Die gestiegenen Ölpreise haben die Inflations-Erwartungen in der Eurozone angetrieben. Beobachter rechnen damit, dass sich die Geldentwertung im kommenden Jahr beschleunigen könnte. Rolf Schneider, Head of Macro Research bei der Allianz, sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Nach unserer aktuellen Einschätzung werden die Verbraucherpreise im Euroraum 2017 um durchschnittlich 1,5% und 2018 durchschnittlich um 1,7% steigen. Damit weichen wir von den EZB-Projektionen um jeweils 0,2 Prozentpunkte nach oben ab. Dabei sind in unserer Prognose moderat steigenden Rohstoffpreise unterstellt.
Der sehr mäßige Anstieg der Lohnkosten im Euroraum ist ein wesentlicher Grund, der gegen eine starke Beschleunigung beim Preisauftrieb spricht. Aber natürlich könnte ein überraschend starker Anstieg des Rohölpreises – sagen wir auf 80-90 Dollar je Barrel – auch zu vorübergehend über 2% liegenden Inflationsraten führen. Das ist zwar nicht unser Basisszenario, aber ein Risikofall. Die EZB wäre durchaus gut beraten, einen etwas stärkeren Preisauftrieb als potenzielle Entwicklung in ihr Kalkül aufzunehmen.
Des Weiteren: ein moderater genereller Zinsauftrieb würde die Rückzahlungsfähigkeit der Schuldenlast in den Eurostaaten nicht gefährden, da die Durchschnittszinsen in den Staatshaushalten der Euroländer derzeit immer noch wesentlich höher sind als der aktuelle Marktzins. Probleme würden erst auftreten, wenn sich die Spreads massiv ausweiten würden.“
Am Dienstag hatte ein Ratsmitglied der EZB verkündet, dass die jüngsten Inflationsprognosen der EZB wegen der anziehenden womöglich Makulatur seien. Die Projektionen seien auf Basis der Daten bis zum Stichtag 24. November erstellt worden, sagte der estnische Notenbankchef Ardo Hansson, laut Reuters. Seither sei der Ölpreis jedoch „recht beachtlich“ nach oben gegangen: „Mit dem Wissen von heute ist der Inflationsausblick mit Aufwärtsrisiken behaftet.“ Der Stab der Europäischen Zentralbank (EZB) hatte in den am vergangenen Donnerstag vorgelegen Projektionen für 2017 eine Inflationsrate von 1,3 Prozent veranschlagt. Die EZB strebt eine Rate von knapp zwei Prozent an, die als optimal für die Konjunkturentwicklung gilt.
EZB-Chefvolkswirt Peter Praet möchte noch nicht über mögliche Anhebungen des Leitzinses sprechen. „Wir sind noch nicht so weit“, sagte Praet laut Reuters. In den USA sei die Konjunkturerholung deutlich weiter fortgeschritten, die Arbeitslosigkeit geringer, die Inflationsrate höher. „Deshalb kann die amerikanische Wirtschaft höhere Zinsen verkraften.“ Aus Sicht von Praet verbessert sich auch in der Euro-Zone inzwischen die wirtschaftliche Lage. Der Aufschwung festige sich. „Allerdings ist das Tempo noch gemäßigt, und die Inflation ist noch ein gutes Stück entfernt von dem Wert, den wir anstreben,“ sagte Praet. Die Europäische Zentralbank (EZB) peilt knapp zwei Prozent Inflation an. Im November lag sie offiziell nur bei 0,6 Prozent.