Die Spitzenkandidaten von CDU und SPD, Angela Merkel und Martin Schulz, setzen im Wahlkampf auf eine kalkulierte Anti-Trump-Rhetorik. Beide Politiker versuchen offenbar, ein vermutetes Unbehagen der Wähler auf einen Gegner von außen zu projizieren.
Merkel sagte bei einer Wahlkampfveranstaltung in einem Bierzelt in München, ohne Trump ausdrücklich zu nennen: "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei. Das habe ich in den letzten Tagen erlebt." Die Europäer müssten ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen und selbst für ihre Zukunft kämpfen. Wichtig seien dabei aber auch die Freundschaft mit den USA und Großbritannien sowie eine gute Nachbarschaft mit weiteren Staaten wie Russland. Dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron wünschte Merkel alles Gute und sagte: "Wo Deutschland helfen kann, wird Deutschland helfen, weil es Deutschland nur gutgehen kann, wenn es Europa gutgeht."
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wählte in der ARD noch etwas deftigere Worte als die Kanzlerin im Bierzelt: „Ich glaube, man hätte sich auch schon auf dem Nato-Gipfel, aber ganz sicher auf dem G7-Gipfel sehr deutlich positionieren müssen. Gegen einen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, der ja andere demütigen will. Der ja im Stile eines autoritären Herrschers auftritt.“ So habe der damalige SPD-Kanzler Gerhard Schröder gegenüber US-Präsident George W. Bush, der sich ähnlich verhalten habe, klar Haltung bezogen. Er erwarte, „dass wir auch jetzt wieder eine solche Haltung einnehmen“, sagte Schulz.
Schulz sagte: „Europa ist die Antwort. Eine stärkere Kooperation der europäischen Staaten auf allen Ebenen ist die Antwort an Donald Trump. Und vor allen Dingen dürfen wir uns nicht der Aufrüstungslogik von Trump unterwerfen.“
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, deutete in der Bild-Zeitung die Aussagen Merkels als Hinweis, dass Deutschland und die EU mehr Geld für Rüstung und Sicherheit ausgeben müssten. Ischinger warnte jedoch vor einer Abkehr von der transatlantischen Partnerschaft: „Zum einen werden wir die Sicherheit Europas nicht weiterhin einfach an die USA auslagern dürfen, müssen also mehr für Sicherheit und Verteidigung ausgeben und die EU zum Sicherheitsprovider ausbauen. Zum anderen wäre es ganz falsch, jetzt denen zu folgen, die die transatlantische Nabelschnur am liebsten gleich ganz durchtrennen möchten. Auch wenn’s sehr ärgerlich wird – wir Europäer können alle unsere globalen Ziele leichter durchsetzen, wenn wir sie gemeinsam mit den USA vertreten. Deshalb müssen wir mit strategischer Geduld weiter daran arbeiten, dass Trump erkennt, dass wir Europäer weit und breit seine besten Partner sind."