Politik

Volkswagen: Haben uns bei Abgasen an Vorgaben der Behörden gehalten

Volkswagen gibt an, dass das Kraftfahrtbundesamt seinerzeit Autos mit der verbotenen Abschalteinrichtung erlaubt habe.
01.07.2017 23:25
Lesezeit: 2 min

Anwälte des Autokonzerns Volkswagen haben ausgesagt, dass das Kraftfahrtbundesamt (KBA) bei der Genehmigung eines Fahrzeugtyps ein Auto mit Abschalteinrichtung genehmigt habe, zitiert der Spiegel aus einer Klageerwiderung des Konzerns. Anlass ist ein Schadenersatzprozess, der am Donnerstag am Landgericht Braunschweig begann.

Dieser soll nach Informationen des Spiegel dem Rechtedienstleister MyRights als Pilotprozess für weitere Klagen dienen. Demnach will MyRights das Urteil des Braunschweiger Gerichts als Muster für tausende weitere Kläger nutzen. Nach Angaben des Rechtedienstleisters haben sich derzeit bereits über 30.000 Kläger bei MyRights angemeldet, um auf diesem Weg ihre Rechte einzufordern. Die Anmeldefrist läuft demnach noch bis Freitag.

Ein Sprecher des Konzerns sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten:

„Die Übereinstimmungserklärung eines Fahrzeugherstellers soll nach den EU-rechtlichen Vorgaben  dokumentieren, dass das produzierte Einzelfahrzeug dem genehmigten Fahrzeug in bestimmten, in der Regulierung festgelegten formalen Kriterien entspricht. Diese Vorgabe wurde von VW beachtet und ist auch konform mit dem EU-Recht. Nach Bekanntwerden der Diesel-Thematik hat Volkswagen in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden einen Zeit- und Maßnahmenplan entwickelt und Anfang 2016 mit dessen Umsetzung begonnen. In diesem Rahmen werden allen europäischen Haltern betroffener Fahrzeuge technische Lösungen angeboten und die Umrüstung kostenfrei durchgeführt („Software-Update“). Inzwischen wurden mehr als 5 Millionen Fahrzeuge erfolgreich umgerüstet. Der Verantwortung gegenüber unseren Kunden kommt Volkswagen nach. Die kostenfreie Umrüstung dauert weniger als eine Stunde. Die Umsetzung der technischen Lösung führt zu keinen Verschlechterungen bei Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen, Motorleistung, Drehmoment, Geräuschemissionen und Dauerhaltbarkeit des Motors und seiner Komponenten. Gleichzeitig haben alle typgenehmigungsrelevanten Fahrzeugwerte unverändert Bestand. Daher sehen wir weder eine Grundlage für Schadensersatzansprüche gegenüber Volkswagen-Händlern oder der Volkswagen AG noch eine Basis für Ansprüche gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt.“

Nach Spiegel-Informationen will die von MyRights beauftrage Kanzlei Hausfeld in dem Braunschweiger Schadenersatzprozess nachweisen, „dass VW seine manipulierten Autos ohne gültige Zulassung verkauft hat“. Folge das Gericht dieser Argumentationslinie, dürften die betroffenen Fahrzeuge nicht mehr betrieben werden, schrieb das Online -Nachrichtenportal. Besitzer hätten dann demnach einen Anspruch auf Schadenersatz durch VW.

Die Anwälte des Autokonzerns sehen in ihrer Klageerwiderung aber andere in der Verantwortung für die Abgasmanipulationen. Das KBA „habe gewissermaßen den Fahrzeugtyp mit Abschalteinrichtung genehmigt“, wird die Argumentation der VW-Anwälte zitiert. Beim Begriff „unzulässige Abschalteinrichtung“ handele es sich zudem nicht um eine rechtsverbindliche Feststellung, sondern nur um eine vom KBA gewählte Formulierung.

Dem Spiegel zufolge kritisieren die Anwälte in ihrer Erwiderung auch die EU-Kommission. Sie beziehen sich demnach auf ein ihnen vorliegendes Gutachten. Das befinde, die Kommission habe sich bei den Regeln für Fahrzeugzulassungen zu weit vorgewagt.  Doch genau diese von den VW-Anwälten kritisierten EU-Regelungen könnten dem Autokonzern demnach zum Verhängnis werden. Denn seit 2005 müssen Autohersteller in einem sogenannten Konformitätszertifikat den Käufern versichern, dass die von ihnen verkauften Autos mit EU-Recht übereinstimmen. Auf diese Regel bezieht sich die MyRights-Kanzlei Hausfeld offenbar.

Demzufolge hätte VW bei den manipulierten Dieselfahrzeugen „dann direkt die Fahrzeugbesitzer getäuscht“. Die könnten sich auf diese Täuschung berufen – und sich dementsprechend wehren. Nach Informationen des Spiegel will Hausfeld den Konflikt auch vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) bringen und hat deshalb die Aussetzung des Braunschweiger Prozesses beantragt.

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