Nach dem Verlust seiner rot-grünen Regierungsmehrheit hat sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) für vorgezogene Neuwahlen ausgesprochen, berichtet AFP. Es sei „unabdingbar, dass der niedersächsische Landtag möglichst rasch seine Selbstauflösung beschließt und es möglichst bald Neuwahlen gibt“, sagte Weil am Freitag in Hannover.
Die rot-grüne Koalition in Niedersachsen hatte zuvor ihre Regierungsmehrheit verloren, berichtet die dpa. Die knappe Ein-Stimmen-Mehrheit ging am Freitag verloren, nachdem eine Abgeordnete der Grünen im Streit aus ihrer Fraktion austrat. Die Abgeordnete Elke Twesten erklärte ihren Austritt aus der Grünen-Fraktion und will zur bislang oppositionellen CDU wechseln. Ihre Entscheidung sei das Ergebnis eines „längeren Entfremdungsprozesses“, sagte Twesten am Freitag in Hannover vor Journalisten. Sie sehe ihre „politische Zukunft“ in der CDU. Twesten hatte sich in der Vergangenheit offen für eine Zusammenarbeit mit der CDU gezeigt, was in ihrer Partei nicht überall auf Gegenliebe stieß.
Was das für die Fortführung der Regierung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bedeutet, war zunächst unklar. Theoretisch könnte er auch mit einer Minderheitsregierung bis zur Landtagswahl am 14. Januar weiterarbeiten.
CDU-Fraktionschef Björn Thümler rief die Landesregierung am Freitag dazu auf, angesichts der aktuellen Entwicklung „so schnell als möglich den Weg für eine Neuzusammensetzung“ des Parlaments frei zu machen. Mit dem Wechsel von Twesten gäbe es im Landtag eine Ein-Stimmen-Mehrheit für CDU und FDP. Sie kämen zusammen auf 69 der 137 Sitze, SPD und Grüne verfügen nach dem Wechsel nur noch über 68 Sitze.
Die nächsten Schritte sollten alle Landtagsfraktionen in den nächsten Tagen gemeinsam „in Ruhe“ besprechen, sagte Thümler am Freitag bei einer Pressekonferenz, an der auch Twesten teilnahm. Die amtierende Regierung habe jedenfalls „keine parlamentarische Mehrheit“ mehr. In Niedersachsen wird am 14. Januar 2018 ein neuer Landtag gewählt.
Konkreter Auslöser für ihre Entscheidung zum Parteiwechsel sei ihre Nicht-Nominierung für die Landesliste ihrer Partei für die bevorstehende Wahl in ihrem Wahlkreis Rotenburg (Wümme), sagte Twesten. Sie habe sich allerdings schon länger mit dem Gedanken eines Wechsels getragen. Sie sei Anhängerin einer schwarz-grünen Regierungskoalition und habe eine „bürgerliche Grundstruktur“.
Aus der Staatskanzlei in Hannover gab es zunächst keinen Kommentar. Es wird aber erwartet, dass sich Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im Laufe des Tages in Hannover zu der Regierungskrise äußern wird. „Wir bedauern die Entscheidung von Elke Twesten außerordentlich“, sagte eine Sprecherin der Landesregierung. Sie habe sich bewusst entschieden, keine Aussprache in der Fraktion zu führen. „Auch vor dem Hintergrund, dass es keine inhaltlichen Differenzen gab, können wir diesen Schritt nicht nachvollziehen.“