Politik

Schere zwischen Arm und Reich noch größer als gedacht

Weltweit, aber auch in Deutschland ist die Schere zwischen Arm und Reich größer als gedacht.
16.01.2017 14:56
Lesezeit: 1 min

Die soziale Ungleichheit in der Welt ist der Entwicklungsorganisation Oxfam zufolge deutlich größer als angenommen und wächst weiter. Die acht reichsten Personen hätten 2016 zusammen 426 Milliarden Dollar und damit mehr als die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung (3,6 Milliarden Menschen mit 409 Milliarden Dollar) besessen, erklärte Oxfam am Montag. Die Organisation legte den Bericht zum Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos vor. Oxfam forderte einen weltweiten Mindeststeuersatz für Konzerne, die Schließung von Steueroasen, Transparenz bei Gewinnen und Steuerzahlungen internationaler Konzerne sowie Steuern auf sehr hohe Einkommen und Vermögen.

Vor einem Jahr hatte Oxfam berechnet, dass das Vermögen der 62 reichsten Personen dem der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung entspreche. Neue Daten zeigten nun, dass die Ärmeren weniger besäßen als angenommen.

Auch reiche Länder sind laut Oxfam von sozialer Ungleichheit betroffen. In Deutschland hätten 36 Milliardäre so viel Vermögen (297 Milliarden Dollar) wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung, und das reichste Prozent besitze rund ein Drittel des gesamten Vermögens. "Dieses abartige Ausmaß an Ungleichheit gefährdet unsere Demokratie, ist Ausdruck eklatanten Politikversagens und nicht länger hinnehmbar", erklärte dazu Klaus Ernst, Fraktionsvize der Linken im Bundestag. Es sei richtig, "Spitzeneinkommen besonders zu besteuern und auch die Vermögen der Reichen mehr für das Gemeinwohl heranzuziehen".

Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) sagte, in Deutschland gehe die Schere zwischen Arm und Reich zwar nicht weiter auseinander - dank Mindestlohn und guter Tarifabschlüsse. "Doch der Abstand der unteren Einkommensgruppen zur Mitte wird auch hierzulande immer größer, zu den Top-Verdienern sowieso."

Oxfam kritisierte, die Entwicklung hänge eng mit den Möglichkeiten reicher Menschen und internationaler Konzerne zusammen, sich Vorteile auf Kosten des Allgemeinwohls zu verschaffen. Sie nutzten aggressive Steuervermeidung, verschöben ihre Gewinne in Steueroasen und trieben Staaten in einen ruinösen Wettlauf um Steuersätze. Der entwicklungspolitische Sprecher der Grünen, Uwe Kekeritz, forderte, die globale Steuer- und Finanzmarktarchitektur müsse wieder dem Gemeinwohl dienen. "Steuersümpfe müssen ausgetrocknet, Schlupflöcher geschlossen werden."

Weltweit fühlten sich immer mehr Menschen abgehängt, beklagte Jörn Kalinski von Oxfam Deutschland. "Regierungen betreiben das Spiel der globalen Konzerne und reichen Eliten - und die Bevölkerung zahlt die Zeche." Dies beschädige den sozialen Zusammenhalt, behindere den Kampf gegen Armut und untergrabe den Glauben an die Demokratie. So bereite Ungleichheit den Boden für Rechtspopulisten. Auch SPD-Finanzexperte Joachim Poß warnte vor einem "gefundenen Fressen für Populisten und Nationalisten".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ukraine-Krieg: Frieden zwischen Ukraine und Russland kann neue Aktienrallye in Europa auslösen
20.04.2025

Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas leidet in besonderem Maße unter den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs. Hohe...

DWN
Politik
Politik Was sich im Mai ändert: Neue Namensregeln, schärferer Biomüll-Kurs und Abschied von Skype
20.04.2025

Im Mai 2025 kommen wichtige Änderungen auf Bürger zu: Neue Nachnamensregeln für Familien, strengere Biomüll-Kontrollen, digitale...

DWN
Finanzen
Finanzen Ride Them Out: Den richtigen Moment in der Börsen-Blasen-Strategie finden
20.04.2025

Die Finanzwelt steht immer wieder vor der Frage, wie man in turbulenten Zeiten richtig handelt. Dieser Artikel beleuchtet, warum es oft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Abschottung statt Gastfreundschaft: Trumps zweite Amtszeit trifft Amerikas Tourismusindustrie
20.04.2025

Internationale Reisende meiden die USA – Fälle willkürlicher Festnahmen an den Grenzen häufen sich. Europas Touristen ziehen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Shell: Asien als Haupttreiber des LNG-Wachstums bis 2040
20.04.2025

Shell prognostiziert einen Anstieg des globalen LNG-Verbrauchs um 60 Prozent bis 2040, vor allem getrieben durch die steigende Nachfrage in...

DWN
Politik
Politik Asien-Investor: „Jetzt beginnt Trumps Schicksalsvierteljahr“
20.04.2025

Ein schwedischer Analyst in Vietnam sieht das Weiße Haus vor einem Finanzbeben – und erkennt zugleich geopolitische Chancen für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Brücken sind marode – reicht eine Finanzspritze aus?
20.04.2025

Deutschlands Brücken sind in einem kritischen Zustand – ein aktuelles Beispiel ist die A100-Brücke in Berlin. Die sogenannte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft De-minimis-Ausnahme: Trump hat europäischen Unternehmen bisher ein Geschenk im Wert von 800 Dollar hinterlassen
19.04.2025

Trumps Zollpolitik ermöglicht es europäischen Unternehmen, Waren bis 800 Dollar zollfrei in die USA zu versenden. Doch Experten warnen,...