Das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 hat festgelegt: Die Erderwärmung soll auf „deutlich unter 2 Grad“ begrenzt werden. Dass dies umsetzbar ist, wird von Wissenschaftlern der Oxford-Universität bezweifelt. Ihrer Ansicht nach gelingt das nur mit einer stärkeren Besteuerung von Rindfleisch und Milch.
„Wir raten politischen Entscheidungsträgern ernsthaft, über die Einführung einer Klimasteuer für Lebensmittel nachzudenken“, zitiert der Standard Dr. Marco Springmann, Leiter eines Forscher-Teams an der Oxford-Universität. Dieses argumentiert, dass gut ein Viertel der Treibhausgasemissionen durch die Nahrungsmittelproduktion entstehe. Der Großteil davon werde durch die Nutztierhaltung verursacht. Um den Ausstoß schädlicher Treibhausgase deutlich zu reduzieren, haben sie verschiedene Varianten der Besteuerung in einer erstmals weltweit erhobenen Studie durchgerechnet.
Das Ergebnis ihrer Überlegungen haben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ veröffentlicht. Ihre These: Es sind durchschnittliche Preisaufschläge von 40 Prozent auf Rindfleisch und 20 Prozent auf Milchprodukte nötig, um die Schäden des Klimawandels zu reduzieren. Ihre Prognose: Beim Fleisch könnte eine solche Besteuerung einen weltweiten Rückgang des Konsums von 13 Prozent bewirken. Im Fall der Milch könnte der Konsum um acht Prozent sinken. Der Effekt: Bis zum Jahr 2020 könnten die CO2-Emissionen um eine Milliarde Tonnen pro Jahr reduziert werden. Das entspräche der gesamten globalen Luftfahrtindustrie pro Jahr so Springmann.
Die Idee einer so genannten „Fleischsteuer“ ist nicht neu. Ihre Wirkung ist jedoch umstritten. Die daraus folgenden höheren Preise könnten zwar die Nachfrage abschwächen. Verbesserungen in der Intensivtierhaltung sind aber fraglich. Ein Nebeneffekt könnte außerdem mehr soziale Ungleichheit sein. Die Oxford-Wissenschaftler haben bei ihren Überlegungen für jeden Typ von Lebensmittel und in jeder Region der Welt unterschieden. Errechnet wurden die jeweils notwendigen Steuern, um die Schäden durch die Produktion zu minimieren. Gleichzeitig sollte keine Schlechterstellung der ärmeren Bevölkerung verursacht werden. So beinhalte die optimale Mixtur für eine gesunde Ernährung „auch Subventionen für gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse und Zahlungen an wirtschaftlich schwächere Menschen, um die Preiserhöhungen auszugleichen“, so Springmann.
Die zuständigen Wissenschaftler gehören dem „Oxford Martin Programme on the Future of Food“ an der Universität Oxford an. Das interdisziplinäre Forschungsinstitut wurde 2005 gegründet. Direktor ist der deutsch-brasilianische Politiker Achim Steiner. Er war bis zum Sommer 2016 Chef des UN-Umweltprogramms (UNEP). Seit Oktober dieses Jahres ist er zudem Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung.
Durchgeführt wurde die Studie in Kooperation mit dem Internationalen Forschungsinstitut zur Nahrungsmittelpolitik in Washington D.C. Die 1975 Einrichtung entwickelt strategische Lösungsansätze, um die Armut in Entwicklungsländern zu reduzieren. Schwerpunkte sind daneben die Verbesserung von Ernährung und Gesundheit der Weltbevölkerung sowie ein umweltverträgliches, landwirtschaftliches Wachstum. Das Institut wird vor allem durch öffentliche Gelder und private Stiftungen finanziert. Es gehört zu den 15 internationalen Forschungseinrichtungen, die von der Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung (CGIAR) unterstützt werden.