Die Deutsche Bahn kommt nicht aus der Kriese, alarmiert die Koalition und lässt den Ruf nach einem radikalen Konzernumbau lauter werden. Die Bahn habe es trotz einer kompletten Entschuldung bei ihrem Neustart 1994 nicht geschafft, nachhaltig ohne neue Schulden auszukommen, heißt es in einem Papier des Haushalts-Ausschusses für die Bundesregierung, der Reuters am Donnerstag vorlag. "Damit ist ein wesentliches Ziel der Bahnreform verfehlt." Die Schulden der ehemaligen Bundesbahn von etwa 40 Milliarden Mark waren 1994 vom Steuerzahler komplett übernommen worden. Inzwischen hat die neue DB AG aber Kredite in fast gleicher Höhe aufgenommen. Bis Ende September 2017, also nach der Bundestagswahl, müsse die Regierung nun Vorschläge für einen Konzernumbau vorlegen, damit weitere Schulden vermieden würden, fordern die Haushälter.
Der Text wird nicht nur von Union und SPD mitgetragen, sondern auch von den Grünen. Die Haushälter werden parallel der Bahn ein Milliarden Euro lassen, wie es das Verkehrsministerium geplant hatte. Weitere 1,4 Milliarden Euro an Dividendenzahlung des Konzerns an den Staat sollen in den nächsten vier Jahren ebenfalls erlassen werden.
Dies war wegen der Verschuldung der Bahn nötig, die die Grenze von 20 Milliarden Euro zu übersteigen droht und die Kreditwürdigkeit des Konzerns beeinträchtigen könnte. Noch kurz nach seinem Amtsantritt 2009 hatte Bahnchef Rüdiger Grube angekündigt, bis 2014 die Schulden auf zehn Milliarden Euro zu reduzieren.
Davon ist nicht einmal ansatzweise etwas zu erkennen. Konsequenzen gibt es für das Management noch nicht, obwohl sich der frühere Merkel-Vertraute Ronald Pofalla bereits als Grube-Nachfolger warmläuft.
Die Forderung nach einer "strukturellen Weiterentwicklung der DB AG" könnte nach der Wahl die Debatte über eine Privatisierung neu beleben. Diese war 2008 in der Finanzkrise gescheitert. Ein geplanter Not-Verkauf eines Teils des internationalen Geschäfts war in der Regierung auf Skepsis gestoßen und wurde abgeblasen. Stattdessen erhält die Bahn nun neues Steuergeld.
Bei den Konkurrenten der DB war dies auf Empörung gestoßen. In einem Schreiben an die Haushälter kritisieren deren Verbände Mofair und NEE, die "Kapitalspritze" würde zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen. Auch Grünen-Finanzexperte Sven-Christian Kindler sprach von einem "Blankoscheck". Daher sei es gut, dass dem Konzern jetzt die Zähne gezeigt würden. "Die Finanzlöcher resultieren aus dem Missmanagement des DB-Vorstandes und des Versagen der Bundesregierung im Aufsichtsrat", sagte Kindler. Der Bahn-Vorstand stolpere von einer Krise in die nächste und Alexander Dobrindt als Bundesverkehrsminister schaue tatenlos zu.