Finanzen

Ukraine: Marode Gasleitungen bedrohen Energie-Sicherheit Europas

Dem ukrainischen Energieminister zufolge ist der Transport von russischem Erdgas durch das Land zu den Endabnehmern in Mittel- und Westeuropa akut gefährdet.
08.08.2017 17:12
Lesezeit: 1 min

Dem ukrainischen Energieminister Igor Nasalik zufolge wird die Ukraine bald nicht mehr in der Lage sein, den Transport russischen Gases nach Europa zu sichern, weil marode Gasleitungen den reibungslosen Ablauf behindern, berichtet die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass. Dies könnte dazu führen, dass die Ukraine ihre Rolle als wichtigstes Gas-Transitland nach Europa verliert. Nasalik beschuldigt Naftogas, die nationale Öl- und Gasgesellschaft der Ukraine, dass sie nur zögerlich in das Gasverkehrssystem des Landes investieren würde. Der Naftogaz-Gazprom-Vertrag über den Transit von Gas nach Europa läuft Ende 2019 ab.

Nasalik zufolge habe die Ukraine nicht nur das Monopol zum Gastransit nach Europa verloren, sondern könnte auch als Schlüsselland im europäischen Energiemarkt bald komplett ausfallen.

Als Alternative zum Gas-Transit über die Ukraine hatte Russland gemeinsam mit Deutschland die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 gebaut. Zudem ist eine weitere Pipeline unter dem Namen Nord Stream 2 geplant. Allerdings ist dieses Projekt aufgrund der jüngsten US-Sanktionen gegen Russland gefährdet. Eine weitere russische Pipeline zur Umgehung der Ukraine stellt Turkish Stream dar. Doch auch dieses Projekt ist aufgrund der Sanktionen in Gefahr.

Im Jahr 2009 unterzeichneten die Ukraine, die Europäische Kommission, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Weltbank eine gemeinsame Erklärung zur Modernisierung des ukrainischen Gasleitungssystems. Das Investitionsprogramm hat einen Wert von 3,2 Milliarden Dollar – 342 Millionen Dollar für die Lagerung und 2,85 Milliarden Dollar für die Verbesserung der Pipelines und Kompressoren.

Allerdings gestaltet es sich schwierig, derartig marode Gasleitungen wie in der Ukraine zu erneuern. Denn der Konzern gilt als hochkorrupt. Die US-Denkfabrik Carnegie Europe schlägt deshalb in einer Analyse vor, dass EU-Firmen Anteile am staatlichen Konzern Naftogaz erwerben sollten. „Natürlich könnte diese Strategie ein hohes Risiko mit sich bringen. Allerdings könnte es der Schlüssel zum Abbau der Korruption sein, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten um Naftogaz aufgebaut hat“, schribt Carnegie Europe.

Am 14. Juli erklärte sich der Vorstand von Naftogaz bereit, sich einer Untersuchung der Anti-Korruptionsbehörde NABU zu stellen. Zuvor wurde der stellvertretende Chef von Naftogaz wegen Korruptionsvorwürfen verurteilt. „Naftogaz erwartet ein Engagement internationaler Experten, um die Entwicklung eines effektiven internen Korruptionsbekämpfungssystems zu unterstützen und die Geschäftsprozesse innerhalb des Konzerns zu verbessern“, meldet Naftogaz in einer Mitteilung.

Sollte das Gasleitungssystem der Ukraine nicht alsbald modernisiert werden, um die Gasnachfrage in Europa nachhaltig zu decken, müssten am Ende tatsächlich Nord Stream 2 und Turkish Stream als Projekte zur Deckung der Gas-Nachfrage in Europa dienen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drei Anzeichen für ein brüchiges Arbeitsleben
07.07.2025

Neue Führung, neue Arbeitszeiten, neue Karriereträume: Wer im internationalen Wettbewerb mithalten will, muss verstehen, wie sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börse-Ausblick: Europa trotzt Trump – doch wie lange noch?
07.07.2025

Ein halbes Jahr voller Turbulenzen: Trump, Zölle, Währungskrise – die Börsen zeigen extreme Bewegungen. Welche Märkte profitieren,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...