Finanzen

Poker um Griechenlands Schulden geht in die nächste Runde

Griechenland soll im Sommer 2018 aus dem Kreditprogramm der Gläubiger entlassen werden. Unklar ist, wie es dann weitergehen soll.
16.10.2017 01:59
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Griechenland soll im Sommer 2018 aus dem mittlerweile dritten Kreditprogramm der internationalen Gläubiger entlassen werden. Völlig unklar ist, ob sich das Land danach wieder eigenständig an den Anleihemärkten verschulden kann oder ob es neue Bürgschaften und Kredite von anderen Euro-Staaten brauchen wird.

Keine der beteiligten Seiten – weder die Gläubigervertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission, noch die griechische Regierung – hat ein Interesse an einer vierten Intervention. „Trotzdem wird die Eurogruppe Griechenland nicht ganz von der Leine lassen wollen, um sicherzugehen, dass die Kredite zurückgezahlt werden und dass die Regierung in Athen für die Bürger schmerzhafte Reformen durchführt“, wird ein Analyst der Beratungsgesellschaft Eurasia Group in London von Bloomberg zitiert.

Am 23. Oktober wird eine Delegation des IWF, der Kommission, der EZB und der EU- Kreditorganisation ESM in Athen eintreffen, um die Fortschritte des Landes zu überprüfen. Die Gläubigervertreter selbst sind jedoch gespalten. Der IWF fordert seit Langem einen Schuldenschnitt, den europäische Länder und insbesondere die Bundesregierung ablehnen. Ein neues Kreditpaket nach August 2018 wird deshalb mit ziemlicher Sicherheit ohne den IWF stattfinden müssen.

Bemerkenswert ist, dass sich IWF und EU-Kommission auch nicht darüber einigen können, in welchem Maße sich die griechische Wirtschaft erholt. Wie die Zeitung Kathimerini berichtet, ist nach Einschätzung des IWF die optimistische Prognose der EU für den Primärüberschuss nicht einzuhalten: Der Überschuss soll laut IWF im Jahr 2018 bei 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen – und damit deutlich unter den von den EU-Institutionen prognostizierten 3,5 Prozent. Der Primärüberschuss bezeichnet Überschüsse im Staatshaushalt vor Abrechnung von Zinsen und Tilgungen für die Schulden.

Die griechische Regierung hofft, dass die bisher erbrachten und noch zu erbringenden Einschnitte im Sozialsystem und die versprochenen Privatisierungen sowie der geplante Aufbau eines Reservepolsters an Barmittel die Gläubiger beruhigen wird.

Die Investoren an den Anleihemärkten sind jedoch ganz offenbar nicht von einer positiven Prognose für das Land zu überzeugen. Obwohl Griechenland im Juli des laufenden Jahres zum ersten Mal seit Jahren wieder selbstständig Anleihen ausgeben konnte, verharrten die Renditen für die Schuldpapiere seitdem auf hohem Niveau. Lagen sie für Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit zum Zeitpunkt des Anleiheverkaufs am 25. Juli noch bei etwa 5,2 Prozent, so sind es derzeit etwa 5,6 Prozent. Die griechische Regierung plant eigenen Angaben zufolge in den Monaten vor August 2018 noch zwei oder drei weitere Anleiheausgaben, um zwischen 4 und 6 Milliarden Euro einzunehmen.

Viel hängt davon ab, zu welchem Ergebnis die bis Ende 2017 angesetzten „Fortschritts-Reviews“ der Gläubiger kommen. Doch schon der dafür vorgesehene Zeitplan könnte ins Wanken geraten. „Griechenland und seine Gläubiger haben vor, die Reviews bis zum Ende des Jahres abzuschließen. Dadurch sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass das Land mehr Anleihen ausgeben kann, um Zahlungsrückstände älterer Schulden zu begleichen und den bestehenden Liquiditäts-Engpass zu beseitigen. Investoren sind noch immer skeptisch, weil sich fast alle vorangegangenen Reviews verzögert haben. Grund dafür waren unterschiedliche Vorstellungen zwischen der EU und dem IWF hinsichtlich der Haushaltsziele und der Gesamtverfassung des griechischen Finanzsystems“, schreibt Bloomberg.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...