Deutschland

Schwedischer Wohnungsmarkt droht zu überhitzen

Lesezeit: 2 min
16.09.2017 18:25
Durch die Regulierung der Mieten und die Migrationswellen 2015/16 wird der Wohnraum in schwedischen Großstädten knapp.
Schwedischer Wohnungsmarkt droht zu überhitzen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Im Lauf des Jahres 2015 wurden in Schweden rund 160.000 Flüchtlinge aus Syrien, Irak, Eritrea und Afghanistan aufgenommen. Pro Einwohner gerechnet war dies im Durchschnitt mehr als in jedem anderen Staat in Europa.

Die hohe Zahl von Einwanderern nach Schweden bewirkte einen enormen Druck auf den Wohnungsmarkt. Wobei es zuvor schon schwierig war, eine preisgünstige Wohnung zu mieten. Anders als etwa in Deutschland schränkte Schweden die Freizügigkeit der Migranten nicht ein. Wer hier Asyl beantragte, der musste nur eine Adresse angeben, etwa von Verwandten oder Freunden. Dort durfte er dann hinziehen. Das heißt: die Migranten gingen in Schweden dahin, wo bereits Migranten lebten. In Deutschland muss ein Asyl-Antragsteller jedoch erst einmal warten, bis sein Antrag bewilligt ist. Nach einem positiven Bescheid können sich die Personen dann gleichwohl den Wohnort selbst aussuchen.

Angespannt war die Lage auf dem Immobilienmarkt schon zuvor. In Deutschland wie in Schweden führt die Knappheit auf dem Wohnungsmarkt zu steigenden Mieten. Nicht nur in Stockholm haben Mieter hohe Kosten zu verkraften, sondern auch in Universitätsstädten. Der Neubau der Wohnungen hält – in Deutschland wie in Schweden – mit dem starken Bevölkerungszuwachs schon seit Jahren nicht Schritt. Die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot wird immer größer. Der Druck auf dem Immobilienmarkt bleibt hoch.

Hintergrund sind mehrere Faktoren. Die schwedische Wirtschaft boomt. Im zweiten Quartal dieses Jahres wuchs die Ökonomie um vier Prozent. In Deutschland stieg die Wirtschaftsleistung im selben Zeitraum um 2,1 Prozent. Der hohe Zuwachs in Schweden ist der Geldpolitik der schwedischen Zentralbank (Riksbank) geschuldet. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) betreibt die Riksbank eine „lockere Geldpolitik“. Seit Februar 2016 liegt der Leitzins in Schweden bei -0,5 Prozent. Zudem kauft sie, ebenso wie die Europäische Zentralbank, massiv Staatsanleihen.

In der Folge führte die Zinspolitik zu niedrigen Baudarlehenszinsen und dies wiederum führt zu steigenden Immobilienpreisen. Wo aufgrund niedriger Zinsen die Investoren kaum gewinnbringende Margen sehen, investieren sie in „Betongold“. Die Folge: Grundstückspreise schießen durch die Decke. Zwischen dem Jahr 2010 und 2016 zogen die Immobilienpreise schwindelerregend an – um rund 40 Prozent. In den Großstädten Göteborg und Stockholm sogar noch deutlicher. Stockholm verzeichnet jedoch den höchsten Bevölkerungszuwachs seit vielen Jahren.

Die Bevölkerung in den städtischen Gebieten Schwedens stieg im Zeitraum 2005 bis 2010 um 383.000 Personen. Der Anstieg im Stadtgebiet Stockholm betrug 120.000 Personen. Ende Dezember 2016 lebten in Schwedens Hauptstadt 935.600 und im Großraum Stockholms 2.269.000 Einwohner.

Da die Wirtschaft boomt und die Menschen über gute Einkommen verfügen, werden Eigentumswohnungen gekauft. Hinzu kommt: In Schweden kann man Zinsen für Immobiliendarlehen von der Steuer absetzen, sofern die Wohnung selbst genutzt wird. Andererseits ist es für die Bürger äußerst schwierig, eine Mietwohnung zu bekommen, da der Mietmarkt streng reguliert ist. Die Kosten sind inzwischen deutlich gestiegen. In Stockholm sind es je nach Lage und Ausstattung zwischen 6.000 und 10.000 Schwedische Kronen (1 Euro = 9,5092 SEK) also etwa 630 bis 1.050 Euro; Stand: 25.06.2016) für eine kleine Wohnung bzw. für ein etwa 25m² großes Apartment.

Der Trend zur eigenen Wohnung führt zu hoher Verschuldung der schwedischen Privathaushalte und ist in einem Umfang gestiegen, dass die schwedische Riksbank sich schon besorgt äußerte. Derzeit lasten auf den Menschen im Schnitt Kredite in Höhe von 182 Prozent des verfügbaren Einkommens, das ist rund doppelt so viel wie in Deutschland.

Nicht nur in Stockholm, auch in Malmö steigen die Preise für Immobilien weiter an. Mitte September wurde zum ersten Mal eine Wohnung für mehr als 81.000 Schwedische Kronen (SEK) pro Quadratmeter verkauft. Im Durchschnitt liegen die Preise bei rund 40.000 SEK (rund 4.203 Euro) pro Quadratmeter in den zentralen Gebieten von Malmö, wie Branschaktuellt.se berichtete.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...