Die Wirtschaft Großbritanniens hat die Folgen des Brexit-Votums kompensiert und ihr Wachstumstempo nur leicht verringert. Das Bruttoinlandsprodukt stieg zwischen Juli und September um 0,5 Prozent zum Vorquartal, wie das nationale Statistikamt ONS am Freitag mitteilte und damit eine erste Schätzung bestätigte. Im Frühjahr gab es noch ein Plus von 0,7 Prozent. Trotz der leichten Konjunkturabkühlung legte die Wirtschaft auf der Insel stärker zu als in Deutschland, wo im dritten Quartal nur ein Wachstum von 0,2 Prozent heraussprang.
Trotz der Unsicherheit über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen zur EU nach dem Referendum im Juni zogen die Investitionen in Großbritannien um 0,9 Prozent an und damit stärker als erwartet. Das Votum für einen Austritt aus der Europäischen Union hatte die konjunkturellen Perspektiven des Vereinigten Königreichs eingetrübt. Für dieses Jahr erwartet die für Budgetfragen zuständige Behörde zwar noch einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,1 Prozent. Doch 2017 dürfte es sich demnach abschwächen – auf dann nur noch 1,4 Prozent. Die Regierung setzt zum Gegensteuern auf ein Konjunkturprogramm: Innerhalb von fünf Jahren will sie 23 Milliarden Pfund (26,9 Milliarden Euro) in die Verkehrswege und den Wohnungsbau pumpen.
Premierminister Theresa May will bis Ende März den Abschied aus der EU beantragen. Danach beginnt der zweijährige Austrittsprozess. Ob die Briten weiter Zugang zum europäischen Binnenmarkt mit seinem zollfreien Warenverkehr bekommen, muss in Verhandlungen geklärt werden. Für das Londoner Finanzzentrum ist insbesondere der sogenannte EU-Pass wichtig. Dieser ermöglicht Banken den ungehinderten Zugang zu den Kapitalmärkten der EU.