Politik

Bundesregierung bestellt türkischen Botschafter ein

Die Bundesregierung hat den türkischen Botschafter einbestellt.
19.07.2017 13:50
Lesezeit: 2 min

Die Bundesregierung verschärft nach der Verhaftung eines deutschen Menschenrechts-Aktivisten in dem Konflikt mit der Türkei die Gangart. Das Auswärtige Amt bestellte am Mittwoch den türkischen Botschafter ein und forderte die unverzügliche Freilassung von Peter Steudtner, berichtet Reuters. Als Indiz für die neue Qualität der diplomatischen Krise unterbrach Außenminister Sigmar Gabriel seinen Urlaub, um das weitere Vorgehen abzusprechen. Die Opposition verlangte die Einstellung von Wirtschafts- und Finanzhilfen für den Nato-Partner. Nach einem Medienbericht hat die türkische Regierung die Vorwürfe angeblicher Terrorunterstützung auch auf deutsche Unternehmen ausgeweitet.

"Dem türkischen Botschafter wurde klipp und klar gesagt, dass die Verhaftung von Peter Steudtner und anderen Menschenrechtsaktivisten nicht nachvollziehbar und auch nicht akzeptabel, und schon gar nicht vermittelbar ist", erklärte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Die gegen Steudtner erhobenen Terrorismus-Vorwürfe seien an den Haaren herbeigezogen. Der Deutsche war am 5. Juli zusammen mit der Chefin von Amnesty International in der Türkei sowie weiteren Menschenrechtlern bei einer Schulung festgenommen worden. Am Dienstag wurde gegen Steudtner und weiteren fünf Mitgliedern der Gruppe Untersuchungshaft wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verhängt.

Anders als bei vorangegangenen Krisen erhöht die Bundesregierung nun den Druck. "Der türkische Botschafter weiß nun, dass es uns ernst ist und diese Angelegenheiten nicht auf die lange Bank geschoben werden können", sagte Außenamtssprecher Martin Schäfer. Das türkische Vorgehen gegen Menschenrechtsorganisationen wertete er als "dramatische Verschärfung".

Die Bundesregierung hatte in der Vergangenheit scharfe Stellungnahmen vermieden. So lehnte sie zuletzt Forderungen ab, nach der Absage eines Besuches von Bundestagsabgeordneten auf dem türkischen Nato-Stützpunkt Konya den Abzug der dort stationierten Bundeswehrsoldaten einzuleiten. Auch im Fall der auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik stationierten deutschen Soldaten hatte die Bundesregierung sich erst nach monatelangem diplomatischen Tauziehen für einen Abzug entschieden.

Die türkische Regierung wirft ihrerseits der Bundesregierung vor, Anhängern des Predigers Fetullah Gülen Asyl zu gewähren. Der im US-Exil lebende Gülen ist aus Sicht von Präsident Recep Tayyip Erdogan der Drahtzieher des vor einem Jahr gescheiterten Militärputsches. Gülen bestreitet das. Die türkischen Sicherheitsbehörden haben mittlerweile rund 200.000 Menschen festgenommen oder aus dem Staatsdienst entlassen, weil sie angeblich zu den Unterstützern Gülens zählen.

Die Behörden machen auch keinen Halt vor ausländischen Bürgern. Zu den nach dem Putschversuch Inhaftierten zählen nach Angaben des Auswärtigen Amtes neun Deutsche, davon vier Doppelstaatler, die auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzen. Der bekannteste Fall ist der seit Monaten in Haft sitzende "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel, der im Gegensatz zu den übrigen drei Doppelstaatlern von deutschen Diplomaten besucht werden durfte.

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, erklärte, Erdogan führe die Türkei in eine Willkürherrschaft. Bundeskanzlerin Angela Merkel warf er vor, keine Strategie für den Umgang mit Präsident Erdogan zu haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Panorama
Panorama USA wollen Gazastreifen übernehmen
05.02.2025

Donald Trump will den Gazastreifen übernehmen und wirtschaftlich entwickeln. Dafür soll das vom Krieg gezeichnete Gebiet erst geräumt...

DWN
Politik
Politik Wagenknecht knüpft politische Zukunft an Wahlerfolg
05.02.2025

BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht kämpft um den Einzug in den Bundestag – und knüpft daran ihre politische Zukunft. Mit einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen verstärken Investitionen in Mittel- und Osteuropa
05.02.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass immer mehr deutsche Unternehmen überlegen, ihre Produktion nach Mittel- und Osteuropa zu verlagern....

DWN
Politik
Politik Heizungsgesetz: CDU will es abschaffen – was wären die Folgen?
05.02.2025

Heizungsgesetz CDU? Was viele nicht wissen: Das heiß diskutierte und viel gehasste „Heizungsgesetz“ stammt ursprünglich von der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China kündigt Gegenmaßnahmen auf US-Zölle an - so könnte die EU reagieren
04.02.2025

Während Mexiko und Kanada mit US-Präsident Donald Trump eine Vereinbarung zur vorübergehenden Aussetzung von Zöllen erzielten, kam es...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Spotify: Musikstreaming-Anbieter legt starke Zahlen vor - Aktie im Aufwind
04.02.2025

Spotify hat für das vierte Quartal im letzten Jahr starke Zahlen vorgelegt und kann immer mehr Nutzer von seinem Angebot überzeugen -...

DWN
Immobilien
Immobilien Anmeldung einer Wohnung: Die Krux des Meldewesens und wie Vermieter am Immobilienmarkt herumtricksen
04.02.2025

Es gibt eine neue Initiative namens „Anmeldung für alle“, die das polizeiliche Meldewesen als letzte Hürde des ungebremsten Zuzugs,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rheinmetall-Aktie nach Großauftrag mit Auf und Ab an der Börse
04.02.2025

Die Bundeswehr beschert dem Rüstungskonzern Rheinmetall einen Großauftrag in Milliardenhöhe. An der Börse ist mächtig Bewegung drin....