Gemischtes

Niedersachsen: Türkisch, Arabisch und Russisch als Sprachen in der Schule

Niedersachsen will Türkisch als Sprache in der Schule anbieten. Auch Russisch und Arabisch sollen angeboten werden. Der Ansatz ist durchaus vernünftig, weil die Kenntnis der Sprache das Verständnis in der Welt fördern kann.
26.11.2016 02:33
Lesezeit: 2 min

Aus der Rede der Niedersächsischen Kultusministerin Frauke Heiligenstadt zu TOP 20 der Sitzung des Niedersächsischen Landtags am 23. November 2016:

Unsere niedersächsischen Schulen bieten schon jetzt eine erhebliche Zahl von Sprachen an; viele davon im regulären Fremdsprachenunterricht, als erste, zweite oder dritte Fremdsprache. Neben Englisch können niedersächsische Schülerinnen und Schüler nicht nur Französisch und Latein, sondern auch Spanisch, Russisch, Italienisch, Niederländisch, Polnisch, Chinesisch, Japanisch, Griechisch und Hebräisch lernen.

Der Entschließungsantrag „Mehrsprachigkeit fördern" zielt insbesondere darauf ab, Sprachen zu fördern, die den Kindern und Jugendlichen aus ihrem Elternhaus bzw. ihrem Herkunftsland bereits vertraut sind, also die sogenannten „Herkunftssprachen". Viele dieser Herkunftssprachen gehören nicht zum bisherigen Fremdsprachenangebot.

Wenn Kinder ihre jeweilige Herkunftssprache im Elternhaus lernen, stellt dieses Wissen ein Potenzial für sie selbst und für die Gesellschaft dar, das die Schule würdigen und nach Möglichkeit aufgreifen und stärken sollte.

Das geschieht bisher vorrangig im Herkunftssprachlichen Unterricht an der Grundschule. Dazu heißt es im Runderlass „Förderung von Bildungserfolg und Teilhabe von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache" vom 01.07.2014: „Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache ist nach Möglichkeit, sofern ein entsprechender Bedarf nachgewiesen wird, schwerpunktmäßig in den Schuljahrgängen 1 bis 4 Unterricht in den Herkunftssprachen anzubieten."

Dieser kann für eine Gruppe von mindestens zehn Schülerinnen und Schülern gleicher Herkunftssprache eingerichtet werden. Diese Möglichkeit wird nach wie vor in erheblichem Umfang genutzt, wobei Türkisch die bei weitem am stärksten nachgefragte und angebotene Sprache ist: 4.379 Schülerinnen und Schüler in 546 Gruppen lernen diese Sprache, das sind mehr als 50 Prozent des Herkunftssprachlichen Unterrichts.

Für den Sekundarbereich sieht derselbe Erlass vor, herkunftssprachlichen Unterricht im Rahmen eines erweiterten sprachlichen Angebots einzurichten. An diesem Unterricht sollen alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer Herkunft teilnehmen können.

Diese Art des erweiterten herkunftssprachlichen Unterrichts gibt es bereits: Eltern, deren Familiensprache Englisch, Französisch oder Spanisch ist, haben keine Mühe, in ihrer Nähe eine Schule mit dieser Sprache im Fremdsprachenangebot zu finden. Für Russisch, Italienisch, Niederländisch und Polnisch ist das viel schwieriger, für Türkisch so gut wie unmöglich.

Wir wollen jetzt - ganz im Sinne des Entschließungsantrags - sorgfältig prüfen, ob und wie das Sprachenangebot in der Schule insbesondere im Sekundarbereich erweitert werden kann, um das Potenzial an Mehrsprachigkeit in der Schülerschaft zu nutzen.

Da steht Türkisch ganz oben an. Es geht aber auch um eine mögliche Stärkung des Russischen und des Polnischen als weitere wichtige Herkunftssprachen von in Deutschland lebenden Familien. Und schließlich ist zu überlegen, wie man Arabisch als Sprache von vielen in den letzten Jahren neu zugewanderten Familien berücksichtigen kann.

Drei Dinge sollten wir dabei aber bedenken:

Erstens: Die Pflege der jeweiligen Herkunftssprache als Familiensprache ist vor allem Aufgabe der Eltern. Das ist auch deshalb wichtig zu betonen, weil kein Schulsystem ALLE Herkunftssprachen berücksichtigen kann, sondern nur diejenigen, die von einer ausreichend großen Zahl von Schülerinnen und Schülern gesprochen werden.

Zweitens: Das bisherige Fremdsprachenangebot hat sich bewährt und soll nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden. Wir wollen allerdings prüfen, wie es teils gestärkt, teils erweitert werden kann. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten, nicht nur das Angebot als Wahlpflicht-Fremdsprache oder Wahl-Fremdsprache, sondern zum Beispiel auch die Vorbereitung auf externe Prüfungen in Zusammenarbeit mit Volkshochschulen, wie dies bei dem Projekt „Mehrsprachig erfolgreich sein" für Polnisch und Türkisch erprobt wurde.

Drittens: Die Pflege der eigenen Herkunfts- bzw. Familiensprache soll Kinder und Jugendliche mit den anderen in der Schule verbinden, statt sie gegen diese abzugrenzen. Es gibt Grundschulen, an denen Kinder mit und ohne familiäre Zuwanderungsgeschichte im bilingualen Deutsch-Türkisch-Unterricht beide Sprachen spielerisch entdecken und voneinander lernen. Und es gibt Gymnasien, an denen im Russisch-Unterricht zur Hälfte Kinder russischsprachiger Eltern und zur Hälfte Kinder ohne Vorkenntnisse sitzen und gemeinsam Lernfortschritte machen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...