Die deutschen Exporteure kassieren nach einer Flaute in den ersten zehn Monaten ihre Ziele für 2016. „Die Prognose von zwei Prozent Wachstum ist nicht mehr zu halten“, sagte ein Sprecher des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) am Freitag zu Reuters. „Wir werden wohl nur mit einem Mini-Plus aus dem Jahr gehen.“ Allein im Oktober stiegen die Warenausfuhren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 0,5 Prozent zum Vormonat und damit nur halb so stark wie erwartet. „Der Export als frühere Wachstumsmaschine der deutschen Wirtschaft tut sich schwer, Dynamik zu gewinnen“, sagte Deutschland-Chefvolkswirt Carsten Brzeski von der ING-Diba.
Von Januar bis Oktober stiegen die Exporte nur minimal um 0,3 Prozent auf gut eine Billion Euro und stagnierten damit weitgehend. Der BGA hatte erst vor kurzem seine Wachstumsprognose auf maximal zwei Prozent halbiert, da große Handelspartner wie Russland und Brasilien schwächeln. Vor allem das Geschäft mit Ländern außerhalb der Europäischen Union lief schlecht. Es schrumpfte in den ersten zehn Monaten um 1,7 Prozent, während die Exporte in die EU um 1,7 Prozent zunahmen.
Im Vergleich zum Vorjahresmonat sackten die Ausfuhren im Oktober sogar um 4,1 Prozent ab. „Das ist ein mieser Start für den deutschen Außenhandel in das Schlussquartal“, sagte BGA-Präsident Anton Börner. Die Zahlen zeigten deutlich, wie abhängig die deutschen Unternehmen von einem stabilen internationalen Wirtschaftsumfeld seien.
Brexit-Bremse und Trump-Turbulenzen
Für Gegenwind könnten im nächsten Jahr die Verhandlungen zwischen Großbritannien und seinen europäischen Partnern über einen EU-Austritt sorgen. Fachleute erwarten steigende Unsicherheit bei den Firmen, solange die Beziehungen mit den Briten als wichtigem Handelspartner unklar sind. „Die Brexit-Frage muss schnell und ohne Umschweife geklärt werden“, forderte Börner.
Zudem könnte es den Exporteuren zu schaffen machen, wenn der künftige US-Präsident Donald Trump den Freihandel ausbremst. „Eine mögliche Abschottungspolitik unter dem neuen US-Präsidenten verheißt nichts Gutes für den Ausblick der deutschen Exporteure“, sagte Volkswirt Brzeski.
Die Bundesbank geht davon aus, dass die Exporte im nächsten und übernächsten Jahr wieder etwas stärker anziehen, „aber unter der eher zögerlichen Erholung des Welthandels leiden“. Insgesamt sieht die Notenbank die deutsche Wirtschaft derzeit in einem soliden Aufschwung - dank der guten Inlandskonjunktur. „Hauptstütze ist die lebhafte Binnennachfrage, die von der günstigen Arbeitsmarktlage und von steigenden Einkommen der privaten Haushalte profitiert“, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Für das laufende Jahr erwartet die Bundesbank einen Anstieg der Wirtschaftskraft um 1,9 Prozent, der sich im nächsten Jahr auf 1,5 Prozent abschwächen dürfte. Bereinigt um die unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen sei dies für 2016 und 2017 ein anhaltendes Wachstum von jeweils 1,8 Prozent.