Bundeskanzlerin Angela Merkel will nach der Bundestagswahl die Integration der Euro-Zone vorantreiben. Merkel sagte, dass sie nicht gegen die Einrichtung eines gemeinsamen Euro-Finanzministers sei. Darüber müsse aber noch gesprochen werden. "Ich könnte mir auch einen Wirtschafts- und Finanzminister vorstellen", sagte sie mit Blick auf eine besser abgestimmte Haushalts- und Wirtschaftspolitik. Sie habe sich außerdem schon sehr früh für ein Euro-Zonen-Budget eingesetzt. Diese Budget solle zunächst nicht "hunderte von Milliarden Euro" umfassen, sondern in kleinen Schritten etabliert werden. Merkel sagte bei einer Pressekonferenz in Berlin, dass zunächst Ländern Zahlungen gewährt werden könnten, die sich in einem Umbauprozess befänden, um dem Euro-Stabilitätspakt zu entsprechen und sich daher bestimmte Ausgaben nicht leisten könnten. Merkel nannte als Beispiel Einsparungen, die Spanien im Universitätssektor vornehmen müsse. Durch Zahlungen aus einem gemeinsamen Euro-Budget könnte sichergestellt werden, dass Länder "Reformen" durchführen, zugleich aber die Möglichkeit erhalten, ihre "Wettbewerbsfähigkeit" zu stärken.
Merkel sagte, dass die Entwicklung in der Euro-Zone positiv sei, weil alle Euro-Staaten Wachstum zu verzeichnen hätten. Sie rechne nicht mit einem vierten Kreditprogramm für Griechenland, auch wenn sie das nicht ausschließen könne, weil die Entwicklung wesentlich von den weiteren Schritten der Regierung in Athen abhingen.
Merkel stellte sich hinter den Vorschlag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, den Euro-Rettungsfonds ESM zu einem umfassenderen europäischen Währungsfonds auszubauen. Sie finde den Vorschlag, den ESM weiterzuentwickeln, sehr gut. Damit könnte Europa zeigen, dass es alle Mechanismen im Portfolio habe, um auf alle Situationen reagieren zu können. Vor allem brauche es aber mehr wirtschaftliche Kohärenz der Euro-Länder.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte laut Financial Times vor Diplomaten in Paris, dass Frankreich nach der Bundestagswahl ein Dutzend Vorschläge unterbreiten werde, wie die Euro-Zone weiterentwickelt werden könne.
Mujtaba Rahman von der Eurasia Group sagte der FT, es dürfte das gemeinsame Ziel von Frankreich und Deutschland sein, einen Aufstieg von Marine Le Pen bei den nächsten Wahlen zu verhindern. Es werde in Berlin anerkannt, dass der Erfolg Macrons mit dem Schicksal der EU eng verzahnt sei.
Die FDP vermutet hinter den Aussagen Merkels Pläne für einen "tiefgreifenden Umbau der Währungsunion". "Die Freien Demokraten sehen mit Sorge, dass offenbar nicht die Rückkehr zu den Vertragsregeln angestrebt wird, sondern die Umverteilung von Geld. Die Interessen von Paris sind andere als die von Berlin", sagte FDP-Chef Christian Lindner am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.
"Die Aussagen zu einem Eurogruppen-Budget sind irritierend", sagte Lindner. "Die Bundeskanzlerin sollte noch vor der Wahl klarstellen, ob sie weiter wie die FDP einen Finanzausgleich und einen gemeinsamen Schuldentopf in Europa ablehnt." Zur Stärkung von Investitionen und Innovation müssten andere Möglichkeiten gefunden werden, "die nicht in der Praxis für Konsum auf Pump missbraucht werden können".
Zugleich fehlten Regeln für eine geordnete Staateninsolvenz und das Ausscheiden aus der Währungsunion, sagte Lindner. Ein europäischer Finanzminister sei dann sinnvoll, "wenn er ein unabhängiger Wächter der gemeinsamen Regeln ist und über echten Einfluss verfügt".