Politik

Schlappe bei Kampfabstimmung: Grüne Basis lässt Volker Beck fallen

Sie grüne Parteibasis verweigerte Volker Beck ein sicheres Ticket in den nächsten Bundestag. Beck hat große Verdienste in Minderheiten- und interkulturellen Fragen, geriet jedoch mit einer Drogen-Affäre ins Abseits.
03.12.2016 14:42
Lesezeit: 2 min

Bettina Grönewald und Teresa Dapp von der dpa berichtet über das mögliche Ausscheiden von Volker Beck aus dem Bundestag:

Deutlicher kann eine Klatsche kaum ausfallen. Bei ihrem Landesparteitag in Oberhausen ließen die nordrhein-westfälischen Grünen ihren umstrittenen Parteifreund Volker Beck fallen. 22 Jahre sitzt der Kölner bereits im Bundestag und wollte nächstes Jahr in die Verlängerung. Doch da spielte sein Landesverband nicht mit: In einer Kampfkandidatur gegen den renommierten Grünen-Agrarpolitiker Friedrich Ostendorff stattete die Basis Becks Herausforderer am Freitagabend mit fast dreimal so vielen Stimmen aus.

In Berlin hatten die meisten Parteifreunde bereits damit gerechnet, dass Beck es nicht wieder auf einen der vorderen Listenplätze schaffen werde. «Alle erkennen seine enorme Lebensleistung an» - so oder so ähnlich äußerten sich im Vorfeld viele Grüne - Parteilinke wie Realos. Ein bisschen klang das schon nach Abschiedsrede.

«Ihr wisst, ich bin manchmal eine Nervensäge, aber ich brenne für die Sache und ich gehe auch dahin, wo es weh tut», hatte Beck in seiner Kandidatenrede in Oberhausen für sich geworben. «Ich möchte mit meiner Hartnäckigkeit und Ungeduld, aber auch mit meinen Fehlern um Euer Vertrauen bitten.» Doch davon hatte der streitbare Kölner offensichtlich schon zu viel verspielt.

Seine Angreifbarkeit in der Aufarbeitung der Pädophilie-Debatte aus den frühen Jahren der Grünen hat viele in der Partei verärgert. Dann kam noch ein Drogenfund im März hinzu. Klare Distanzierungen, Entschuldigungen und wegen «geringer Schuld» beendete Verfahren konnten die Negativ-Schlagzeilen nicht vergessen machen.

Sein eigener Kölner Kreisverband hob nicht Beck auf den Schild, sondern unterstützte die Spitzenkandidatur des jungen NRW-Landeschefs Sven Lehmann. Der 36-jährige Kölner landete am Ende zwar auch nicht auf dem erwünschten Platz 2, immerhin aber auf einem sicheren Platz 4. Offenbar wünschen sich viele in der Partei auch einen Generationswechsel.

Dabei gibt es durchaus einflussreiche gesellschaftliche Kräfte, die große Stücke auf Beck halten. Zu seien prominenten Unterstützern zählen Gewerkschaftsboss Frank Bsirske und der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster.

Beck hatte - wenigstens nach außen - nie ein Problem damit, mit seinem Einsatz für Minderheiten zu nerven - den politischen Gegner oder die eigenen Reihen. In seinem Bewerbungsschreiben an den Parteitag formulierte er das als eigene Stärke: «Ihr kennt mich: Einknicken und Aufgeben ist nicht mein Ding.»

Inhaltlich geben ihm die Grünen uneingeschränkt recht, wenn er unermüdlich gegen Diskriminierung, für die Ehe für alle oder die Entschädigung der Opfer des «Schwulenparagrafen» 175 kämpft. Trotzdem verdreht der eine oder andere schon mal die Augen, wenn er auf Beck angesprochen wird und murmelt etwas von «Moralkeule». Auch mit seinen offenen Auseinandersetzungen mit den Realos der Partei hat Beck sich nicht überall Freunde gemacht. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann mahnte jüngst auf dem Parteitag in Münster, es mit der «Political Correctness» nicht zu übertreiben

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...