Politik

US-Regierung vor Schließung: Vizepräsident Pence bricht Asien-Reise ab

Die US-Regierung steht vor der Schließung. Vizepräsident Pence hat eine Asien-Reise vorzeitig abgebrochen. (Artikel für Abonnenten zugänglich)
25.04.2017 01:13
Lesezeit: 3 min

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Die US-Regierung bereitet Pläne für eine möglicherweise bevorstehende Schließung der Regierungsbehörden und -aktivitäten vor. Sollte es bis zum Abend des 28. April keine Einigung zwischen Republikanern und Demokraten über den Haushaltsentwurf für das nächste Finanzjahr geben, kommt es zu einem sogenannten „Government-Shutdown“. Im Zuge einer Regierungsschließung wird ein Teil der staatlichen Finanzierung sowie der Betrieb staatlicher Einrichtungen ausgesetzt – beispielsweise werden Beamte nach Hause geschickt, Nationalparks und Sehenswürdigkeiten geschlossen sowie die Finanzierung für Veteranen und Forschungseinrichtungen gestoppt. Zuletzt wurde die Regierung im Herbst 2013 für 17 Tage geschlossen.

Angesichts der bedrohlichen Lage hat US-Vizepräsident Mike Pence seine Asienreise überraschend verkürzt, um wieder früher nach Washington zurückzukehren, berichtet der englischsprachige Dienst von Reuters. Eigentlich sollte Pence zwei Nächte auf Hawaii verbringen und erst am Mittwoch in die Hauptstadt zurückkehren, er wir nun aber schon nach einer Nacht am Dienstagmorgen abreisen.

Der republikanische Senator Marco Rubio zeigte sich hinsichtlich der Möglichkeit eines Shutdown besorgt. Dieser könnte eine „destabilisierende Wirkung“ auf der ganzen Welt haben. „Wir können die Regierung jetzt nicht schließen. Das letzte was wir jetzt angesichts der Krise mit Nord-Korea und im Nahen Osten brauchen ist eine Botschaft an die Welt, dass die US-Regierung nur noch teilweise funktioniert“, wird er vom Guardian zitiert.

Das Office of Management and Budget (OMB) hat vor wenigen Tagen damit begonnen, Pläne für eine Schließung der Regierung mit anderen Regierungsbehörden auszuarbeiten. „Obwohl wir keine Schließung erwarten, verpflichten uns Gewissenhaftigkeit und gesunder Menschenverstand dazu, Routine-Untersuchungen und Vorbereitungen darüber durchzuführen“, wird OMB-Direktor Mick Mulvaney zitiert.

Hintergrund des möglichen Government Shutdown ist die massive Überschuldung der Vereinigten Staaten, die in den vergangenen Jahren an Schärfe zugenommen hat. Am 15. März war eine verbindliche Obergrenze für die Staatsschulden in Kraft getreten. Diese liegt bei 20 Billionen Dollar – eine Grenze, welche bei gegenwärtig rund 19,886 Billionen Dollar Schulden bald erreicht sein wird. Um die Schuldenobergrenze weiter anzuheben, ist aber die politische Mitwirkung der Demokraten notwendig, welche ein Entgegenkommen derzeit öffentlich ausschließen.

In den vergangenen Jahren sind die Verbindlichkeiten des US-Regierung geradezu explodiert: in der achtjährigen Amtszeit von US-Präsident Barack Obama zwischen 2009 und 2017 haben sich die Staatsschulden von etwa 10 Billionen Dollar auf fast 20 Billionen Dollar fast verdoppelt. Die Gesamtverschuldung in den USA inklusive der Schulden von Bundesstaaten, Städten, Unternehmen und Privathaushalten liegt derzeit bei etwa 68,686 Billionen Dollar.

Inzwischen sind die massiven Schulden zu einer Bürde für das Wirtschaftswachstum geworden. Die hohe Verschuldung der Unternehmen hat beispielsweise dazu geführt, dass diese immer weniger neue Schulden machen können und die Kreditvergabe an die Wirtschaft deshalb merklich zurückgegangen ist. Überhaupt lässt sich mit Blick auf die vergangenen Jahre feststellen, dass die Wirkung von neuen Krediten aufgrund der gestiegenen Gesamtschuldenlast immer geringer ausfällt. Ein beträchtliches Problem stellt zudem die Verschuldung der Bürger dar. Beobachter rechnen inzwischen damit, dass sich die Leitzinserhöhungen der US-Zentralbank Federal Reserve in höheren Kreditkarten- und Darlehenskosten niederschlagen und die Konsumbereitschaft deutlich hemmen wird. Auf dem Konsum jedoch basieren etwa 70 Prozent der US-amerikanischen Wirtschaftskraft.

Bemerkenswert ist, dass den USA nur noch vier Tage bleiben, um eine Schließung abzuwenden. Am Montag kehren die Mitglieder des Senats aus ihrem zweiwöchigen Osterurlaub zurück, am Dienstag folgen die Mitglieder des Repräsentantenhauses. Bis Freitag müssen Republikaner und Demokraten in den unterschiedlichen Organen Senat, Repräsentantenhaus und Kongress eine Übereinkunft über den Haushaltsentwurf für das neue Finanzjahr erreicht haben. Spätestens im Mai muss zudem eine Entscheidung über eine Anhebung der Schuldenobergrenze erfolgt sein.

Dies gestaltet sich mehr als schwierig, weil das neue Haushaltskonzept Gelder für Vorhaben vorsieht, welche die Demokraten ablehnen. Dazu gehört beispielsweise der Wunsch der Republikaner, die staatliche Finanzierung der Abtreibungs-Organisation „Planned Parenthood“ zu beenden und eine Grenzmauer zum Nachbarland Mexiko zu bauen. Der Streit um die Mauer wird von Kommentatoren als höchste Hürde für eine Einigung bis Freitag betrachtet. „Die Demokraten wollen nicht, dass die Mauer mit Geldern aus dem Haushalt gebaut wird, obwohl sie den Drogenhandel und sehr gefährliche Mitglieder der kriminellen mexikanischen Vereinigung MS 13 aufhalten wird“, schrieb Trump in einer Twitter-Mitteilung.

Bloomberg berichtet, dass die Regierung ein Ausgleich mit den Demokraten anstrebt. Demnach sollen insgesamt 7 Millionen Dollar zur Weiterführung des als „Obamacare“ bekannten Krankenversicherungsgesetzes bereitgestellt werden, wenn die Demokraten rund 15 Milliarden Dollar für den Bau der Grenzmauer im neuen Haushaltsentwurf billigen, berichtet Bloomberg. „Die Frage ist, wieviel unserer Ziele wir durchbringen wollen und wie viele ihrer Ziele sie verwirklichen wollen“, sagte OMB-Direktor Mulvaney. „Wir haben ihnen je einen Dollar für die Mauer für jeden Dollar für ‚Obamacare‘ angeboten.“

Den Demokraten dürfte eine Schließung der Regierungsgeschäfte ohnehin nicht ganz unrecht sein, weil sie genau 100 Tage nach dem Amtsantritt Trumps einsetzen würde und sich deshalb als Beweis für die Unfähigkeit des neuen Präsidenten instrumentalisieren ließe.

Angesprochen auf die Möglichkeit einer Einfrierung der Regierungsgeschäfte sagte US-Präsident Donald Trump: „Ich glaube wir sind in einer guten Verfassung. Wir bleiben zuversichtlich, dass es keine Schließung geben wird.“

Die Großbank Goldman Sachs rechnet derzeit mit einer Chance von einem 25 Prozent, dass es am Freitag zu einer Eskalation kommt. Je länger die Verhandlungen jedoch dauern, desto wahrscheinlicher werde eine komplette Schließung, sagte Goldman-Analyst Jan Hatzius: „Es besteht das Risiko einer teilweisen Schließung, aber wir glauben, dass es kommende Woche noch relativ gering ist und wächst, wenn sich die Debatte weiter hinzieht. (…) Selbst wenn alle Republikaner über den Haushaltsentwurf Einigkeit erzielt haben brauchen sie noch immer ach demokratische Senatoren, um das Anliegen durch den Senat zu bringen.“

 

 

 

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