Politik

Merkel und Hollande vor Deal: Ja zu Fiskalpakt gegen Euro-Projektbonds

Lesezeit: 2 min
08.05.2012 01:06
Zwischen Deutschland und Frankreich zeichnen sich erste Umrisse eines Deals ab, wie die beiden großen Euro-Länder ihre Gegensätze überwinden können. Wenn Hollande vor dem Referendum in Irland ein klares Bekenntnis zum Fiskalpakt abgibt, könnte Merkel der Idee von Euro-Projektbonds zustimmen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Über deutsch-französische Misstöne war im Zug des französischen Wahlkampfs viel spekuliert worden. Nach Informationen der Deutschen Wirtschafts Nachrichten arbeiten jedoch die Teams des neuen französischen Präsidenten Francois Hollande und von Bundeskanzlerin Angela Merkel hinter den Kulissen bereits mit Hochdruck an einer Harmonisierung der unterschiedlichen Positionen.

Merkel besteht auf der Ratifizierung des Fiskalpakts. Hollande dagegen muss einen kleinen Erfolg im Hinblick auf seine Forderung nach wachstumsfördernden Maßnahmen vorweisen. Dabei deutet sich folgender Deal an: Hollande könnte seine Zustimmung zum Fiskalpakt noch innerhalb der nächsten Wochen geben. Dies ist wichtig, weil am 26. Mai im Bundestag die erste Lesung des Fiskalpakts erfolgt. Auch innerhalb der Unionsfraktion wollen die außenpolitischen Experten ein Mindestmaß an Klarheit: Es sei den Abgeordneten nicht zumutbar, sich mit einem Entwurf zu befassen, wenn dieser nicht von einem so wichtigen Partner wie Frankreich bestätigt sei, sagen Vertreter der Union. Das zweite wichtige Datum ist der 31. Mai: Dann stimmen die Iren in einem Referendum über den Fiskalpakt ab. Der Vorsitzende der Deutsch-Französischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag, Andreas Schockenhoff, sagte dazu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Hollande muss vor den Parlamentswahlen in Frankreich klarstellen, dass er den Fiskalpakt zur Ratifizierung vorlegen wird.“ Würde er bei seiner im Wahlkampf geäußerten Ablehnung bleiben, „kann man sich vorstellen, welchen Einfluss das auf das Abstimmungsverhalten in Irland hat“.

Damit Hollande seinerseits jedoch bei den in vier Wochen stattfindenden Parlamentswahlen nicht mit leeren Händen dasteht, könnte sich Angela Merkel mit einem neuen Finanzierungsinstrument anfreunden, das nicht Eurobonds heißt, wohl aber in die Gattung gemeinsamer Bonds gehört: Die EZB soll sogenannte Projekt-Bonds ausgeben. Mit diesen können die die Staaten Infrastruktur-Projekte finanzieren, ohne ihre Maastricht-Defizite zu erhöhen. Schockenhoff: „Die Union ist offen für Projekt-Bonds, wenn diese wirklich vernünftig verwendet werden, um Wachstumsimpulse zu setzen.“ Diese Bonds könnten jedoch nicht einfach im Haushalt versickern, denn „die Wettbewerbsfähigkeit muss gesteigert werden“. Auch Eurobonds lehnt die Union nicht grundsätzlich ab. Schockenhoff: „Solch ein Instrument kann jedoch erst zum Einsatz kommen, wenn die Staaten ihre Verschuldung so weit zurückgefahren haben, dass gemeinsame Bonds auch wirklich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aller beteiligten Länder entsprechen.“ Schockenhoff ist davon überzeugt, dass sich in diesem Fall die Zinsen der Euro-Staaten automatisch angleichen würden, weil die Märkte dann die Risiken bei den einzelnen Ländern ähnlich gewichten würden.

Offenbar ist allen Beteiligten klar, dass sich die Eurozone nach dem Griechenland-Wahlergebnis keine zweite Front leisten kann. Auch wenn Hollande einiges an sozialistischer Rhetorik aufbringen muss, um seine Konkurrenten am linken Rand auf Distanz zu halten: Faktisch muss Frankreich vor allem sicherstellen, dass die französischen Staatsanleihen nicht unter Druck geraten. Bei einem offenen Bruch mit Deutschland wäre dies unvermeidlich. Daher ist zu erwarten, dass sich die Töne in den kommenden Wochen deutlich mäßigen. Ob die Märkte dem Frieden am Ende wirklich trauen bleibt indes eine offene Frage.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratie in Deutschland kostet jährlich 146 Milliarden Euro
14.11.2024

Bürokratie-Abbau soll Kosten sparen. Durch die überbordende Bürokratie entgehen Deutschland bis zu 146 Milliarden Euro pro Jahr an...

DWN
Politik
Politik BSW: Regierungsbeteiligung nicht ausgeschlossen
14.11.2024

Das Bündnis Sahra Wagenknecht begrüßt die vorgezogene Neuwahl des Bundestages. Logistisch ist das für die junge Partei aber eine...

DWN
Panorama
Panorama Zufriedenheit mit der Demokratie nimmt stark ab, Ausländerfeindlichkeit steigt
14.11.2024

Eine Studienreihe der Universität Leipzig untersucht seit 2002, wie verbreitet rechtsextreme Einstellungen in der Gesellschaft sind. Vor...

DWN
Politik
Politik Nato-Raketenabwehrschirm: Polen verstärkt seine Sicherheitsmaßnahmen - und Russland droht
14.11.2024

In einer klaren Reaktion auf die anhaltende Bedrohung aus Russland wurde in Polen kürzlich ein Stützpunkt für den...

DWN
Politik
Politik Ukraine unter Druck, Nato-Chef Rutte fordert mehr Hilfe
13.11.2024

Nato-Generalsekretär Mark Rutte zufolge müssen die westlichen Partner jetzt fest „zusammenstehen.“ Er fordert mehr Unterstützung...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konjunktur-Jahresbericht: Wirtschaftsweise senken Wachstumsprognose - und warnen vor Trump-Politik
13.11.2024

Angesichts der politischen Unsicherheiten und der anhaltenden Konjunkturflaute haben die Wirtschaftsweisen ihr Jahresgutachten vorgestellt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ford: Stellenabbau droht - Kurzarbeit für 2.000 Beschäftigte in Köln
13.11.2024

Über Jahrzehnte hinweg konnte Ford auf dem europäischen Automarkt punkten, etwa mit dem beliebten Kleinwagen Fiesta. Inzwischen setzt das...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Berlin erreicht Talsohle - was jetzt für Immobilienbesitzer wichtig wird
13.11.2024

Im Jahr 2023 gab es eine seltene Korrektur auf dem Berliner Immobilienmarkt nach rasant steigenden Preisen. Aktuell stabilisieren sich die...