Finanzen

Erste Bank in Deutschland lehnt Euro-Münzen ab

Lesezeit: 2 min
12.01.2017 00:53
In Deutschland verweigert erstmals eine Bank die Annahme und Ausgabe von Münzgeld. Mehrere Banken erheben zudem Gebühren auf die Verwendung von Münzen. Der Kampf gegen das Bargeld wird offenbar in zahlreichen kleinen Etappen geführt.
Erste Bank in Deutschland lehnt Euro-Münzen ab

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Bargeld  

Mit der Sparda Bank Hannover verweigert eine deutsche Bank zum ersten Mal die Annahme und Ausgabe von Münzgeld. Wie die Bild-Zeitung berichtet, können Kunden der Bank ab sofort in 23 der insgesamt 25 Filialen keine Münzen mehr einzahlen oder am Schalter erhalten.

Die Sparda Bank begründet ihre Entscheidung damit, dass Münzgeld ohnehin eine „immer kleinere Rolle spiele.“ Im vergangenen Jahr sei rund ein Prozent aller Einzahlungen auf Münzgeld entfallen. Die Begründung der Bank ist fragwürdig, weil Münzen in Deutschland gesetzliches Zahlungsmittel sind und akzeptiert werden müssen.

Verbraucherschützer wie Anabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen kritisieren den Entschluss: „Geld ist Geld. Ob als Schein oder als Münze – es muss mein Recht als Verbraucher sein, es zur Bank bringen zu können.“ Oelmann vermutet, dass der Annahmestopp in den verglichen mit elektronischen Überweisungen höheren Kosten begründet liegt. Mehrere Banken berechnen ihren Kunden inzwischen Gebühren für den Umtausch und die Einzahlungen mit Münzen. Die Sparkasse Köln/Bonn erhebt pauschal 3 Euro, die Volksbank Berlin beispielsweise 5,5 Prozent des Einzahlungsbetrages.

Insgesamt ist in den vergangenen Jahren ein Trend zu neuen oder höheren Gebühren festzustellen. Dieser ist Folge der ultraexpansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, welche dazu führte, dass Geschäftsbanken aufgrund der Strafzinsen der Zentralbank und aufgrund des niedrigen Zinsniveaus kaum noch Rendite erwirtschaften können. Dieses Problem betrifft allerdings auch die Sparer.

Girokonto, Girocard, Geldabheben - der Fantasie der Institute bei der Anhebung sind keine Grenzen mehr gesetzt. Die Postbank mit ihren 14,3 Millionen Kunden kassiert seit vergangenem Jahr 99 Cent für Überweisungen, die Kunden am Schalter abgeben, berichtet die dpa. Etliche Sparkassen lassen es sich teuer bezahlen, wenn Kunden Münzgeld am Schalter einzahlen wollen. Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon ist überzeugt, dass es „in einigen Jahren praktisch nirgendwo mehr kostenlose Girokonten geben wird“. Mit überschüssigen Einlagen kann die Branche derzeit ohnehin nichts anfangen. Und Bankenprofessor Dirk Schiereck prognostiziert: „Bei der Nutzung von bankeigenen Geldautomaten wird schon in ein, zwei Jahren ein Entgelt fällig werden.“ Bargeldversorgung sei für Banken und Sparkassen „einfach eine sehr teure Angelegenheit“, erklärte Schiereck auf Nachfrage.

Theoretisch können Banken Gebühren unbegrenzt erhöhen. „Es gibt keine Obergrenze für Gebühren“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Michael Kemmer. Indes buhlen in Europas größter Volkswirtschaft etwa 2000 Kreditinstitute um die Gunst der Kunden - deutlich mehr als in anderen Ländern. Kemmer ist daher überzeugt: „Wir haben in Deutschland einen extrem harten Wettbewerb, der wird dafür sorgen, dass die Gebühren nicht in den Himmel wachsen.“ Größte Hürde: Die Kostenlos-Mentalität hat sich verfestigt. „Für die Kunden in Deutschland ist es Normalität, dass sie für die meisten Leistungen nichts bezahlen müssen“, sagt Nils Beier von der Beratungsgesellschaft Accenture. „Daher wird das auch die größte Herausforderung sein, diese Umstellung hinzubekommen.“

Doch nicht nur Kostenüberlegungen spielen eine Rolle, auch ein weltweit zu beobachtender Feldzug gegen die Verwendung von Bargeld spielt als Hintergrund eine Rolle. Bargeld erlaubt es den Bürgern, ihre Ersparnisse aus dem Geldkreislauf herauszuziehen und Staaten und Banken die Kontrolle darüber zu verwehren. Mögliche Strafzinsen oder Sonderabgaben auf Guthaben sind so nicht mehr umzusetzen. Der Internationale Währungsfonds machte im Jahr 2013 Schlagzeilen, als der eine globale Sonderabgabe in Höhe von 10 Prozent auf alle Guthaben zur Lösung der Schuldenkrise empfahl.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Nach neuen Angriffen: USA und NATO erhöhen Unterstützung für Ukraine, während Russland seinen Machtanspruch verstärkt.

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...