Politik

Kritiker sprachlos: Trump bereitet Russen großen Empfang im Weißen Haus

US-Präsident Trump hat seine Kritiker überrascht und dem russischen Außenminister eine ostentativ freundlichen Empfang bereitet.
11.05.2017 12:30
Lesezeit: 5 min

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Am Mittwoch hat US-Präsident Donald Trump den russischen Außenminister Sergej Lawrow und den russischen Botschafter in Washington, Sergej Kisljak, im Weißen Haus empfangen. Das Treffen wurde in der amerikanischen Öffentlichkeit mit Staunen zur Kenntnis genommen: Die Washington Post schreibt, es sei ausgesprochen ungewöhnlich, dass der Präsident Vertreter einer Regierung empfange, gegen die offizielle Ermittlungen des FBI laufen.

Trumps Kritiker dürften sich auch durch die saloppe Reaktion des russischen Präsidenten Wladimir Putin provoziert fühlen, der - in voller Eishockey-Montur - einer CBS-Reporterin erklärt hatte, dass er nichts mit den innenpolitischen Querelen in den USA zu tun habe und nun in Ruhe Hockey spielen wolle.

Die ostentative Freundlichkeit Trumps gegenüber seinen russischen Gästen ist in der Tat bemerkenswert: Einen Tag zuvor hatte Trump FBI-Direktor Comey gefeuert. Wie Politico und die Washington Post berichteten, soll dies geschehen sein, weil Trump wegen der Ermittlungen gegen sein Team der Kragen geplatzt sein soll. Mitgliedern des Trump-Teams wird vorgeworfen, in der Übergangsperiode zur Präsidentschaft mit Russland in Kontakt gestanden zu haben. Das ist eigentlich nicht ungewöhnlich und war schon unter Ronald Reagan im Hinblick auf den Iran so geschehen.

Nicht klar ist allerdings, welche wirtschaftlichen Interessen Trump in Russland verfolgt hat oder weiter verfolgt. Die Ermittlungen dazu im Wahlkampf sind im Sand verlaufen, obwohl kurzzeitig ein Verdacht hinsichtlich der russischen Alfa-Bank aufgetaucht war.

Die Geheimdienste waren bisher nicht in der Lage, wirklich stichhaltige Belege für Verbindungen Trumps nach Russland vorzulegen. Ein Bericht, der kurz vor der Wahl mit großem Pathos präsentiert worden war, entpuppte sich als bessere Presseschau. Ein anderer Bericht war so schmierig, dass er von fast allen Trump-kritischen Medien abgelehnt worden war.

Die eigentlich entscheidenden Erkenntnisse über die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der russischen Regierung und der Gruppe um Trump sind bisher nicht vorgelegt worden. Die Öffentlichkeit ist hier über Anhaltspunkte nicht hinausgekommen.

Der neue Außenminister Rex Tillerson war früher CEO bei ExxonMobil. Der Konzern will mit Russland die Ölvorkommen in der Arktis ausbeuten. Es geht um 700 Milliarden Dollar. Wegen der Sanktionen liegt das Projekt vorerst auf Eis.

Das Weiße Haus teilte danach mit: "Präsident Trump betonte die Notwendigkeit, zusammenzuarbeiten, um den Konflikt in Syrien zu beenden, und unterstrich insbesondere die Notwendigkeit für Russland, auf das Assad-Regime, den Iran und iranische Milizen mäßigenden Einfluss zu nehmen. Der Präsident sprach die Lage in der Ukraine an und äußerte die Verpflichtung seiner Regierung, sich weiterhin für die Beilegung des Konflikts einzusetzen und betonte die Verantwortung Russlands, die Minsk-Abkommen vollständig umzusetzen. Er hat auch die Möglichkeit einer breiteren Zusammenarbeit bei der Lösung von Konflikten im Nahen Osten und anderswo aufgeworfen. Der Präsident betonte ferner seinen Wunsch, eine bessere Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und Russland aufzubauen."

Lawrow reiste am Dienstag in Washington an und traf sich zunächst am Mittwochmorgen mit US-Außenminister Rex Tillerson, wo er mit einem markigen Spruch für Furore sorgte. 

Kisljaks Beteiligung an dem Treffen im Weißen Haus sorgte einem Bericht der Washington Post zufolge für besondere Verwunderung, weil der Botschafter in den Ermittlungsakten der US-Ermittler in Bezug auf die Russland-Verbindungen des Trump-Teams eine Schlüsselrolle spielen soll. Trumps ehemaliger nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn musste seinen Posten räumen, nachdem bekanntgeworden war, dass er sich mehrmals mit Kisljak getroffen hatte, ohne Auskunft über die Treffen zu geben. Demokratische Abgeordnete hatten auch einen Rücktritt von US-Justizminister Jeff Sessions gefordert, weil sich dieser ebenfalls im Juli und September 2016 mit Kisljak getroffen haben soll. Sessions hatte das Treffen auch bei seiner Anhörung vor dem Senat nicht erwähnt. Die Demokraten vermuten eine Verschwörung des Trump-Teams, um die Russland-Connections zu verschleiern.

US-Präsident Trump beschrieb das Treffen mit Lawrow am Mittwochmorgen als „sehr, sehr gut“ und sagte, dass sowohl die USA als auch Russland „das schreckliche Morden in Syrien so bald wie möglich stoppen wollen“.

Die russische Führung sieht nach dem ersten Treffen von Außenminister Sergej Lawrow mit US-Präsident Donald Trump Perspektiven für eine Verbesserung der Beziehungen. Das Gespräch am Mittwoch in Washington sei "extrem positiv" gewesen, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Donnerstag in Moskau. Mit vorsichtigem Optimismus sehe er Aussichten auf ein diplomatisches Tauwetter. "Vor uns liegt noch eine Menge Arbeit."

Interessant: Am Morgen zuvor hatte Trump den ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger im Weißen Haus empfangen. Das Treffen kam überraschend, weil es nicht im offiziellen Zeitplan des Weißen Hauses stand.

Interessant ist, dass die Washington Post Kissinger ziemlich unverhohlen dafür kritisiert, dass er am Tag nach dem Comey-Rauswurf mit Trump in der Öffentlichkeit zeigt. Die Zeitung schreibt mit vorwurfsvollem Unterton, dass Kissinger für gute Beziehungen zwischen den USA und Russland stehe. Kissinger, der schon viele Generationen von US-Präsidenten beraten hat, hat in seinem Buch "New World Order" in der Tat geschrieben, dass die USA mit Russland eher eine Partnerschaft pflegen sollten.

Kissinger hatte Trump in jüngster Zeit beraten und ihn öffentlich gelobt. Nach Angaben von Politico soll Kissinger den Kontakt zum russischen Präsidenten Wladimir Putin hergestellt haben. Der 93-Jährige hatte zuvor gesagt, dass Comey „keinen guten Job“ gemacht habe. Mit genau diesen Worten hatte Trump selbst Comeys Rauswurf begründet.

Trumps Gegner im Senat waren nach dem Comey-Rauswurf außer sich und wollen der Sache nun auf den Grund gehen:

Der Trump gegenüber sehr feindlich einstellte Geheimdienstausschuss unter der Leitung des Neocons Lindsey Graham forderte den wegen seiner Russlandkontakte gefeuerten Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn per Vorladung auf, in dem Fall alle relevanten Dokumente vorzulegen. Eine informelle Bitte des Ausschusses dazu habe Flynn Ende April abgelehnt, erklärten der republikanische Vorsitzende Richard Burr und der ranghöchste Demokrat des Gremiums, Mark Warner. Der Chef der demokratischen Minderheit im Senat, Chuck Schumer, forderte die Einsetzung eines Sonderermittlers. Auch Demonstranten vor dem Weißen Haus in Washington und in anderen US-Städten verlangten eine unabhängige Untersuchung.

Die Demokraten bekräftigten ihren Vorwurf, dass Comey gefeuert worden sei, um die Ermittlungen des FBI zu behindern. Comey habe die Abgeordneten in den vergangenen Tagen darüber informiert, dass er vom Justizministerium mehr Personal für die Untersuchung des FBI beantragt habe, verlautete aus Kongress-Kreisen. Der Geheimdienstausschuss des Senats habe das FBI zuvor aufgefordert, bei den Russland-Ermittlungen Tempo zu machen. Auch die oberste Demokratin im Rechtsausschuss des Senats, Dianne Feinstein, sagte, ihres Wissens nach habe Comey beim Justizministerium mehr Ressourcen beantragt. Der Sprecher des Justizministeriums, Ian Prior, wies entsprechende Medienberichte als "total falsch" zurück.

Der demokratische Senator Schumer appellierte an den republikanischen Mehrheitsführer Mitch McConnell, mit allen Senatoren zu sprechen, um eine Befragung von Justizminister Jeff Sessions in dem Fall vorzubereiten. "Wir wissen, dass Direktor Comey Ermittlungen dazu führte, ob es Verbindungen zwischen den Russen und der Trump-Kampagne gab, was eine schwerwiegende Straftat wäre. Kam er dem Präsidenten mit diesen Ermittlungen zu nahe?" fragte Schumer.

Prominente Republikaner verteidigten Trumps Entscheidung, Comey zu feuern. McConnell warf den Demokraten vor, sie beklagten sich über die Entlassung eines FBI-Chefs, den sie selbst immer wieder scharf kritisiert hätten. Die Einsetzung eines Sonderermittlers würde bestehende Untersuchungen wie die im Geheimdienstausschuss des Senats behindern. Der oberste Republikaner im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, sagte dem Fernsehsender Fox, der Präsident habe durchaus die Befugnis, Comey zu entlassen. Ein Sonderermittler sei unnötig.

Der ranghöchste Demokrat im Geheimdienstausschuss, Warner, sagte, gemeinsam mit dem republikanischen Vorsitzenden Burr habe er Comey gebeten, am kommenden Dienstag hinter verschlossenen Türen vor dem Gremium auszusagen. Ob Comey die Einladung annehmen würde, war zunächst unklar. Insidern zufolge war der Auslöser für Comeys plötzliche Entlassung seine Weigerung, eine Aussage vor dem Kongress vorab mit Trump zu besprechen. Solche Vorbesprechungen sind bei Kongressanhörungen üblich. Comey habe sich jedoch geweigert und "damit den Eindruck erweckt, er könne seine Pflichten nicht mehr erfüllen", hieß es. Allerdings sei Trump bereits seit Monaten über Comey verärgert gewesen.

Comey selbst sagte nach seiner Entlassung, der US-Präsident habe das Recht, den FBI-Chef jederzeit und auch ohne Grund zu feuern. Fast hatte man den Eindruck, dass Comey erleichtert war. Ob es sich bei der ganze Affäre um ein abgekartetes Spiel handelt, ist aktuell allerdings nicht zu belegen. Comey hatte erst vor einigen Wochen zu Journalisten auffallend forsch gesagt, dass sie davon ausgehen könnten, er werde ihnen noch einige Jahre als FBI-Direktor erhalten bleiben.

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