Beim letzten Angelus-Gebet auf dem Petersplatz zeigte sich Joseph Ratzinger sichtlich erleichtert, dass er sein Amt bald hinter sich gebracht hat. Er sagte, Gott habe ihm gesagt, er solle sich auf einen hohen Berg zurückziehen und sich dem Gebet und der Meditation widmen. Zu den Finanz-Skandalen, die seinen Rücktritt ausgelöst haben dürften, sagte der Papst nichts mehr. Seine letzte Personalentscheidung, bei der er einen in die Probleme um die Vatikan-Bank IOR verwickelten Geistlichen nach Kolumbien versetzt hatte (hier), hatte Anlass zu weiteren Spekulationen über den Zustand der Finanzen des Kirchenstaats gegeben (hier).
In den Niederungen der Tagespolitik sagte am Samstag der Sprecher des Vatikan, Pater Lombardi, dass die Kritiker der Kirche nicht verstünden, worum es der Kirche gehen. Diese Kritiker hätten im Übrigen „keine Autorität“, um sich zu äußern.
Interessanterweise hatte Lombardi noch am Freitag bei einer Pressekonferenz zu den von der Zeitung La Repubblica veröffentlichten Details zu den Vatikan-Skandalen gesagt, dass er die Behauptungen „weder bestätigen noch dementieren“ könne. Dies wurde von den italienischen Journalisten mit Aufmerksamkeit registriert: Sollte an den Darstellungen, dass der Bericht der drei Kardinäle äußerst brisante Details zu Finanz- und Sex-Skandalen enthalte, tatsächlich nichts dran sein, wäre es römischer Usus, hier ein hartes Dementi auszusprechen.
Der das letzte Gebet von Joseph Ratzinger für den bayerischen Rundfunk kommentierende Monsignore Thomas Frauenlob, als Mitglied der päpstlichen Bildungskongregation durchaus ein Kenner des vatikanischen Innenlebens, war in seiner Einschätzung wesentlich vorsichtiger: Er sagte, dass der Bericht ein Beitrag des Papstes zur Wahrheitssuche sei. Niemand wisse, was in dem Bericht wirklich steht. Es werde Aufgabe des nächsten Papstes sein, die Situation bei der der Geldwäsche beschuldigten Vatikan-Bank zu ändern. Ratzinger habe dazu den Anstoß gegeben, weil ihm an der Aufklärung der Vorfälle gelegen sei.