Es gibt gewichtige Anzeichen dafür, dass ein weltweiter Durchbruch der Elektromobilität am Fehlen der dafür notwendigen Rohstoffe scheitern wird. Die Knappheit der für den Bau von Batterien notwendigen seltenen Mineralien und Metalle hat unlängst Volkswagen zu spüren bekommen. Der Konzern hatte kürzlich eine Investitionsoffensive im Elektrobereich angekündigt und Tesla zu seinem Hauptkonkurrenten erklärt.
Wie die Financial Times berichtet, konnte VW keinen Lieferanten für das seltene Industriemetall Kobalt, das für den Bau der Fahrzeugbatterien unabdingbar ist, finden. Volkswagen hatte für eine mindestens fünfjährige Geschäftsbeziehung einen Preis für Kobalt-Lieferungen angeboten, der unter dem derzeitigen Marktpreis liegt. Dieser hat sich Angaben der Financial Times zufolge allein im laufenden Jahr von etwa 15 Dollar pro Pfund auf über 30 Dollar pro Pfund verdoppelt. Keiner der Kobalt-Förderer ging auf das Angebot ein.
„Sie sind arrogant, weil sie aus der Autobranche kommen. Sie haben die Bedingungen der Ausschreibung und des Marktes komplett falsch eingeschätzt. Es gibt keinerlei Verhandlungsansatz für uns, nicht einmal eine Diskussion darüber“, wird ein namentlich nicht genannter Händler von der FT zitiert.
Die Schwierigkeiten Volkswagens, eine langfristige Lieferbeziehung zu Kobaltminen aufzubauen, zeigt an, dass die Seltenheit der für den Batteriebau notwendigen Rohstoffe eine deutliche Ausweitung der Elektromobilität – die praktisch alle großen Autobauer inzwischen anstreben – physisch wahrscheinlich gar nicht zulässt. „Eine andere Ursache für den Flop ist, dass der Markt die enormen Kobalt-Mengen, die VW und andere Autobauer zur Massenproduktion von Batterien brauchen, kaum noch hergibt. Schon heute verschlingen Smartphones und Tablets Unmengen des seltenen Metalls. Die Herstellung von Batterien für Elektroautos bringt die Anbieter an die Kapazitätsgrenze. Allein VW habe mit seiner Ausschreibung 80.000 bis 130.000 Tonnen Kobalt nachgefragt, sagte ein Händler der FT – fast eine gesamte Weltjahresproduktion. Die lag laut US-Geologiebehörde (USGS) 2016 bei 123.000 Tonnen“, berichtet n-tv.
Ähnlich wie bei Kobalt sieht es auch bei dem strategischen Leichtmetall Lithium aus. Lithium gilt als Rohstoff der Zukunft, es wird für Batterien von Elektroautos, Akkus von Mobiltelefonen und auch in der Medizintechnik verwendet. Zuletzt war der Weltmarktpreis für Lithium explodiert – auf bis zu 13.000 Dollar für die Tonne Lithiumkarbonat.
Verschiedenen Medienberichten zufolge handeln immer mehr Investmentfonds Future-Optionen, um von den prognostizierten Preissteigerungen zu profitieren, da die heutigen Verfahren zur Gewinnung und Veredelung von Lithium nicht auf einen unbegrenzten Nachfrageanstieg ausgelegt sind. Dies führt zu weiterem Aufwertungsdruck bei dem Rohstoff, den letztendlich die Kunden bezahlen müssen. „Auch die Schweizer Bank UBS sieht hohe Hürden für die Elektro-Revolution: Für eine Welt, in der ausschließlich Elektroautos fahren, würden laut den Berechnungen ihrer Analysten das 19-Fache der derzeitigen Kobalt-Fördermenge und das 29-Fache der heutigen Weltjahresproduktion von Lithium benötigt“, berichtet n-tv.
Auch Kupfer profitiert auch von der zunehmenden Elektromobilität, denn in jeder Batterie wird auch Kupfer mitverarbeitet. Jedes Elektroauto braucht 4-mal so viel Kupfer wie ein herkömmliches, konventionelles Auto, berichtet die dpa. In den kommenden Jahren rechnen Experten quasi mit einer 8 bis 10-fachen Nachfragesteigerung. Auch wenn es derzeit nicht danach aussieht, könnte Kupfer auch ein Vorbote von aufziehender Inflation sein. Die Experten der UBS erwarten, dass der Kupferpreis in 2017 weiter ansteigen wird. Für 2018 wird sogar mit einem Wert von über 3,25 US-Dollar pro Pfund gerechnet. Der aktuelle Spotpreis für Kupfer liegt bei 2,90 US-Dollar pro Pfund. Die UBS-Analysten glauben vor allem an eine hohe Kupfernachfrage aus China für 2017 aber auch für 2018. China ist für circa 45 Prozent der globalen Kupfernachfrage verantwortlich.
Für mehr Elektroautos muss laut einer Studie des Freiburger Öko-Instituts der Nachschub wichtiger Rohstoffe besser gesichert werden. Zwar gebe es weltweit genug Lithium, Kobalt, Graphit und Nickel für die Batterieproduktion. Die Vorkommen würden aber möglicherweise nicht rasch genug erschlossen, sodass das Angebot speziell an Lithium und Kobalt zeitweise knapp werden könnte und die Preise so steigen dürften. Notwendig sei daher mehr Recycling, etwa durch feste europaweite Quoten. Empfohlen wird auch, die Industrie auf Umwelt- und Sozialstandards in den Förderländern zu verpflichten, berichtet die dpa.
Ein weiteres ungelöstes Problem ist die Frage, woher der ganze zusätzliche Strom für Millionen von Elektroautos allein in Deutschland kommen soll. Durch alternative Energiequellen dürfte der zusätzliche Bedarf jedenfalls nicht befriedigt werden können.
Ein großes Problem – insbesondere bei Kobalt – ist außerdem, dass der Rohstoff häufig unter katastrophalen Bedingungen von Kindern und Arbeitssklaven abgebaut wird.
Jeden Tag vergewaltigen Bewaffnete im Ost-Kongo – einem der wichtigsten Abbaugebiete für Kobalt – Dutzende Frauen. Dorfbewohner werden versklavt oder getötet, Kinder werden von Milizen zu Mittätern gemacht. Doch trotz dieser Menschenrechtsverletzungen wandern weiter viele Mineralien aus dem Land in Zentralafrika in Laptops und Smartphones – und damit auch zu uns nach Deutschland. Benutzt werden sie etwa für den Vibrationsalarm und in Akkus. Ein in Masse produziertes Handy, das ohne diese Bodenschätze aus vielen Ländern auskommt, gibt es nicht. In einem Smartphone stecken jeweils wenige Gramm von Dutzenden Mineralien. Die Telefone sollen handlich klein sein und trotzdem möglichst viel leisten. Dafür brauchen die Hersteller Stoffe wie Kobalt und das weniger bekannte Coltan. Die Mineralien sind das Doping der Mobiltelefone.
Etwa die Hälfte der weltweiten Produktion der beiden Stoffe kommt aus Zentralafrika. Kobalt wird meist nach Asien exportiert, Coltan geht auch nach Deutschland, weil hier ein führender Verarbeitungsbetrieb sitzt. Aus dem Erz lässt sich das grau-glänzende, seltene Metall Tantal gewinnen.
Im Kongo verdienen nach einer Schätzung des geologischen Dienstes der USA – kurz USGS – bis zu zwei Millionen Menschen ihr Geld mit dem Abbau von Mineralien. Wegen der Konflikte gibt es im Ost-Kongo kaum industrielle Minen. Experten des belgischen Instituts Ipsi haben in der Region mehr als 2.000 kleine Minen wie jene in Zola-Zola gezählt. Etwa jede zweite wird demnach von einer Miliz oder von Soldaten kontrolliert. Die meisten Abbaustätten sind illegal, was bewaffneten Gruppen die Ausbeutung erleichtert. Arbeiter müssen dort bei vorgehaltener Kalaschnikow für gefundene Mineralien „Steuern“ zahlen. Auch sexuelle Gewalt wird im Ost-Kongo von Milizen als Kriegswaffe eingesetzt. Eine UN-Studie ging für das Jahr 2012 für Nord- und Süd-Kivu von 12.000 Vergewaltigungen aus.