Politik

Hunderte Festnahmen bei Oppositions-Protesten in Russland

In Russland ist es zu zahlreichen Demonstrationen gegen die Korruption in der Regierung gekommen. Die Polizei nahm hunderte Verhaftungen vor.
27.03.2017 02:02
Lesezeit: 2 min

[vzaar id="9687302" width="600" height="338"]

[vzaar id="9687299" width="600" height="338"]

Die russische Polizei hat bei Demonstrationen in mehreren Städten hunderte Oppositionelle festgenommen, darunter den Putin-Kritiker Alexej Nawalny. Allein rund um die zentrale Twerskaja-Straße in Moskau sprach die Polizei am Sonntag von bis zu 8.000 Demonstranten und rund 500 Festnahmen. Am Abend waren dort noch immer hunderte Bereitschaftspolizisten im Einsatz. Der Aufmarsch in mehreren Städten war der größte der Opposition seit rund fünf Jahren.

Die russischen Staatsmedien berichten über die Proteste, geben aber an, dass sie nicht legal gewesen seien, da die Behörden einen Aufmarsch im Zentrum verboten hätten. Nawalny habe jedoch einen alternativen Veranstaltungsort abgelehnt.

Der Protest richtete sich vor allem gegen Korruption. Die Demonstranten warfen auch Ministerpräsident Dmitri Medwedew Bereicherung vor und forderten dessen Rücktritt. Erst vor wenigen Tagen waren sechs Verantwortliche wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder festgenommen worden, die eigentlich für Bauarbeiten auf dem Anwesen von Präsident Wladimir Putin gedacht waren. Wie das russische Ermittlungskomitee am Mittwoch mitteilte, wurden mindestens 225 Millionen Rubel (rund 3,6 Millionen Euro) abgezweigt, die für den Bau „öffentlicher Gebäude“ bestimmt waren. Festgenommen wurden demnach Andrej Kaminow, Leiter der öffentlichen Gesellschaft Ateks des Personenschutzes FSO, sowie fünf weitere Verdächtige.

Russischen Medienberichten zufolge war das Geld für den Bau mehrerer Gebäude auf Putins Anwesen in Nowo-Ogarewo nahe Moskau bestimmt. Kaminow und seine Partner sollten zwischen 2012 und 2015 dort ein Rezeptionsgebäude, ein Hotel und eine Garage bauen, wie die Zeitung „Kommersant“ berichtete. Der Vertrag belief sich auf insgesamt 5,7 Milliarden Rubel, von denen 45 Prozent an Ateks gingen, ohne dass die Arbeiten fertiggestellt wurden.

Nawalny war in Moskau von Sicherheitskräften festgesetzt und in einen Polizeibus gebracht worden. Hunderte Demonstranten sammelten sich daraufhin um den Bus, um diesen am Wegfahren zu hindern. Nawalny ist vor allem durch seine Blogs in Russland bekannt. Ein Gericht hatte ihn im Februar wegen Unterschlagung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren auf Bewährung verurteilt. Nawalny will dagegen in Berufung gehen. Er plant, bei der Präsidentschaftswahl 2018 gegen Amtsinhaber Wladimir Putin anzutreten. Umfragen zufolge hat die liberale Opposition aber kaum Chancen. Über die Anti-Korruptions-Proteste erhofft sie sich gleichwohl mehr Zuspruch aus der Bevölkerung.

„Ich bin sehr froh, dass so viele Menschen vom Osten des Landes bis Moskau auf die Straßen gehen“, sagte Nawalny kurz vor seiner Festnahme. Er rief zu den Protesten auf, nachdem er Anschuldigungen gegen Medwedew veröffentlicht hatte, wonach dieser ein weit über seinem Einkommen liegendes Vermögen angehäuft hat. Eine Sprecherin des Ministerpräsidenten nannte die Vorwürfe „propagandistische Attacken“.

Bei einer Demonstration in Wladiwostok am Japanischen Meer zählten Reuters-Reporter mindestens 30 Festnahmen. Die Menschen entrollten ein Banner mit der Aufschrift „Der Ministerpräsident muss antworten“. Eine 17-jährige Studentin sagte, in vielen anderen Ländern müssten Regierungen nach solchen Vorwürfen zurücktreten. Nach Angaben von Augenzeugen gab es auch in Jekaterinburg in der Industrieregion Ural Festnahmen. Medien berichteten außerdem von Festnahmen in weiteren Städten, darunter St. Petersburg und Nowosibirsk.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...