Finanzen

Unternehmen treiben Aktienkurs mit Rückkäufen nach oben

Lesezeit: 2 min
22.10.2017 19:17
In den USA, aber auch in Deutschland, kaufen Unternehmen vermehrt eigene Aktien am Markt auf. Das Geld fehlt für Investitionen in die Zukunft.
Unternehmen treiben Aktienkurs mit Rückkäufen nach oben

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Nullzinspolitik der vergangenen Jahre hat erst den Nährboden dafür geschaffen: Große US-Unternehmen wie Microsoft oder Pfizer kaufen für viele Milliarden Dollar eigene Aktien zurück. Damit haben sie den Kurs ihrer Wertpapiere deutlich steigern können. Finanzexperten betrachten die Praxis mit Skepsis, manche bezeichnen Aktienrückkäufe als zweischneidiges Schwert.

Was die Konzerne damit erreichen wollen: Auf diese Weise sollen in erster Linie die Aktienkurse nach oben getrieben werden, da die Anteilscheine durch den Rückkauf aus dem freien Börsenhandel verschwinden. Das Angebot verringert sich, die Nachfrage steigt und der Kurs klettert. Anders ausgedrückt: Der Gewinn pro Aktie steigt allein dadurch ganz automatisch, dass am Markt weniger Papiere vorhanden sind.

Das bereitet Aktionären und Vorständen natürlich viel Vergnügen. Allerdings haben die Aktien-Rückkäufe in den USA in den zurückliegenden Jahren ein Ausmaß erreicht, dass Anlass bietet, sich berechtigte Sorgen zu machen. Denn viele Gesellschaften in den USA haben im Zuge ihrer Aktienrückkaufprogramme nicht nur die einst üppig sprudelnden Gewinne, sondern auch für schlechtere Zeiten benötigte Bargeldreserven eingesetzt. Und das könnte sich irgendwann rächen.

Ganz grob gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, den Gewinn eines Unternehmens zu verwenden. Erstens für Investitionen, die den Fortbestand der Gesellschaft sichern und ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen. Zweitens für die Zahlung von Dividenden und drittens für Aktien-Rückkäufe, wobei die letzten beiden Möglichkeiten unmittelbar der Kurspflege dienen. Über die Verwendung der Gewinne entscheidet die jährlich stattfindende Hauptversammlung der jeweiligen Aktiengesellschaft.

Finanzexperten gehen davon aus, dass zahlreiche US-Unternehmen dem Druck beteiligter Hedgefonds nachgekommen sind und immer mehr Kapital in Aktien-Rückkäufe gesteckt haben. Teilweise geschah dies sogar auf Pump, da die Konzerne in der Niedrigzinsphase nahezu endlos billiges Geld aufnehmen konnten. Beispiel Apple: Der Technologie-Gigant mit einer aktuellen Markkapitalisierung von 827 Milliarden US-Dollar hat zwischen 2010 und 2015 Aktienrückkäufe in Höhe von knapp 105 Milliarden US-Dollar getätigt. Zum Vergleich: Seit seiner Gründung hat Apple gerade einmal 32 Milliarden US-Dollar in Entwicklung und Forschung investiert.

Bei den Aktienrückkäufen ist Apple beileibe nicht das einzige US-Unternehmen, das Anteilsscheine in großem Stil zurückgekauft hat. Auch Microsoft, Qualcomm, Oracle, Pfizer und Boeing haben ihre Kurse in ähnlicher Weise gepusht. Was kurz- bzwiehungsweise mittelfristig positive Effekte hat, könnte sich auf lange Sicht als schädlich erweisen. Denn fehlende Investitionen in die Zukunft des eigenen Unternehmens machen sich eben erst dann bemerkbar, wenn es zu spät ist und wenn neue innovative Gesellschaften den etablierten den Rang ablaufen.

Nachdem die US-amerikanische Notenbank Fed die Leitzinsen nach vielen Jahren angehoben und damit einen neuen Zyklus eingeleitet hat, ist das gesamte Volumen der Aktienrückkäufe in den Vereinigten Staaten wieder zurückgegangen. Ganz anders in Deutschland: Nach einer Studie des „Flossbach von Storch Research Institute“ liegt das derzeitige Volumen der Aktienrückkäufe pro Jahr durch deutsche Gesellschaften so hoch wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2017 beläuft sich das Volumen von Aktienrückkäufen mit 4,2 Milliarden Euro bereits jetzt schon höher als in den letzten neun Jahren zusammen.

Für die Zurückhaltung in Puncto Aktienrückkauf gibt es eine Erklärung: In Deutschland haben die Unternehmen im Zuge der Finanzkrise mit derartigen Maßnahmen schlechte Erfahrungen gemacht.  Gesellschaften, die 2008 eigene Aktien zu Höchstpreisen gekauft hatten, mussten anschließend fallende Kurse verkraften. Die Aktienrückkäufe aus den zurückliegenden Monaten des Jahres 2017 verteilen sich auf sechs Gesellschaften: Dies sind adidas, Allianz, GEA, Munich Re, Siemens und Osram. Darüber hinaus hat der Softwarekonzern SAP ebenfalls einen Aktienrückkauf für das Ende des Jahres angekündigt.

Ob und wie erfolgreich sich die aktuellen Aktienrückkäufe herausstellen werden, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Denn ob eine solche Kapitalmaßnahme als „gut“ oder „schlecht“ beurteilt wird, hängt davon ab, wie sich der Kurs des jeweiligen Wertpapiers in den folgenden beiden Jahren entwickelt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Politik
Politik Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
24.04.2024

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...