Die Osram-Beschäftigten wollen einen Verkauf des Lichttechnik-Konzerns an chinesische Investoren verhindern. In einem beispiellosen Schritt hat nach der IG Metall jetzt auch der Betriebsrat Widerstand angekündigt und von der Politik ein klares Wort gefordert. Die Betriebsratsvorsitzende des größten deutschen Osram-Werks Regensburg, Irene Weininger, rief den Vorstand und den Großaktionär Siemens am Mittwoch zu einer klaren Absage an jeden Übernahmeversuch auf.
Als unabhängiges Unternehmen habe Osram bessere Wachstumschancen, eine Übernahme wäre nicht im Interesse der Arbeitnehmer. „Wir werden uns daher gegen jeden ‚feindlichen‘ Übernahmeversuch vehement zur Wehr setzen“, kündigte Konzern-Betriebsratschef Werner Leyer an.
Siemens hält noch 17,5 Prozent der Aktien und soll Verkaufsabsichten hegen. Ein chinesisches Unternehmen hat bereits öffentlich Interesse bekundet. Osram-Chef Olaf Berlien hatte Anfang November Gespräche mit potenziellen Anlegern aus China bestätigt und gesagt, er halte auch eine Komplettübernahme für möglich. Osram beschäftigt nach dem Verkauf seiner Lampensparte noch 6400 Mitarbeiter in Deutschland, davon 3500 in Regensburg.
Die Regensburger Betriebsratschefin Weininger forderte den Siemens-Vorstand auf, „zu seinem Wort zu stehen und im besten Interesse von Osram und seiner Belegschaft zu handeln“. Das habe Siemens bei der Abspaltung versprochen. Berlien forderte sie auf, „diese leidige Diskussion zu beenden“ und „weiteren Gesprächen eine klare Absage zu erteilen. Es ist wichtig, dass bei Osram und seiner Belegschaft wieder Ruhe einkehrt.“ Trotz hervorragender Geschäftszahlen seien viele verunsichert und befürchteten langfristig eine Abwanderung der Arbeitsplätze.
Leyer verwies auf schlechte Erfahrungen mit einem chinesischen Leuchtstoffhersteller vor drei Jahren: Der Zugang zum chinesischen Markt sei nicht besser geworden, „nur unser Know-How ist abgeflossen“, sagte der Konzern-Betriebsratschef. „Diese Firma tritt heute als direkter Konkurrent von uns auf.“
Osram halte viele Patente in wichtigen Zukunftstechnologien, „auch in militärischen Anwendungsgebieten“, sagte Leyer und verwies auf das Veto der US-Regierung gegen die Übernahme von Philips Lumileds durch chinesische Investoren. Deshalb „sollten alle Beteiligten - inklusive der Politik- ein Interesse daran haben, jetzt für Klarheit zu sorgen“, sagte Leyer mit Blick auf Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Gabriels Staatssekretär Matthias Machnig sagte dem Handelsblatt: „Stellungnahmen von der Arbeitnehmerseite und den Gewerkschaften werden wir sehr ernst nehmen.“
Bei einer Übernahme könnte auch der ein oder andere wichtige Kunde abspringen, um sein Know-How zu schützen, hieß es aus informierten Kreisen. Vor zwei Wochen hatte schon der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler Front gegen eine Übernahme gemacht. „Aufgrund der Risiken einer Übernahme und möglicher negativer Folgen für die Mitarbeiter werden wir uns einem Übernahmeversuch vehement widersetzen“, hatte er angekündigt.
Formell hat die Arbeitnehmerseite kein Vetorecht - praktisch aber könnte es schwer werden, wenn ein Investor die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, den Betriebsrat und die IG Metall geschlossen gegen sich hat. Zudem sei fraglich, ob alle Kapitalvertreter im Aufsichtsrat für einen Verkauf stimmen würden, hieß es aus Unternehmenskreisen. Damit sei fraglich, ob ein Investor vor dem Kauf überhaupt Einblick in die Bücher bekäme.