Der amerikanische Investor George Soros hat am 1. Juni mehrere EU-Kommissare in Brüssel getroffen. Die EU-Kommission bestätigt einen Bericht, wonach Soros mit den Kommissaren Pierre Moscovici und Christos Stylianides zusammengetroffen ist. Es ging, so ein Sprecher der Kommission zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, um „Soros' Engagement für offene Gesellschaften“. Die Themen dürften sich um das ungarische Hochschulgesetz und die drohende Schließung der Central European University“ gedreht haben. Die Kommission führt dazu ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn:
Ob Soros, wie von Politico berichtet, auch mit Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos zusammengetroffen ist, wurde vom Sprecher weder bestätigt noch dementiert.
Soros bezog auf dem Brüsseler Wirtschaftsforum der EU-Kommission Stellung zur Lage der EU – und äußerte sich pessimistisch. Soros sagte: "Die Europäische Union befindet sich aufgrund ihrer dysfunktionalen Institutionen in einer existentiellen Krise".
Sie sei "umgeben von feindlichen Kräften" wie Russland, der Türkei, Ägypten und "wahrscheinlich" auch „einem Amerika, wie Trump es will, was er aber nicht schaffen wird“, sagte Soros. Allerdings habe ihn der "energetische Weg" der EU-Institutionen in Bezug auf die autokratischen Herausforderungen in Ungarn und Polen Mut gemacht. "Ich befinde mich in voller Bewunderung über die mutige Art und Weise, wie das ungarische Volk der Täuschung und Korruption des Mafia-Staates widerstanden hat, der vom Orban-Regime etabliert wurde", so Soros laut EU Observer.
Die Finanzkrise 2008 habe das Bankensystem der EU schwerer getroffen als das Bankensystem der USA. In diesem Zusammenhang fühle sich Deutschland "weder politisch motiviert noch reich genug, um der Motor der weiteren EU-Integration zu bleiben", meint er. Soros kritisiert vor allem die Sparpolitik, die den Krisenstaaten der EU von Deutschland auferlegt wurde. Soros wörtlich: "Die meisten Europäer meiner Generation waren Anhänger der weiteren Integration. Die nachfolgenden Generationen begannen, die EU als einen Feind zu betrachten, der ihnen eine sichere und vielversprechende Zukunft wegnimmt. Dieses Gefühl wurde durch den Aufstieg von anti-europäischen, fremdenfeindlichen Parteien verstärkt, die durch Werte motiviert sind, die den Werten, auf denen die Europäische Union gegründet wurde, diametral gegenüber stehen."
Die Idee einer "immer engeren Union" solle aufgegeben werden. Stattdessen plädiert er für ein "mehrspuriges Europa, das den Mitgliedsstaaten eine größere Auswahl an Entscheidungen ermöglichen würde". "Die Mitgliedsstaaten wollen ihre Souveränität wiederbeleben, anstatt mehr davon abzugeben", so Soros.
Es gebe drei Problembereiche, in denen sinnvolle Fortschritte unerlässlich seien. Der erste ist die Flüchtlingskrise; der zweite ist die territoriale Desintegration, wie vom Brexit veranschaulicht; der dritte ist das Fehlen einer Wachstumspolitik für die Wirtschaft.
"Der Brexit wird ein unermesslich schädlicher Prozess sein, der für beide Seiten schädlich ist", so Soros.
Soros war erst vor einigen Wochen in Brüssel mit EU-Kommissar Jean-Claude Juncker zusammengetroffen.