Politik

Bundesregierung kritisiert NGO-Organisationen im Mittelmeer

Deutschland und Österreich kritisieren einige der im Mittelmeer an der Rettung von Migranten beteiligten Organisationen scharf.
18.07.2017 11:37
Lesezeit: 2 min

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht das Vorgehen von Nichtregierungsorganisationen vor der italienischen Küste zur Rettung von Flüchtlingen kritisch, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. „Die Italiener untersuchen Vorwürfe gegen NGOs: Zum Beispiel, dass Schiffe ihre Transponder regelwidrig abstellen, nicht zu orten sind und so ihre Position verschleiern“, sagte de Maizière den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sein italienischer Kollege Marco Minniti habe ihm gesagt, dass die Schiffe in libysche Gewässer führen und vor dem Strand ihre Positionslichter einschalteten, um den Rettungsschiffen der Schlepper schon mal ein Ziel vorzugeben. „Das löst kein Vertrauen aus“, sagte de Maizière weiter.

Überdies sei die Zahl der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer an manchen Tagen besonders hoch. „Das spricht dafür, dass kriminelle Schlepper dahinter stecken und Menschen organisiert verschifft werden“, sagte der Minister.

Hilfsorganisationen wiesen die Vorwürfe zurück. „Es wurde immer wieder versucht, uns irgendetwas anzuhängen, doch bis heute wurde nie ein Beweis geliefert“, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer den Funke-Zeitungen. Auch die Organisation Ärzte ohne Grenzen dementierte die Vorwürfe. „Es gibt nicht den Hauch eines Beweises dafür“, sagte ein Sprecher.

Bis Montag kamen nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR seit Jahresbeginn mehr als 110.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa. Mehr als 93.000 erreichten die EU über einen italienischen Hafen.

Italien blockiert derzeit die Verlängerung der EU-Hilfsmission "Sophia", mit der die EU gegen Schlepper im Mittelmeer vorgeht, aber auch Flüchtlinge rettet, die meistens von Libyen aus in See stechen. Das "Sophia"-Mandat läuft noch bis zum 27. Juli und muss erneuert werden. Italien fordert mehr Hilfe der EU-Partner bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise. Das Land drohte bereits damit, zehntausende Migranten mit europäischen Visa auszustatten und nach Norden zu schicken.

Scharfe Kritik am Zustand der europäischen Migrationsstrategie kommt auch aus Österreich, berichtet die dpa. Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka hat Strafen für „selbst ernannte Seenot-Retter“ im Mittelmeer gefordert. Einzelnen Hilfsorganisationen warf er vor, direkt mit Schlepperbanden vor der libyschen Küste zu kooperieren. In Italien seien in diesem Jahr bereits mehr als 85 000 Flüchtlinge angekommen. „Es ist absehbar, dass sich die Lage zuspitzt, dass das nicht gut geht“, sagte er. Schon jetzt sei „ein Drittel der in Österreich aufgegriffenen Migranten nicht in anderen EU-Staaten registriert worden“. Er sagte: „Das heißt: Sie wurden von kriminellen Banden auf illegalen Routen zu uns geschleust.“

Wichtig sei, „dass selbst ernannte Seenotretter aus Europa nicht mehr bei den Schleusungen helfen, nicht mehr mit den Banden kooperieren“, sagte der Minister. Natürlich dürfe niemand im Mittelmeer ertrinken. „Wir müssen aber trotzdem unterbinden, dass sogenannte Helfer weiterhin mit ihren Booten in libysche Hoheitsgewässer eindringen und dort die Flüchtlinge von den Schleppern direkt übernehmen.“

Kritik kam auch von Bundesinnenminister Thomas de Maizière. „Im Moment ist die Instanz, die entscheidet, wer nach Europa kommen darf, eine kriminelle Organisation: die Schlepper. Und das Auswahlkriterium ist das Portemonnaie des Flüchtlings“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das sei die inhumanste Konstellation.

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