Finanzen

S&P stuft Anleihen Venezuelas als Ausfall ein

Die Ratingagentur S&P hat zwei Anleihen Venezuelas als Ausfall eingestuft. Eine Staatspleite ist das noch nicht.
14.11.2017 17:03
Lesezeit: 2 min

Die US-Ratingagentur Standard & Poor's hat zwei Anleihen Venezuelas als  Zahlungsausfall eingestuft. Das US-Unternehmen erklärte am Montag, es habe diese Entscheidung getroffen, nachdem eine Gnadenfrist zur Rückzahlung mehrerer Gläubiger-Forderungen in Millionenhöhe abgelaufen war. Derzeit beliefen sich die nicht gezahlten Obligationen auf 420 Millionen Dollar (360 Millionen Euro), betonte S&P.

Die Einschätzung von S&P ist keine Feststellung einer Zahlungsunfähigkeit des ganzen Landes. Eine solche müsste von der International Swaps and Derivatives Association festgestellt werden.

Venezuela habe Kuponzahlungen für zwei Anleihen, lautend auf US-Dollar, nicht innerhalb des ausschlaggebenden 30-Tage-Zeitraums gezahlt, teilte S&P mit. Deswegen werde die Bewertung der beiden Anleihen auf „D“ für Zahlungsausfall gesenkt.

Zudem werde die Bewertung für langlaufende Anleihen in Fremdwährung auf „SD“ für „Selected Default“ (begrenzter Zahlungsausfall) verringert. Die Note für Anleihen in heimischer Währung stehe weiterhin unter verschärfter Beobachtung (Creditwatch). S&P geht zu 50 Prozent davon aus, dass Venezuela in den kommenden drei Monaten einen weiteren Zahlungsausfall verzeichne.

Standard & Poor's äußerte sich nach einer Konferenz mit internationalen Gläubigern des Landes in Venezuela, bei der am Montag über eine Umschuldung beraten werden sollte. Das Treffen in Caracas endete aber nach nur 25 Minuten ohne eine Einigung oder einen neuen Termin. Ein in New York tagender Gläubigerausschuss vertagte sich auf Dienstag.

Teilnehmer äußerten sich nach dem Treffen irritiert, berichtet Reuters. Es sei nicht zu erkennen, wie das Land einen Zahlungsausfall vermeiden wolle. „Es ist nichts Substanzielles geschehen“, sagte Anlagestratege Raymond Zucaro vom Vermögensverwalter RVX Asset Management aus Miami. „Der Patient wird immer noch künstlich am Leben gehalten.“

Als große Hürde für die angestrebte Umschuldung gelten die von den USA verhängten Sanktionen gegen Venezuela. Sie laufen darauf hinaus, dass das Land keine neuen Anleihen begeben kann. Außerdem gibt es Strafmaßnahmen gegen die beiden venezolanischen Chefverhandler bei den Schuldengesprächen, Vizepräsident Tareck El Aissami und Wirtschaftsminister Simon Zerpa. Ihnen werden von den USA Drogen- und Korruptionsvergehen vorgeworfen.

Chefanalyst Jan Dehn von der Fondsgesellschaft Ashmore Investment Management äußerte die Einschätzung, dass Maduro einen Zahlungsausfall in Kauf nehmen und diesen dann US-Präsident Donald Trump und der heimischen Opposition in die Schuhe schieben werde. „Er lädt alle Anleihegläubiger ein, und dann wird klar, dass sie nicht in der Lage sein werden, eine Umschuldung auszuarbeiten“, sagte er.

Maduro selbst bekräftigte nach dem Treffen die Absicht, alle Verbindlichkeiten verlässlich zu erfüllen. In den vergangenen drei Jahren habe die Regierung mehr als 73 Milliarden Dollar an Auslandsschulden beglichen. Den Ratingagenturen warf Maduro vor, das Land zu hart zu behandeln und sich damit zu Erfüllungsgehilfen von Trumps Politik zu machen.

Venezuela ist insgesamt mit geschätzten 155 Milliarden Dollar bei ausländischen Gläubigern verschuldet, obwohl es über die größten Erdölreserven der Welt verfügt. Die Devisenreserven sind auf weniger als zehn Milliarden Dollar zusammengeschmolzen. Mit Russland konnte das Land vor Kurzem eine Umstrukturierung der ausstehenden Schulden erreichen.

Im Gegensatz zu Russland haben die USA und auch die EU in den vergangenen Monaten Sanktionen gegen die linksnationale Regierung von Präsident Nicolas Maduro erlassen. Die russische Regierung hat die strategische Möglichkeit erkannt und verstärkt ebenso wie China seine Zusammenarbeit mit dem Land.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Google wirft die klassische Suche über Bord – das Ende der blauen Links
03.06.2025

Google krempelt seine Suche radikal um – KI ersetzt Linklisten, Gespräche ersetzen Klicks. Ist das der Anfang vom Ende des freien...

DWN
Politik
Politik Politische Zerreißprobe in Polen: Tusk stellt Vertrauensfrage nach Wahlschlappe
03.06.2025

Nach der Niederlage seines politischen Verbündeten Rafal Trzaskowski bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen steht...

DWN
Politik
Politik Ultimatum statt Diplomatie: Moskaus Bedingungen für einen Friedensvertrag
03.06.2025

Russland hat nach tagelangen Forderungen nun sein Memorandum für eine Beendigung des Krieges in der Ukraine veröffentlicht. Im Grunde...

DWN
Technologie
Technologie Toyota hebt ab – Autobauer setzt auf Flugtaxi-Revolution in den USA
03.06.2025

Mitten in der Krise der deutschen Flugtaxi-Pioniere investiert Toyota hunderte Millionen in ein US-Start-up – und setzt auf eine Zukunft...

DWN
Politik
Politik Iran kurz vor der Atombombe – und der Westen schaut zu
03.06.2025

Trotz internationaler Warnungen treibt der Iran sein Atomprogramm unbeirrt voran – mit Uranmengen, die für den Bau mehrerer Bomben...

DWN
Politik
Politik Rechtsruck in Polen – schlechte Aussichten für Berlin?
02.06.2025

Polen hat einen neuen Präsidenten – und der Wahlausgang sorgt europaweit für Nervosität. Welche Folgen hat der Rechtsruck für Tusk,...

DWN
Politik
Politik Trump zieht Investoren ab – Europa droht der Ausverkauf
02.06.2025

Donald Trump lockt mit Milliarden und Zöllen Investoren zurück in die USA – Europa verliert an Boden. Bricht der alte Kontinent im...

DWN
Politik
Politik Plan von Klingbeil: Steuerentlastungen für Unternehmen – das sind die Details
02.06.2025

Die schwarz-rote Koalition will zeigen, dass sie Probleme angeht – auch die schwächelnde Wirtschaft. Finanzminister Lars Klingbeil will...