheinen: In Brüssel schätzt man Altbewährtes. Daher bedeutet das Spar-Moratorium für Athen vor allem, dass der deutsche Steuerzahler jetzt für einige Monate nicht mehr mit unangenehmen Themen wie Milliardenzahlungen oder Rettungspaketen belästigt werden soll.
Die EU hat seit geraumer Zeit ein wachsames Auge auf die nationalstaatlichen Regierungschefs: In Griechenland diente der ungewählte Lucas Papademos als Nothelfer, in Italien der Goldman-Alumni Mario Monti. Es ist daher nur kosequent, dass man sich in Brüssel auch der innenpolitischen Landschaft in Deutschland mit der entsprechenden Fürsorge annimmt.
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